Lancierung des neuen Berufsbildes « Cyber Security Specialists mit eidg. Fachausweis » - Ansprache der Chefin VBS

Bern, 11.11.2019 - Ansprache von Bundesrätin Viola Amherd, Chefin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) anlässlich der Lancierung des neuen Berufsbildes « Cyber Security Specialists mit eidg. Fachausweis » in Bern, Montag, 11. November.

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Gäste aus Politik, Verwaltung und Armee,
Sehr geehrter Herr Präsident von ICT-Berufsbildung Schweiz,
Liebe Anwesende

Ich freue mich, heute hier bei Ihnen zu sein und über eine der grossen Fragen unserer Zeit zu sprechen:

Wie stellen wir sicher, dass wir das richtige Personal haben, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern?

Am letzten Donnerstag war ich an der ETH Zürich, wo wir das dort angesiedelte Labor des Cyberdefence-Campus von armasuisse eröffnet haben.

Heute machen wir einen weiteren wichtigen Schritt, um unser Land für die Herausforderungen im Cyberbereich fit zu machen.

Ich freue mich, dass die Dinge hier in Bewegung sind und es vorwärts geht, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten.

Jede Zeit hat ihre Themen und Begriffe, die sie prägen.

So ist es auch in unserer Zeit: Cyber, Vernetzung und Digitalisierung sind in aller Munde, omnipräsent und prägen die Epoche, in der wir leben.

Wir, unsere Gesellschaft, die ganze Welt sind von einem rasanten technologischen Wandel und Fortschritt erfasst worden.

Die Entwicklung der letzten 10, 20 Jahre ist atemberaubend. Und sie wird weitergehen.

Wir sind aber nicht nur technologisch fortschrittlicher geworden, sondern auch verletzlicher. Nicht nur Schnelligkeit und Effizienz haben zugenommen, auch die Abhängigkeiten.

Die technologischen Fortschritte können eben nicht zur zum Guten verwendet werden, sondern auch zum Schlechten.

Wir sind angewiesen auf funktionierende, zuverlässige IT-Infrastrukturen und Daten – als Staat, als Gesellschaft und als Individuen.

IT-Infrastrukturen und Daten sind die Lebensnerven unserer Gesellschaft.

Werden sie angegriffen, beeinträchtigt oder fallen aus, wird es umgehend ziemlich ungemütlich.

Es kann rasch gravierende Folgen haben, wenn kritische Infrastrukturen betroffen sind, zum Beispiel die Energieversorgung oder verletzliche Verkehrssysteme.

Wenn Sie die heutige Weltlage anschauen, wird klar, dass es schon bessere Phasen gab, ruhigere und stabilere Zeiten.

Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Die Lage ist unübersichtlicher und unberechenbarer geworden. Die Bedrohungen und Gefahren haben zugenommen.

Wir erleben eine Rückkehr staatlicher Machtpolitik, nationale Interessen werden wieder ruchloser verfolgt und durchgesetzt.

Die Verschlechterung der Sicherheitslage hat aber eben nicht nur die physische, sondern auch die virtuelle Welt erfasst.

Mit dem Cyberspace ist eine neue Dimension, ein neues Mittel, ein Betätigungsfeld hinzugekommen, das Bedrohungen und Gefahren weiter verschärft.

Missbrauch und Angriffe im Cyberspace können mit verschiedenen Absichten erfolgen: Spionage oder Sabotage, mit kriminellen Absichten, oder auch als Teil von militärischen Operationen oder "hybriden" Konflikten.

Auch für Propaganda und Desinformation kann der Cyberspace missbraucht werden.

Für eine wirksame, auf die aktuellen Bedrohungen ausgerichtete Sicherheitspolitik sind deshalb Schutz und Sicherheit im Cyberspace zentrale Aspekte und Ziele geworden, oder eben: eine sicherheitspolitische Priorität.

Das VBS ist in vielen Bereichen für die Sicherheit und den Schutz der Schweiz und ihrer Bevölkerung zuständig. Früher war es der physische, heute zunehmend auch der digitale Schutz.
Als für die Sicherheit zuständiges Departement müssen wir uns deshalb mit den Kehrseiten der technologischen Entwicklungen befassen, den Risiken und Bedrohungen.

Als ich das VBS übernommen habe, war für mich von Anfang an klar: Eine moderne Sicherheitspolitik muss den virtuellen Raum miteinschliessen, muss vorausschauend und vorausdenkend handeln.

Das Thema Cyber muss eine Priorität sein.

Der heutige Tag ist ganz in diesem Sinne:

Die Lancierung des neuen Berufsbildes "Cyber Security Specialist mit eidg. Fachausweis" ist ein weiterer Beleg, wie wichtig das Thema ist und zeigt, dass es eben konkrete Massnahmen und gut ausgebildete Menschen braucht, um hier weiterzukommen und uns für die Zukunft zu wappnen.

Für das VBS gehört die Zusammenarbeit mit Bildungsinstitutionen zum Alltag.
Heute kommt nun eine neue Perle dieser Zusammenarbeit hinzu: der Cyber-Lehrgang und der dazugehörende eidgenössische Fachausweis als "Cyber Security Specialist".

Dies ist ein weiterer konkreter Schritt zum Aufbau der nötigen Cyber-Kompetenzen. Und es ist eine weitere Erfolgsgeschichte:

Vom Zeitpunkt des Entscheids bis zum Start des ersten Cyber-Lehrgangs brauchte die Armee nicht einmal 9 Monate.

