Auch koppende Pferde lösen komplexe Aufgaben

Avenches, 26.11.2018 - Eine Studie des Schweizer Nationalgestüts (SNG) von Agroscope in Zusammenarbeit mit der Universität Neuenburg widerlegte das Vorurteil, dass koppende Pferde in komplizierten Lernsituationen weniger gut abschneiden als andere Pferde. Alle Pferde der Studie konnten sowohl Symbole erkennen als auch die für Pferde schwierigen Umkehrübungen lösen. Entscheidend dabei ist, dass die Kopper während den Aufgaben koppen dürfen und so ihren Stress abbauen können.

Koppen ist ein stereotypes, sich wiederholendes Verhalten bei Pferden ohne offensichtliche Funktion. Koppende Pferde setzen dabei meist ihre oberen Schneidezähne auf einer Stalleinrichtung wie zum Beispiel der Futterkrippe auf, spannen die Nackenmuskeln und stossen ein typisches Geräusch aus. Stereotypien wie Koppen gibt es bei Pferden in freier Wildbahn nicht. Diese Verhaltensweisen entstehen in Phasen von chronischem Stress und aufgrund einer genetischen Veranlagung. Bei domestizierten Pferden sind dabei suboptimale Haltungsbedingungen und wiederholte Frustrationserlebnisse die Ursache, wenn beispielsweise das Verlangen nach Bewegung oder kontinuierlicher Futteraufnahme nur begrenzt befriedigt wird.

Pferde können Symbole unterscheiden und Umkehrschlüsse ziehen

Die Agroscope-Forscherin Sabrina Briefer Freymond entwarf einen anspruchsvollen vierteiligen Test mit zwei Umkehrübungen, um herauszufinden, ob bei Koppern gewisse Hirnregionen beeinträchtigt und dadurch verschiedene Lernleistungen eingeschränkt sind. Die Studie führte sie bei sechs koppenden und sieben Kontrollpferden durch. Dabei mussten die Pferde lernen, zwei Symbole unterschiedlicher Farbe, einen Kreis und ein Kreuz auf schwarzem oder weissem Hintergrund zu unterscheiden. Die Symbole wurden in zufälliger Reihenfolge auf zwei automatischen Futterklappen befestigt. Hatten sie das richtige Symbol erkannt und auf die richtige Klappe angestossen, wurden sie dafür mit Futter belohnt. Nach sechs erfolgreichen Ausführungen in Folge wurde die Aufgabe umgekehrt. Die Futterklappe mit dem bisher nicht belohnten Symbol wurde entsperrt und gab den Pferden den Zugang zum Futter frei. Das hierfür notwendige Umdenken stellte sich als der schwierigste Lernschritt heraus. Die Pferde brauchten dafür am meisten Versuche. Aber auch hier zeigte sich, dass Pferde dazu fähig sind; die nächste Umkehraufgabe lösten sie anschliessend schon viel schneller. Sie scheinen das Lernen zu lernen.

Ohne Stress sind koppende Pferde erfolgreich

Die Resultate ergaben, dass alle Pferde, ob Kopper oder nicht, die Lernaufgaben lösen konnten. Auch konnten keine Unterschiede beim Puls oder bei der Variabilität der Herzfrequenz festgestellt werden. Sabrina Briefer meint dazu: «Kopper lernen diese Aufgabenstellung gleich gut wie andere Pferde. Wir konnten keine Lernschwierigkeiten feststellen, was uns erstaunt hat. Der entscheidende Unterschied unserer Untersuchung im Vergleich zu früheren Studien anderer Forschenden ist, dass wir die Pferde koppen liessen, wenn sie das Bedürfnis dazu hatten.». Denn bereits in einer früheren Studie des Schweizer Nationalgestüts SNG entdeckte Briefer, dass koppende Pferde stressempfindlicher sind und Koppen für sie eine Strategie darstellt, um Stress abzubauen. Auch waren die Aufgaben so konzipiert, dass die Motivation erhalten blieb und der Stress reduziert wurde: Die Lerntests wurden auf zweimal 20 Versuche pro Tag begrenzt. Zudem wurden die Tiere nach drei Fehlern trotzdem belohnt, um ihnen die Freude am Lösen von Aufgaben zu erhalten. Briefer Freymond bilanziert: «Abwechslung und Erfolgserlebnisse sind wichtig bei der Arbeit mit Pferden».


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