Kostendämpfung im Gesundheitswesen: Bundesrat nimmt alle Akteure in die Pflicht

Bern, 14.09.2018 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 14. September 2018 ein erstes Massnahmenpaket in die Vernehmlassung geschickt, um das Kostenwachstum im Gesundheitswesen zu dämpfen. Die vorgeschlagenen Massnahmen richten sich an alle verantwortlichen Akteure des Gesundheitswesens. Längerfristige Einsparungen von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr sind möglich. Der Bundesrat fordert Tarifpartner, Kantone, Pharmaindustrie und die Versicherten dazu auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und so zur Dämpfung der Kosten beizutragen.

Am 28. März 2018 verabschiedete der Bundesrat ein auf einem Expertenbericht zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) basierendes Kostendämpfungsprogramm. Er beauftragte das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), die neuen Massnahmen in zwei Etappen und in Form von zwei Paketen bis Herbst 2018 bzw. Ende 2019 zu prüfen und umzusetzen. Das EDI hat nun ein erstes Massnahmenpaket erarbeitet. Mit diesen neuen Massnahmen gibt der Bundesrat den Tarifpartnern weitere Instrumente in die Hand, um das vorhandene Effizienzpotential auszuschöpfen und ihren Beitrag zur Dämpfung des Kostenwachstums in der OKP zu leisten. Er fordert sie des Weiteren dazu auf, ihre Verantwortung im Interesse der Prämien- und Steuerzahler auch im Rahmen der bereits bestehenden Aufgaben wahrzunehmen.

Experimentierartikel, Referenzpreissystem und Tarife
Ein Experimentierartikel soll eingeführt werden, der es erlaubt, ausserhalb des Rahmens des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) innovative, kostendämpfende Pilotprojekte durchzuführen. Denkbar sind Projekte zur einheitlichen Finanzierung stationärer und ambulanter Leistungen oder Versuche im Bereich der integrierten Versorgung. Des Weiteren wird ein Referenzpreissystem für patentabgelaufene Medikamente eingeführt. Für wirkstoffgleiche Medikamente soll ein maximaler Preis (Referenzpreis) festgelegt werden. Damit wird von der OKP nur noch der Referenzpreis vergütet. 

Um Tarifblockaden wie beim Arzttarif TARMED zu verhindern, soll eine nationale Tariforganisation ins Leben gerufen werden. Pauschalen im ambulanten Bereich sollen gefördert und damit die Effizienz gesteigert werden. Damit die Kosten nur in dem Umfang steigen, wie sie medizinisch begründbar sind, werden Leistungserbringer und Versicherer verpflichtet, in gesamtschweizerisch geltenden Verträgen Massnahmen vorzusehen, um ein ungerechtfertiges Mengen- und Kostenwachstum zu korrigieren.

Bundesratsbericht befürwortet nationale Tariforganisation
Gleichzeitig zur Eröffnung der Vernehmlassung hat der Bundesrat den Bericht zum Postulat 11.4018 «Kriterien für die Repräsentativität bei der Unterzeichnung von Tarifverträgen im Gesundheitswesen» verabschiedet. Der Bericht kommt zum Schluss dass für eine Genehmigung eines Tarifvertrags eine Mehrheit der Tarifpartner notwendig ist. Wird ein Tarifvertrag von einer Minderheit eingereicht, kann er jedoch materiell geprüft werden. Wenn die Tarifstruktur  den gesetzlichen Anforderungen entspricht, kann sie vom Bundesrat als  gesamtschweizerisch einheitliche Struktur festgelegt werden. Mit dieser Vorgehensweise wird der Anreiz für einzelne Tarifpartner gestärkt, die Tarifstruktur weiterzuentwickeln. Im Bericht wird zudem die Schaffung einer nationalen Tariforganisation, wie sie nun im Rahmen der Kostendämpfung vorgeschlagen wird, als sinnvoll für die Verbesserung der Situation zwischen den Tarifpartnern erachtet.

Rechnungskontrolle und Beschwerderecht
Das erste Paket des Kostendämpfungsprogramms umfasst noch weitere Massnahmen. So sollen die Leistungserbringer verpflichtet werden, den versicherten Personen jeweils eine Rechnungskopie zu schicken. Dies ermöglicht eine bessere Rechnungskontrolle von Seiten der Versicherten. Des Weiteren werden alle Tarifpartner zur Datenlieferung an den Bundesrat verpflichtet, damit dieser die eingereichten Tarifstrukturen genehmigen, bereits bestehende Tarifstrukturen anpassen oder Tarifstrukturen für alle Leistungserbringer in einem Bereich festlegen kann.
Die Verbände der Versicherer erhalten zudem neu ein Beschwerderecht bei Verfügungen der Kantone zur Liste der Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime. Damit soll eine kostspielige Überversorgung verhindert sowie die Prämien- und Steuerzahler entlastet werden.

Finanzielle Auswirkungen
Ziel der vorliegenden Neuregelung ist, die Entwicklung der Kosten für Leistungen zu Lasten der OKP einzudämmen und den Anstieg der von den Versicherten bezahlten Prämien zu begrenzen. Längerfristige Einsparungen von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr zugunsten der OKP sind damit möglich. Dieser kostendämpfende Effekt hängt aber von der konsequenten Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen durch die betroffenen Akteure ab.

Nächste Schritte
Die Vernehmlassung für das erste Massnahmenpaket dauert bis zum 14. Dezember 2018. Der Bundesrat wird bis spätestens Ende 2019 das zweite Massnahmenpaket in die Vernehmlassung schicken. Schwerpunkte sind die Bereiche Arzneimittel, angemessene Versorgung und Transparenz. Daten sollen auf nationaler Ebene besser vernetzt, vervollständigt und zugänglich gemacht werden.


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