Berufliche Vorsorge: Finanzielle Lage per Ende September 2020

Bern, 13.10.2020 - Deckungsgrade der Vorsorgeeinrichtungen praktisch wieder auf Vorjahresniveau / Mittelfristige finanzielle Stabilität bleibt herausfordernd – Die auf den Anlagestrategien der Vorsorgeeinrichtungen und der Entwicklung der Anlagemärkte basierende Hochrechnung der OAK BV zeigt, dass sich die Deckungsgrade der Vorsorgeeinrichtungen per Ende September fast wieder auf dem Niveau von Ende 2019 befinden. Die durch die Corona-Pandemie ausgelösten starken Marktkorrekturen hatten die Deckungsgrade per Ende März 2020 im Durchschnitt auf 102.0% (gegenüber 111.6% per Ende 2019) sinken lassen. Per Ende September 2020 liegen die Deckungsgrade im Durchschnitt nun wieder bei 110.2%. Kapitalgewichtet befinden sich damit aktuell 7.5% der Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckung, d.h. dass aktuell 7.5% der Rentenverpflichtungen nicht vollständig gedeckt sind.

Aufgrund der herrschenden Corona-Pandemie betreibt die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) ein enges Monitoring zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen. Basierend auf der für die ganze Schweiz einheitlichen und risikoorientierten jährlichen Erhebung zur finanziellen Lage und Risikosituation der Vorsorgeeinrichtungen werden monatliche Hochrechnungen erstellt, die auf den individuellen Anlagestrategien der Vorsorgeeinrichtungen sowie der effektiven Entwicklung der Anlagemärkte fussen. Insgesamt fliessen die Daten von 1'342 Vorsorgeeinrichtungen mit einer Bilanzsumme von 762 Milliarden Franken in die Hochrechnungen ein.


Durchschnittliche Deckungsgrade praktisch wieder auf Vorjahresniveau

Die per Ende September 2020 hochgerechneten Zahlen zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie und ohne Vollversicherungen zeigen gegenüber der Situation per Ende Juni ein weiter verbessertes Bild. Die durchschnittlichen kapitalgewichteten Deckungsgrade liegen neu bei 110.2% und damit praktisch wieder auf dem Vorjahresniveau von Ende Dezember 2019 (111.6%). Damit konnten die durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen Marktverluste der Monate Februar und März fast vollständig wieder ausgeglichen werden.

Verantwortlich für diese positive Entwicklung seit April sind die starken Erholungseffekte in den Anlagekategorien Aktien (Performance per Ende März -18% und per Ende September -1.6%) und Immobilien (per Ende März -5.4% und per Ende September -0.9%). Als Hauptstütze erwiesen hat sich aufgrund der nochmals leicht gesunkenen Marktzinsen die Anlagekategorie Obligationen, deren Marktentwicklung – trotz grossen Unsicherheiten zu Beginn der Pandemie – nur geringen Schwankungen unterlag (-1.2% per Ende März und +1.6% per Ende September).

Der Anteil der Vorsorgeeinrichtungen in Unterdeckungen beträgt per Ende September kapitalgewichtet 7.5%, d.h. 7.5% der Rentenverpflichtungen sind aktuell nicht mehr zu 100% gedeckt. Gegenüber Ende März (45.7%) hat sich die Situation damit stark verbessert, der Wert liegt aber weiterhin über dem entsprechenden Anteil von 1.1% per Ende 2019.


Mittelfristige finanzielle Stabilität bleibt herausfordernd

Trotz verbesserter Marktsituation in den Monaten April bis September bleibt die Aufrechterhaltung der finanziellen Stabilität mittelfristig für viele Vorsorgeeinrichtungen herausfordernd. Aufgrund des unverändert tiefen Zinsniveaus führt die Finanzierung des unrealistisch hohen BVG-Mindestumwandlungssatzes zwangsläufig zu ungewollter Umverteilung. Der gesetzgeberische Handlungsbedarf bleibt hoch. Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie eindrücklich vor Augen geführt, wie rasch und wie massiv sich Marktverwerfungen, zumindest kurzfristig, auf die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen auswirken können.


Ausblick

Wird sich die volkswirtschaftliche Entwicklung weltweit im Jahr 2021 wie erwartet wieder ins Positive wenden, werden die meisten Vorsorgeeinrichtungen aufgrund der guten Deckungssituation vor der Krise mittelfristig in der Lage sein, die negativen Auswirkungen auf ihre finanzielle Stabilität zu tragen oder die negativen Folgen zumindest zu mildern.

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV)
Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV ist eine unabhängige Behördenkommission. Sie wird vollständig über Abgaben und Gebühren finanziert. Für die Direktaufsicht der Vorsorgeeinrichtungen sind die insgesamt acht kantonalen / regionalen Aufsichtsbehörden am Sitz der jeweiligen Einrichtung zuständig. Deren Oberaufsicht durch die OAK BV erfolgt unabhängig von Weisungen des Parlamentes und des Bundesrates. Direkt von der OAK BV beaufsichtigt werden hingegen die Anlagestiftungen sowie der Sicherheitsfonds und die Auffangeinrichtung. Zudem ist die OAK BV Zulassungsbehörde für die Experten für berufliche Vorsorge.
Mit Blick auf das Ziel, die finanziellen Interessen der Versicherten verantwortungsbewusst und zukunftsgerichtet zu schützen, operiert die OAK BV auf der Basis einer einheitlichen und risikoorientierten Aufsicht. Mit ihren in einen volkswirtschaftlichen und langfristig ausgerichteten Kontext eingebetteten Massnahmen und Entscheiden will die Behörde zu einer konsequenten Verbesserung der Systemsicherheit sowie zu Rechtssicherheit und Qualitätssicherung beitragen.
Für den Schutz der Vorsorgegelder der Versicherten ist im Gesetz die risikoorientierte Führung der Vorsorgeeinrichtungen verankert. Entsprechend ist die Aufsichtstätigkeit auszurichten. Das Gesetz stellt hier der OAK BV das Instrument der Weisung zur Verfügung. So kann die OAK BV Weisungen für die Tätigkeit der Experten für berufliche Vorsorge, der Revisionsstellen sowie für die Aufsichtsbehörden erlassen. 

 


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Direktor Sekretariat OAK BV
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