Die Aufsicht aus der Sicht eines Beaufsichtigten, am Beispiel der Bundesverwaltung

Bern, 16.05.2017 - Rede des Bundeskanzlers vor der Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften, Bern (EPA), am 16. Mai 2017, 9.30 Uhr

«Sagt, ist noch ein Land ausser Deutschland,
wo man die Nase eher rümpfen lernt als putzen?»

Georg Christoph Lichtenberg

«I have yet to see any problem, however complicated,
which, when you looked at it in the right way, did not become still more complicated».

Poul Anderson 

Besten Dank für die Einladung, etwas zum Verhältnis von Verwaltung und Aufsicht zu sagen. Denn es dünkt mich, hier sei auf Stufe Bund der Wurm drin. Nicht ein gewaltiger, „epochaler“ Wurm - vieles läuft gut und ist auch nötig - aber da und dort sieht man einige „Löchli“ im Gebälk. Und es ist besser, man geht der Sache nach und schaut hin, wenn Sägemehl auf dem Dachboden liegt. Denn so ein Wurm ist nicht ganz ungefährlich. Lassen Sie mich ausführen warum:

Was hat sich in der Bundesverwaltung in den letzten dreissig Jahren am meisten geändert? 

Sie ist bestimmt grösser geworden. Vor 30 Jahren zählte sie noch 29‘000 Beamte (exklusive SBB, Post, ETH etc., und auch das sogenannte „Hilfspersonal“ sowie „das übrige Personal“ sind darin nicht enthalten). Heute sind es knapp 37‘000 Bundesangestellte an 2700 Standorten in 450 Gemeinden, verteilt über die ganze Schweiz. Allein in den letzten zehn Jahren sind die Personalausgaben um über 26% gewachsen (Rechnung 2006: 4.325 Mia; Rechnung 2016: 5.465 Mia). Man kann trefflich darüber streiten, ob dieses Wachstum gerechtfertigt war, und an vielen Orten wird das auch mehr oder weniger scharfsinnig getan. Aber das Wachstum der Verwaltung ist ein Fakt, eine Zahl, die sich überprüfen lässt.

Was sich auch geändert hat, ist die Informatik. Vor dreissig Jahren gab es sie noch gar nicht. Als ich mir Anfang der 1990er-Jahre am Arbeitsplatz einen Internetanschluss über Modem und, damals noch, Compuserve angeschafft hatte, liess sich der Generalsekretär des Departements mit seinen Mitarbeitern in meinem Büro die Maschine vorführen, und staunte, als hätte ich damit Kontakt zu extraterrestrischen Lebensformen am Rand unserer Galaxie aufgenommen. Heute betreiben wir 800 grössere Fachanwendungen in der Bundesverwaltung. Wir verschicken über 30 Millionen Mails. Pro Monat. Zehn Mal mehr als vor zehn Jahren. Wir betreuen 5000 Server, werden gehackt, müssen Probleme lösen, von denen unsere Vorgänger nicht einmal wussten, dass es sie gibt. Und wir können ohne Informatikmittel gar nicht mehr arbeiten.

Was sich in der Bundesverwaltung auch geändert hat: Sie ist weiblicher geworden. Zumindest etwas. Es gibt auch wesentlich weniger Streitereien unter den Ämtern über Fragen der Federführung. Weniger läppische Eifersüchteleien, wer wo welche protokollarischen oder administrativen Vorzüge geniesst. Und weniger Könige, die die Grenzen ihrer Zuständigkeit mit allen Offensiv- und Defensiv-Waffen verteidigen, welche die Verwaltung zu bieten hat. Und wer weiss: Vielleicht besteht zwischen diesen zwei Entwicklungen – mehr Frauen im mittleren und oberen Kader und weniger „Buebezüg“ auf allen Stufen – sogar ein kausaler Zusammenhang.

Was sich schliesslich ebenfalls geändert hat, sind die Aufsichtsinstrumente. Sie wurden kontinuierlich ausgebaut. Und zwar nicht nur für die Aufsicht über die Verwaltung, sondern, auch – und vor allem - für die Aufsicht gegenüber einzelnen Teilen der Wirtschaft: Elcom, Postcom, Finma, ENSI, WEKO, ComCom; usw. Die meisten dieser Regulatoren gab es vor zwanzig Jahren noch gar nicht. Andere haben die Aufsichtskompetenzen erweitert, oder sie sind unabhängig geworden. Und alle haben sie mehr Personal, zum Teil erheblich mehr Personal als vor zehn, fünfzehn Jahren.

