Terrorbekämpfung: Anklage gegen zwei Personen eingereicht

Bern, 06.07.2020 - Die Bundesanwaltschaft (BA) hat gegen einen schweizerisch-tunesischen Doppelbürger und einen Schweizer Staatsbürger mit Wohnsitz in der Westschweiz Anklage beim Bundesstrafgericht erhoben. Den Beschuldigten wird die versuchte Ausreise in das Territorium der terroristischen Organisation «Islamischer Staat (IS)» in der syrisch-irakischen Konfliktzone vorgeworfen, um sich dem IS anzuschliessen. Dem schweizerisch-tunesischen Doppelbürger wird des Weiteren die Rekrutierung von zwei Mitgliedern für den IS zur Last gelegt, darunter der ebenfalls angeklagte Schweizer Staatsbürger.

Die Beschuldigten sind wegen des Verstosses gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen „Al-Qaïda“ und „Islamischer Staat“ sowie verwandter Organisationen (SR 122) angeklagt. Das betreffende Strafverfahren hat die BA im Februar 2016 eröffnet. Beide Beschuldigten wurden 2016 am Flughafen Zürich bei der Wiedereinreise von der Türkei in die Schweiz festgenommen und in Untersuchungshaft gesetzt; der Schweizer Staatsbürger im Juni 2016 und der schweizerisch-tunesische Doppelbürger im August 2016. Später wurden beide unter der Auflage von Ersatzmassnahmen (Art. 237 StPO) aus der Untersuchungshaft entlassen. 

Versuchte Ausreise in die syrisch-irakische Konfliktzone, um sich dem IS anzuschliessen
Gemäss Anklage sind der schweizerisch-tunesische Doppelbürger im Oktober 2015 und der Schweizer Staatsbürger im Dezember 2015 von der Schweiz in die Türkei ausgereist mit dem Ziel, sich von dort aus nach Syrien zu begeben und sich dem IS in der syrisch-irakischen Konfliktzone anzuschliessen. 

Vor ihrer Abreise hatten sich die Beschuldigten mit der Ideologie des IS identifiziert und standen in Kontakt mit weiteren, im Sinne des IS radikalisierten Personen. Beide Beschuldigten absolvierten in der Schweiz und Frankreich in einer Gruppe von mehreren Personen körperliche Trainings mit dem Ziel, sich physisch auf den Beitritt zum IS in der syrisch-irakischen Konfliktzone vorzubereiten.

In der Türkei profitierten die Beschuldigten vom Netzwerk des IS in Form von logistischer Unterstützung und Beratung. Unter anderem konnten sie ein safe house des IS für ihren Aufenthalt in der Türkei nutzen und erhielten den Kontakt zu einem Schleuser und falsche Papiere. Zudem erhielt der schweizerisch-tunesische Staatsbürger von IS-Intermediären die Erlaubnis für beide Beschuldigten, sich in das Territorium des IS zu begeben. Beiden Beschuldigten wird zudem vorgeworfen, den IS während ihres Aufenthalts in der Türkei finanziell unterstützt zu haben.

Die Beschuldigten wurden schlussendlich von den türkischen Behörden an der Weiterreise nach Syrien gehindert und später in die Schweiz ausgewiesen, wo sie bei der Wiedereinreise festgenommen und in Untersuchungshaft gesetzt worden sind.

Rekrutierung von zwei Personen für den IS durch den schweizerisch-tunesischen Doppelbürger
Dem schweizerisch-tunesischen Doppelbürger wird zudem zur Last gelegt, den ebenfalls angeklagten Schweizer Staatsbürger im Sinne der Ideologie des IS indoktriniert und diesen in Bezug auf dessen Integration in den IS logistisch unterstützt zu haben. Gemäss Anklage hat er ihn einer Gruppe von im Sinne des IS radikalisierten Individuen vorgestellt und ihn in diese Gruppe integriert. Des Weiteren hat er ihn die Gruppe integriert, welche körperliche Trainings durchführte, um sich physisch auf den Beitritt zum IS vorzubereiten. Auch bezüglich seiner Reise von der Schweiz in die Türkei hat er ihn unterstützt, indem er ihm Ratschläge erteilte und ihm in der Türkei einer Person vorstellte, welche Rekruten des IS bis zu dem Zeitpunkt beherbergte, ab welchem sie die Grenze nach Syrien ins Territorium des IS überschreiten konnten.

Dem schweizerisch-tunesischen Doppelbürger wird die Indoktrinierung einer zweiten Person im Sinne der Ideologie des IS und die logistische Unterstützung in Bezug auf deren Integration in den IS zur Last gelegt. Dabei handelt es sich um einen tunesisch-französischen Doppelbürger, gegen den die BA ebenfalls ein Strafverfahren führt. Unter anderem hat ihn der schweizerisch-tunesische Doppelbürger gemäss Anklage mit einem in Belgien verurteilten IS-Mitglied bekannt gemacht, welches dem tunesisch-französischen Doppelbürger falsche Identitätsdokumente beschaffte, um zum IS gelangen zu können. Das betreffende Strafverfahren der BA gegen den tunesisch-französischen Staatsbürger ist derzeit sistiert. Der Beschuldigte wurde Ende 2017 durch fedpol in Rücksprache mit der BA nach Frankreich ausgewiesen. Allfällige Fragen zur Ausweisung sind zuständigkeitshalber an das fedpol zu richten.

Die vorliegende Anklageerhebung dokumentiert die konsequente Strafverfolgung aller Personen in der Schweiz, die sich am dschihadistisch motivierten Terrorismus zu beteiligen versuchen oder diesen mit Propagandamitteln unterstützen. Zurzeit sind bei der BA im Bereich des dschihadistisch motivierten Terrorismus rund 70 Strafverfahren hängig. Diese werden hauptsächlich geführt wegen mutmasslicher Propaganda oder Rekrutierung für Terrororganisationen, Finanzierung derselben sowie gegen dschihadistisch motivierte Reisende, darunter sogenannte Rückkehrer.

Die Strafanträge gibt die BA wie üblich anlässlich der Hauptverhandlung vor dem Bundesstrafgericht bekannt. Mit Einreichung der Anklageschrift geht die Verfahrens- und die Kommunikationshoheit an das Bundesstrafgericht über. Bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils gilt die Unschuldsvermutung.


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