Heute sind wir bereits beim dritten Start.

Wir wollen für diese Cyber-Ausbildung die besten Fachkräfte gewinnen.

Auf Initiative der Armee und unter Leitung von ICT-Berufsbildung Schweiz wurde deshalb die neue Berufsprüfung zum "Cyber Security Specialist" geschaffen.

Auch dieses Projekt verlief dank der hervorragenden Zusammenarbeit aller Partner reibungslos und rasch.

ICT-Berufsbildung Schweiz, das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation sowie viele Vertreter aus der Wirtschaft unterstützten das Projekt aktiv und ermöglichten so diese Erfolgsgeschichte.

Dank Ihnen allen sind wir heute da und feiern dieses neue, für uns wichtige Berufsbild.

Chapeau meine Damen und Herren, und danke für Ihren Einsatz und Ihr Engagement!

Erlauben Sie mir nun noch ein paar Bemerkungen zum neuen Cyber-Lehrgang:

Es scheint mir wichtig, nicht von einer "Cyber-Rekrutenschule" zu sprechen.

Es handelt sich um einen fortgeschrittenen Lehrgang von 41 Wochen, mit einer Kaderausbildung und einem Praktikum. Das ist keine Rekrutenschule.

Die Qualität des Lehrgangs ist so hoch, dass gewisse Fachhochschulen und sogar die ETH Lausanne von einer möglichen Äquivalenz von ca. 20 Kreditpunkten sprechen.

Das ist ein starkes Signal und ein Anreiz für die Absolventinnen und Absolventen, die später studieren wollen.

Es gibt Länder in Europa, die bereits Interesse an unserem Lehrgangs-Modell bekundet haben.

Mir wurde gesagt, dass vor kurzem ein Absolvent des Lehrgangs an einem Kurs am internationalen Cyber-Kompetenzzentrum in Tallinn teilnahm, wo er an der Endprüfung das beste Resultat erhielt.

Ich denke, das sagt einiges über die Qualität des Lehrgangs.

Für mich steht ausser Frage, dass dieses Programm ausgezeichnet und ein Erfolg ist.

Nur feiern und uns zurücklehnen, wäre aber nicht richtig. Denn die Fakten sprechen eine klare Sprache:

Gemäss ICT-Berufsbildung Schweiz werden bis zum Jahr 2026 40'000 IT-Spezialisten fehlen.

Spitzenleute zu finden, ist zurzeit für das VBS noch kein akutes Problem.

Wir sind in der Lage, gute Arbeitsbedingungen und interessante Aufgaben anzubieten.

Aber das VBS steht selber auch vor der grossen Herausforderung der gesellschaftlichen Alterspyramide. Es wird künftig dringend jüngeres, gut qualifiziertes Personal brauchen.

Der Cyberlehrgang ist diesbezüglich ein wichtiger Meilenstein. Er kann zur Problemlösung beitragen. Das Problem alleine lösen kann er aber in Anbetracht der Anzahl Absolventen nicht.

Es bleibt mit Sicherheit noch viel zu tun.

Letzte Woche feierten wir die Eröffnung des Labors des Cyberdefence-Campus an der ETH Zürich, heute die Einführung des eidg. Fachausweises für Cybersecurity-Spezialisten.

Es geht vorwärts. Es wird nicht nur geredet, sondern auch gehandelt. Das freut mich.

Basis der Arbeiten im VBS war und ist aktuell noch der Aktionsplan Cyberdefence.

Dies war ein erster Schritt und ein wichtiger Bestandteil des nationalen Dispositivs für eine verstärkte Cyber-Sicherheit.

In Anbetracht der raschen und auch besorgniserregenden Entwicklungen in diesem Bereich wird es aber weitere und weitergehende Massnahmen brauchen.

Das VBS nimmt deshalb jetzt Arbeiten auf, um eine neue Cyber-Strategie zu entwickeln. Diese soll bis im Herbst 2020 vorliegen.

Die Anforderungen und meine Erwartungen an diese Arbeiten sind gross.

Ein Kernpunkt werden sicher die Personalressourcen sein: die richtigen Personen in der richtigen Zahl für diese anspruchsvollen Aufgaben.

Ich hoffe und bin überzeugt, dass uns hier das Milizsystem, und eben auch der neue Cyber-Lehrgang, helfen werden, die richtigen Personen in der richtigen Anzahl zu finden.

Ein besonderes Anliegen ist es mir, mehr Frauen für die Armee insgesamt, aber auch für den Cyberbereich zu gewinnen.

Die Digitalisierung beschleunigt und ändert unsere Gesellschaft sowie unsere Wirtschaft rasant und tiefgreifend, und wirft laufend neue und komplexe Fragen auf.

Das gilt nicht nur für den Sicherheitsbereich, aber für diesen garantiert auch.

Was wir hier heute feiern und wofür hier gearbeitet wird, ist deshalb wichtig.

Es ist wichtig für uns alle. Es ist wichtig für die Sicherheit der Schweiz.

Allen, die hier beteiligt waren und sind, die sich hier einsetzen, danke ich noch einmal herzlich.

Ich bin überzeugt, dass Sie alle mit Ihrem Engagement hier eine Vorreiterrolle gespielt und Pionierarbeit geleistet haben.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen und uns allen eine erfolgreiche Zusammenarbeit – für eine sichere, zuverlässige Schweiz, in der physischen wie in der virtuellen Welt.


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