Asyl- und Ausländergesetz: UNO-Kinderrecht wird nicht verletzt

Bern-Wabern, 01.09.2006 - 

Die von verschiedenen Kinder- und Familienorganisationen erhobene Kritik, dass durch das revidierte Asyl- und das neue Ausländergesetz insbesondere die UNO-Kinderrechtskonvention verletzt würde, ist falsch. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Vereinbarkeit des revidierten Asylgesetzes und das neuen Ausländergesetzes mit der Bundesverfassung und mit dem Völkerrecht von den zuständigen Bundesbehörden sorgfältig geprüft; beide Vorlagen sind völkerrechtskonform und verfassungsmässig.

Schutz vor Verfolgung

Entgegen den Befürchtungen der Kinder- und Familienorganisationen erhalten auch mit der Änderung des Asylgesetzes Kinder und Jugendliche in der Schweiz den völkerrechtlich gebotenen Schutz vor Verfolgung.

Reisen Kinder in Begleitung ihrer Eltern im Rahmen eines Asylverfahrens in die Schweiz ein, werden diese Kinder in das Verfahren ihrer Eltern einbezogen. Stellt eine Familie ein Asylgesuch, so wird von den Eltern verlangt, dass sie Reise- oder Identitätspapiere abgeben. Besitzen die Kinder keine Papiere, so wird geprüft, ob die Kinder tatsächlich von den gesuchstellenden Eltern abstammen. Das entspricht der heutigen Praxis und wird nicht verändert.

Unabhängig von der Abgabe der Reise- und Identitätspapiere wird auf ein Asylgesuch eingetreten, wenn bereits aufgrund der ersten Anhörung die Flüchtlingseigenschaft festgestellt wird oder es sich erweist, dass weitere Abklärungen notwendig sind. Solche Abklärungen drängen sich bei unbegleiteten Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren regelmässig auf. Diese Personen erhalten immer eine Vertrauensperson zugewiesen. Gegebenenfalls muss in Zusammenarbeit mit den zuständigen kantonalen Behörden eine vormundschaftliche Betreuung sicher gestellt werden. Bei unbegleiteten Minderjährigen, die aus einem Staat stammen, in welchem die Geburten nicht registriert werden, kann diese Tatsache zudem ein entschuldbarer Grund für die Nichtabgabe von Papieren darstellen. Das wird in in jedem Einzelfall geprüft.

Diese Verpflichtung zur Abklärung der Flüchtlingseigenschaft bei Hinweisen auf eine Verfolgung ergibt sich aus der Flüchtlingskonvention, die auch bei einer Nichtabgabe von Reise- oder Identitätspapieren oder bei anderen Nichteintretenstatbeständen beachtet wird. Zusätzlich ist bei einem Nichteintretensentscheid immer zu prüfen, ob der Vollzug der Wegweisung zulässig, zumutbar und möglich ist. Ist dies nicht der Fall, erfolgt eine vorläufige Aufnahme in der Schweiz.

Kinder werden nicht Opfer von Kinderhändlern

Die Gefahr, dass der Sozialhilfestopp Kinder ins Elend treibt und zu leichten Opfern von Kinderhändler macht, besteht nicht. Die zuständigen kantonalen Behörden haben bei der Ausrichtung der Nothilfe die verfassungsmässigen, vom Bundesgericht bestätigten Grundsätze wie bereits heute zu beachten. Sie müssen der besonderen Situation von Kindern und anderen verletzlichen Personen angemessen Rechnung tragen. Nach Artikel 12 der Bundesverfassung besteht ein Anspruch auf eine Nothilfe, die ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht. Zu den Grundbedürfnissen gehören insbesondere Ernährung, Kleidung, Unterkunft und ärztliche Versorgung. Es ist auch offenkundig, dass die medizinische Notversorgung vom individuellen Gesundheitszustand abhängt und dass die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen oder Betagten unterschiedlich sind.

Kinder in Haft?

Die Vorbereitungs-, die Ausschaffungs- oder die neue Durchsetzungshaft dürfen weiterhin nur bei Personen über 15 Jahren angeordnet werden. Die Haft muss jedes Mal von einem unabhängigen Haftrichter überprüft werden.  Würde ein Kind unter 15 Jahren in Haft genommen, müsste der Haftrichter die sorfortige Freilassung anordnen. Bei Personen zwischen 15 - 18 Jahren beträgt die Höchstdauer der Haft wie im heute geltenden Recht zwölf Monate. Die Haft darf nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden.

Keine Zunahme von versteckten Kindern

Die Befürchtung, dass wegen dem neuen Ausländergesetz, die Zahl der versteckten Kinder zunimmt, ist nicht begründet.

Das Ausländergesetz sieht weiterhin vor, dass Kinder bis 18 Jahren nachgezogen werden können. Ein Gesuch um Familiennachzug muss, nach Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, innerhalb von fünf Jahren eingereicht werden. Kinder von über zwölf Jahren müssen innerhalb von zwölf Monaten nachgezogen werden. Wird die vorgesehenen Fristen nicht eingehalten, kann aus wichtigen familiären Gründen ein späterer Familiennachzug immer noch bewilligt werden.

Es ist eine Tatsache, dass die heute bestehenden Integrationsprobleme der Jugendlichen in vielen Fällen mit dem späten Familiennachzug zusammenhängen. Die neue Regelung fördert einen raschen Familiennachzug und ist daher - insbesondere im Interesse der betroffenen Kinder - sinnvoll. So wird sicher gestellt, dass die Kinder eine gute Schulbildung in der Schweiz erhalten. Dies ist von zentraler Bedeutung für die Integration der Kinder und wurde von der Erziehungsdirektorenkonferenz ausdrücklich gefordert.


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Brigitte Hauser-Süess, Information & Kommunikation BFM, Tel. 031 325 93 50


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