Auch die Aufsicht über die Verwaltung hat zugenommen. Und das war eine gute und fällige Entwicklung. (Hier müsste jetzt, wenn man es genau nimmt, eine Differenzierung zwischen „Aufsicht“ und „parlamentarischer Oberaufsicht“ gemacht werden, aber in diesem Rahmen und Zusammenhang genügt es, von „Aufsicht“ zu sprechen. Im Wesentlichen ist von der parlamentarischen Oberaufsicht die Rede. Wer eine kurze Einführung über die Grundlagen, Organe, Mittel und Instrumente der parlamentarischen Oberaufsicht will, dem sei zum Beispiel das Kapitel 7.1, p. 6662ff, des Berichts der Finanz- und Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte zum Informatikprojekt INSIEME vom 21. November 2014 zur Lektüre empfohlen).

Warum?

Weil eine Verwaltung ohne Aufsicht in der Regel schlechter arbeitet als eine Verwaltung, die ab und zu geprüft wird. Schon wenn eine Verwaltung weiss, dass sie geprüft werden könnte, arbeitet sie anders. Das ist bei jedem Unternehmen und bei jedem einzelnen von uns hier nicht anders.

Nichts, was sich bewegt, sollte man ganz unbeaufsichtigt lassen. Und selbst bei einigen Dingen, die sich nicht bewegen, lohnt es sich, ab und zu nachzuschauen. Aufsicht über die Verwaltung ist eine gute Sache. Es gibt sehr viele Mitarbeitende in den Aufsichtsbehörden, die mit grosser Kompetenz und Sorgfalt äusserst wichtige und nützliche Hinweise liefern. Und ich kenne auch niemanden in der Bundesverwaltung, der die Aufsicht unnötig oder schlecht findet, weil sie ihn selbst betreffen könnte.

Aber Aufsicht ist auch eine schwierige Sache. Da kann man einige Dinge falsch machen, oder besser machen. Es geht insbesondere um Kommunikation, um das richtige Mass und um den gesunden Menschenverstand. Und das sind keine exakten Wissenschaften. Worauf muss man im Verhältnis „Verwaltung – Aufsicht“ aufpassen? Ich beschränke mich hier auf vier Beispiele, auf vier Punkte, bei denen ich persönlich achtgeben würde:

Erstens: Klare oder zumindest klarere Zuständigkeiten.

Die Verwaltung wird heute in erster Linie von der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats und jener des Ständerats und ihren acht Subkommissionen beaufsichtigt. Und natürlich auch von der Geschäftsprüfungsdelegation, der GPDel. Die Finanzdelegation, FinDel, stellt ähnliche, zum Teil sogar dieselben Fragen. Nicht selten auch die Finanzkommissionen beider Räte und ihre Subkommissionen, oder die Eidgenössische Finanzkontrolle gestützt auf das Finanzkontrollgesetz. Oder die Parlamentarische Verwaltungskontrolle im Auftrag der Geschäftsprüfungskommissionen.

Darüber hinaus gibt es natürlich noch weitere Aufsichten, zum Beispiel die internationale Aufsicht, durch die OECD, die EU, die EASA und andere mehr. Es gibt Berichte an den Europarat, oder es finden ausländische Inspektionen zur Überprüfung der Einhaltung von Freihandelsabkommen statt. Oder es gibt die interne Aufsicht, eigene Audits, IKT-Cockpit-Berichte sowie das Controlling der Generalsekretariate. Aber selbst, wenn wir uns auf die Aufsichtsinstrumente des Parlaments beschränken, stellen wir fest: Es besteht eine gewisse Unübersichtlichkeit. Die EFK stellt Fragen zur Informatiksicherheit beim Bundesrat, der Präsident einer Subkommission der Finanzkommission löchert die Verwaltung mit Fragen über die Beteiligung einzelner Ämter an Veranstaltungen im Vorfeld von Volksabstimmungen, und die FinDel und die GPK lassen sich über dieselben Informatikprobleme informieren. Kurz, in der Verwaltung hat man zuweilen den Eindruck: Eigentlich kann jede Aufsichtsbehörde zu jedem Thema jede Frage stellen, ohne dass eine Absprache von der Art stattfindet: „Er macht das, du machst dies, und ich mache jenes“. Es hat in der Vergangenheit Ämter gegeben, die gleichzeitig von fünf verschiedenen Aufsichtsbehörden geprüft worden sind, und es wäre sicherlich eine Entlastung, wenn in diesem Zusammenhang noch mehr Koordination bewiesen würde.

