Bundesrat will Dublin-System weiterentwickeln

Bern, 02.06.2017 - Das Dublin-System ist insbesondere in Phasen erhöhter Migration wiederholt unter Druck geraten. Dafür gab es verschiedene Gründe: Zum einen hielten sich nicht alle Staaten an die geltenden Regeln. Zum anderen fehlt im europäischen Asylwesen eine proportionale Verteilung der Asylsuchenden. Staaten an den Schengen-Aussengrenzen sind heute nicht nur für die Registrierung der Schutzsuchenden, sondern auch für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. In den Jahren 2015 und 2016 hatten diese Staaten mit der Registrierung der grossen Anzahl an anlandenden Migranten und Flüchtlingen Schwierigkeiten. Der Bundesrat erachtet eine Reform des Dublin-Systems als nötig und setzt sich daher für dessen Weiterentwicklung ein. Asylzentren ausserhalb des Dublin-Raums erachtet er derzeit indes für kaum umsetzbar, wie er in seinem Bericht festhält, den er in Erfüllung eines Postulats an seiner Sitzung vom 2. Juni 2017 verabschiedet hat.

Der Bericht "Neukonzeption von Schengen/Dublin, europäische Koordination und burden sharing" des Bundesrats legt dar, dass nicht nur Dublin-Staaten mit Schengen-Aussengrenzen einen hohen Migrationsdruck zu verzeichnen haben. Auch Staaten in Mittel- und Nordeuropa gelten bei den Schutzsuchenden aufgrund der Aufnahmebedingungen, der Arbeitsmöglichkeiten oder einer bestehenden Diaspora als favorisierte Zielländer.

Das Dublin-System ist gerade für diese Länder von grosser Bedeutung. So hat die Schweiz seit 2009 über 60 000 Dublin-Entscheide gefällt und war im Jahr 2015 derjenige Dublin-Staat, der am meisten Personen an andere Dublin-Staaten überstellte. Der Bericht zeigt in diesem Zusammenhang die wichtige Rolle Italiens für die Schweiz auf: Die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Italien hat sich im letzten Jahr deutlich verbessert, was insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass Italien seit einiger Zeit praktisch alle ankommenden Migranten registriert. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in den Dublin-Staaten führen aber weiterhin zu Weiterwanderungen innerhalb des Dublin-Raums. Dadurch wird das System geschwächt. Der Bundesrat ist der Meinung, dass eine Reform des Dublin-Systems nötig ist und setzt sich deshalb aktiv für eine Stärkung des Dublin-Systems ein.

Solidarische Unterstützung innerhalb Europas

Der Bundesrat engagiert sich auf EU-Ebene, um die grossen Unterschiede bei den Aufnahmebedingungen und Anerkennungsquoten im Asylbereich zu verringern. Damit wird der Anreiz zur Migration innerhalb des Dublin-Raums vermindert. Der Bundesrat setzt sich darüber hinaus bereits seit einigen Jahren intensiv für die Einführung eines europäischen Verteilschlüssels und somit für eine ausgewogenere Verteilung der Schutz suchenden Personen unter den Dublin-Staaten ein, wie dies vom Postulanten gefordert wird. Die Schweiz macht zudem bei den Resettlement- und Relocation-Programmen der EU mit. Schliesslich nehmen Schweizer Experten an den Aktivitäten des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen EASO teil und unterstützen die besonders betroffenen Dublin-Staaten Italien und Griechenland vor Ort. Die Schweiz unterstützt ferner diese Staaten auch bilateral.

Asylzentren ausserhalb Europas

Die Idee, Asylzentren ausserhalb von Europa zu betreiben, erachtet der Bundesrat derzeit hingegen als kaum umsetzbar. Aufgrund der Situation in vielen Staaten im Norden Afrikas scheint es auf absehbare Zeit nicht möglich, entsprechende Vereinbarungen zu treffen, um solche Asylzentren zu betreiben. Überdies stellen sich zahlreiche Fragen z.B. bezüglich der Rechtsgrundlagen, der Finanzierung sowie des rechtlichen Status der Schutzsuchenden in solchen Zentren. Ausserdem könnten solche Zentren aus naheliegenden Gründen beträchtliche Pull-Effekte auslösen und es kann davon ausgegangen werden, dass viele abgewiesene Asylsuchende aus solchen Einrichtungen trotzdem versuchen würden, irregulär in den Dublin-Raum einzureisen.

Die vergangenen Jahre haben deutlich gemacht, dass die Herausforderungen im Migrationsbereich nicht von einigen wenigen Staaten an den Aussengrenzen der EU bewältigt werden können. Der Bundesrat anerkennt, dass gewisse Staaten aufgrund ihrer geografischen Lage und weiteren Faktoren stärker betroffen sind als andere, weshalb diese solidarisch unterstützt werden müssen. Eine Weiterentwicklung des Dublin-Systems liegt letztlich im Interesse aller Dublin-Staaten.

Mit dem Bericht erfüllt der Bundesrat das Postulat Pfister ("Neukonzeption von Schengen/Dublin, europäische Koordination und burden sharing", 15.3242). Dieses wurde am 19. Juni 2015 durch den Nationalrat angenommen.


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