Gezielte Massnahmen gegen Probleme mit Gesichtsverhüllungen

Bern, 15.03.2019 - Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative "Ja zum Verhüllungsverbot" ab, weil die Kantone wie bisher selber über ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum entscheiden sollen. Er stellt der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Diese Regelung auf Gesetzesstufe ist eine gezielte Antwort auf die Probleme, die Gesichtsverhüllungen mit sich bringen können. So muss jemand sein Gesicht zeigen, wenn es für die Identifikation notwendig ist. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. März 2019 die Vernehmlassungsergebnisse zum Gegenvorschlag zur Kenntnis genommen und die entsprechende Botschaft verabschiedet.

Die Volksinitiative "Ja zum Verhüllungsverbot" ist am 15. September 2017 mit 105 553 gültigen Unterschriften eingereicht worden. Sie verlangt, dass überall in der Schweiz - im ganzen öffentlichen Raum und an allen Orten, die öffentlich zugänglich sind - niemand mehr sein Gesicht verhüllen darf. Ausnahmen sind ausschliesslich aus Gründen der Sicherheit, der Gesundheit, des Klimas und des einheimischen Brauchtums möglich und sollen auf Gesetzesstufe konkretisiert werden.

Der Bundesrat lehnt diese Einheitslösung, die für sämtliche Kantone gelten würde, ab. In der Schweiz ist es traditionell Sache der Kantone, den öffentlichen Raum zu regeln. Sie sollen auch künftig selber entscheiden, ob sie ein Verhüllungsverbot möchten. Zahlreiche Kantone kennen bereits heute ein Vermummungsverbot an Demonstrationen. Die Kantone Tessin und St. Gallen haben unlängst auch ein generelles Verhüllungsverbot eingeführt, andere Kantone (z.B. Zürich, Solothurn) wiederum haben sich dagegen ausgesprochen. Bei einem Ja zur Initiative wären solche differenzierte kantonale Lösungen nicht mehr möglich. Insbesondere könnten die einzelnen Kantone auch nicht mehr selber regeln, wie sie mit verhüllten Touristinnen aus arabischen Ländern umgehen wollen.

Gezielte Antwort auf Probleme

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass Gesichtsverhüllungen wie etwa Burka oder Nikab vereinzelt zu Problemen führen können. Um gezielt auf diese Probleme reagieren zu können, hat er bereits am 20. Dezember 2017 in einem Grundsatzentscheid beschlossen, einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe zu erarbeiten. Am 27. Juni 2018 hatte er diesen in die Vernehmlassung geschickt, wo dessen Stossrichtung von Kantonen und Parteien mehrheitlich begrüsst wurde.

Die vorgeschlagene Regelung auf Gesetzesstufe verlangt, dass Personen ihr Gesicht zeigen, wenn dies zu Identifizierungszwecken notwendig ist, beispielsweise in den Bereichen Migration, Zoll, Sozialversicherungen und Personenbeförderung. Wer einer wiederholten Aufforderung zur Enthüllung des Gesichts keine Folge leistet, wird mit Busse bestraft. Damit legt das neue Bundesgesetz klare Verhaltensregeln fest. Dadurch sollen Spannungen vermieden sowie sichergestellt werden, dass die Behörden ihre Aufgaben erfüllen können.

Mit Blick auf die Erteilung bestimmter Bewilligungen durch Behörden, namentlich im Ausländer- und Bürgerrecht oder im Sozialversicherungsrecht, kann das Tragen von Gesichtsverhüllungen bereits heute negative rechtliche Konsequenzen haben. Es kann dazu führen, dass die Verlängerung einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung oder die Gewährung staatlicher Leistungen (z.B. Leistungen der Arbeitslosenversicherung) wegen mangelnder Integration verweigert wird.

Jemanden zu zwingen, das Gesicht zu verhüllen, ist im Rahmen des Strafgesetzbuches (Nötigung, Art. 181 StGB) bereits heute strafbar. Der Bundesrat hat unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Vernehmlassung davon abgesehen, hierzu eine zusätzliche Strafbestimmung einzuführen.


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