Ein zweiter Punkt betrifft den Stellenwert von Empfehlungen. Die Aufsichtsorgane beaufsichtigen ja nicht nur, indem sie – oft zu Recht – Unregelmässigkeiten beanstanden, den bisherigen Verlauf eines Sachverhalts klarstellen, unvollständige Informationen der Verwaltung richtigstellen und auf Risiken hinweisen. Sie geben auch Empfehlungen ab. Nur verstehen einzelne Aufsichtsorgane diese nicht unbedingt als Empfehlungen, sondern als Erwartungen oder Aufträge. Mehr Anweisung oder Forderung als Ratschlag, Hinweis oder Anregung. Nicht bei allen, aber bei einzelnen umso deutlicher. Das ist deshalb nicht ganz unproblematisch, weil klar bleiben muss, wer die Verantwortung trägt. Eine Verwaltung, die im Falle, wo etwas schief läuft, mit dem Finger auf die Aufsicht zeigt – man habe ja Bedenken geäussert, aber die Empfehlungen dann halt umsetzen müssen, und eine Aufsicht, welche die Hände in die Höhe streckt – man habe zwar Empfehlungen abgegeben, aber die Verantwortung liege immer beim Auftraggeber, also bei der Verwaltung – nützt niemandem etwas.

Was wir brauchen, ist ein formalisierter, echter Dialog, bei dem jede Seite auf die Argumente der anderen Seite eingeht, das heisst annimmt, ablehnt oder differenziert und in jedem Fall Aktion und Reaktion begründet, jedoch am Schluss stets selber entscheidet. (Gemäss Parlamentsgesetz entfalten die Empfehlungen der parlamentarischen Oberaufsicht keine Rechtswirkung. Ein Abweichen von den Einschätzungen der Oberaufsichtsorgane ist allerdings durch die verantwortliche Behörde zu begründen) (Art. 158 ParlG). Oder anders gesagt: Die Verwaltung muss es aushalten, wenn ihr die Aufsicht Fehler vorhält und eine Empfehlung abgibt, und vor allem muss sie darauf eintreten. Und umgekehrt muss die Aufsicht es aushalten, wenn ihr die Verwaltung zurückmeldet, die Empfehlung sei bestimmt gut gemeint, aber genau so eindeutig ungeeignet.

Eine Empfehlung ist eine Empfehlung und keine überwiesene Motion. Und statt, wie es dann heisst, „offene“ Empfehlungen über Jahre buchhalterisch weiterzuführen und die Exekutive periodisch daran zu erinnern, dass man mit deren Einschätzung nach wie vor noch nicht einverstanden ist, sollte man zuweilen die eine oder andere Empfehlung abschreiben oder sie dann - sofern man kann - in eine Motion umwandeln und sie dem Parlament vorlegen. Das schafft meines Erachtens klarere Verhältnisse und weniger Briefwechsel, die mit jedem Hin und Her gereizter werden. Bis vor Kurzem hatte alleine die EFK rund 1‘500 offene Empfehlungen; und das dies dann nicht mehr sinnvoll sein kann, hat die EFK selbst so vertreten.

Bei einem dritten Punkt geht es um Gewaltentrennung im engeren Sinn. Die Verwaltung hat – meines Erachtens insbesondere aufgrund der wachsenden Zahl von Empfehlungen der Aufsichtsbehörden – in den letzten zehn Jahren immer häufiger die Aufsicht schon dann beigezogen, wenn es noch gar nichts zu beaufsichtigen gibt: Bei der Erarbeitung von Vorschlägen zum weiteren Vorgehen, bei anstehenden Entscheidungen zur Umsetzung von Projekten und Programmen usw. Auch da muss man vorsichtig sein. Der Präsident einer vorher genannten Regulationsbehörde erklärte mir vor einigen Jahren, er habe mit Schrecken festgestellt, dass Mitarbeiter seiner Behörde in über 30 Arbeitsgruppen der Verwaltung mitarbeiteten. Zu Recht hatte er einen grossen Teil davon zurückgepfiffen und sie daran erinnert, dass man entweder Schiedsrichter sei, oder eben Mitspieler.

Wie kommt es zu dieser Rollenvermischung? Vielleicht, weil die Verwaltung effektiv versucht ist, allfällige Vorwürfe der Aufsicht zu vermeiden, indem sie diese gleich ins Projektteam einbindet. Vielleicht, weil die Grenzen zwischen „Oberaufsicht“ und sogenannt „begleitender Oberaufsicht“ nie ganz scharf gezogen wurden. Oder vielleicht, weil einzelne Aufsichtsbehörden denken, sie würden damit der Sache selbst einen Gefallen tun: Was auch immer der Grund ist: solche Zusammenarbeit ist ungesund. Wer die Aufsicht hat, sollte – wenn überhaupt – nur im Notfall bei operativen Arbeiten mitwirken. Vernachlässigte Gouvernanz führt andernfalls dazu, dass man plötzlich nicht mehr weiss: Sitzt da einer, der vorher in anderer Sache bei der Aufsicht war? Oder sitzt da einer, der nachher in derselben Sache die Aufsicht wahrnimmt? Policymaking oder Policy Surveillance? Mitverantwortlich oder nicht verantwortlich?

Meine Damen und Herren, Gewaltentrennung ist keine Marotte praxisfremder „Tüpflischisser“, deren Freude an steriler Gestaltung von Organigrammen bisweilen seltsame Blüten treibt. Exekutive und Legislative, bzw. die Aufsichtsorgane der Legislative, müssen voneinander getrennt bleiben - will heissen, letztere sollen nicht Aufgaben des anderen übernehmen, wenn sie nachher die Erfüllung derselben Aufgabe beaufsichtigen. Wenn man dies nicht von Anfang an trennt, kann man am Schluss auch auf die Aufsicht verzichten.

Die Frage nach einer genügend sorgfältigen Gewaltentrennung stellt sich im Übrigen auch bei den unabhängigen Regulatoren, welche einen Teil der Wirtschaft beaufsichtigen. Dort, wo der Gesetzgeber bewusst Spielraum offen lässt – sei es, um der Abwägung mit anderen Gesetzen im Einzelfall Platz zu geben oder sei es, um der Verhältnismässigkeit und dem gesunden Menschenverstand bei der Umsetzung von Gesetzen Raum zu lassen – verlangen verunsicherte Compliance Manager betroffener Unternehmen oft präzise Vorgaben. Was dazu führt, dass Regulatoren – vielleicht sogar gut gemeint – reihenweise Rundschreiben erlassen, welche zwar nur aufzeigen sollen, wie der Regulator das Gesetz „versteht“, de facto aber damit eine Wirkung erzielen, die – gerade wenn es um die Abwägung verschiedener Gesetze geht – im konkreten Fall vom Gesetzgeber selbst vielleicht ganz anders beurteilt worden wäre. Auch wenn das betroffene Unternehmen im Einzelfall den mühsamen und zeitraubenden Rechtsweg beschreiten kann, gilt es auch in diesem Bereich aufzupassen, dass der Regulator nicht Aufgaben wahrnimmt, die dem Gesetzgeber zukommen. Oder anders gesagt: Die Unabhängigkeit der Regulatoren hat sehr viele Vorteile. Aber die Unabhängigkeit kann ein „Problem“ werden, wenn mehr als ein Ziel zu berücksichtigen und damit eine Abwägung vorzunehmen ist.

Der vierte Punkt – und jetzt komme ich wieder zurück auf die Aufsicht über die Verwaltung – der vierte Bereich, dem ich besondere Aufmerksamkeit schenken würde, scheint mir der Wichtigste: Die Aufsicht muss nämlich nicht nur unabhängig, sachlich kompetent und präzis, manchmal streng und immer unvoreingenommen sein - sie muss auch masshalten.

Klar: Zu wenig Aufsicht lässt zu viele Missstände zu. Zu viel Aufsicht jedoch führt in der Regel zur erfolgreichen Vernichtung eigenverantwortlicher Führung und selbstständiger Überzeugung. Mit „zu viel Aufsicht“ meine ich auch Aufsicht, die nicht mehr unterscheidet zwischen Fehlern, die mit grober Fahrlässigkeit oder mit krimineller Energie gemacht werden, und Fehlern, die einfach entstehen, wenn man arbeitet. Und die umso eher entstehen, wenn man etwas mutiger ist und innovativ und Neues ausprobiert. Wer sich verbessern will, muss aber auch Fehler machen können. Das scheint zuweilen etwas in Vergessenheit zu geraten.

Was passiert sonst? Ganz einfach: Die Verwaltung entscheidet nichts mehr, ohne dass für jedes „Projektchen“ komplexe interdepartementale Strukturen mit beeindruckenden Organigrammen und Prozessen geschaffen werden, mit Beiräten und Steuerungsausschüssen und teuren externen Gutachten. Alles, um sich bis ins kleinste Detail abzusichern und die Verantwortung in homöopathisch verdünnten Dosen grossflächig zu verteilen. Und dann staunen alle, dass es in der Verwaltung nicht schneller vorwärts geht. Als ich einmal vor Jahren unweit von Washington eine Schule besucht hatte, sah ich über dem Türbogen das Motto der Schule in grossen Lettern eingraviert: „Function in Disaster. Finish in Style“. Ich dachte mir, bei uns in Bundesbern ist es gerade umgekehrt: „Function in Style. Finish in Disaster“. Man muss eben den Hebel etwas weiter vorne ansetzen: Verantwortung verlangen, Zeitlimits setzen, Budgets einfordern. Und dann aber auch Rückschläge zulassen. Denn wer entscheidet, wer Neues ausprobiert, der macht zuweilen Fehler. 

Wenn ich etwas an der Schweizer Verwaltung besonders gut finde, dann ist es der verbliebene Spielraum für den gesunden Menschenverstand. Der Raum, den es braucht, wenn zwei Chefbeamte verschiedener Departemente miteinander telefonieren und im Interesse der Sache, zugunsten einer schneller umsetzbaren oder günstigeren Lösung untereinander vereinbaren: „Chumm, mir mached’s eso“. Aber Sie können das natürlich auch anders haben: Der eine verlangt vor seiner Zusage noch eine Drittmeinung, am besten schriftlich in Form eines juristischen Gutachtens des BJ oder der Finanzkontrolle, der andere redigiert vor dem Telefongespräch noch rasch ein E-Mail, bei dem er 32 allenfalls auch noch betroffene Bundesangestellte aller Departemente einkopiert, dann vier Varianten für das weitere Vorgehen skizziert und schliesslich um Rückmeldungen bis zu einem Termin bittet, bei dem hoffentlich das Problem schon von jemand anderem gelöst worden ist.

Natürlich können Sie jetzt sagen, und das mit Recht, das sind halt verwurmte Holzköpfe und keine Chefbeamten. Aber Sie können es eben auch beeinflussen über eine gute Aufsicht, eine massvolle Aufsicht, die eine Fehlerkultur zulässt und keine Misstrauenskultur schafft.

Natürlich können Sie einwenden, und auch das mit Recht: Die Verwaltung sei bis zu einem grossen Stück selber schuld. Letztlich wurden in den vergangenen Jahren zu viele Projekte in den Sand gesetzt, kein Wunder ist die Aufsicht verstärkt und ausgeweitet worden. Aber Sie machen die Verwaltung nicht besser, wenn Sie sie dazu anhalten, jeden Mikroschritt extern begleiten und interdepartemental absegnen zu lassen.

Und selbstverständlich können Sie ergänzen, und auch das mit Recht:  Die Verwaltung müsse das aushalten und dürfe die Aufsicht nicht als Misstrauen verstehen. Aber die Aufsicht kann auch dazu beitragen, dass es nicht soweit kommt. Eine gelebte Fehlerkultur ist unerhört wichtig, nicht nur in Unternehmen, sondern auch in der Verwaltung.

Meine Damen und Herren, das Verhältnis zwischen Verwaltung und Aufsicht ist nicht spannungsfrei, und wenn es das wäre, schiene mir das verdächtig. Ich habe Ihnen vier Bereiche genannt, wo es meines Erachtens etwas knirscht im Gebälk. Sie wissen noch aus der Schulphysik, dass dort, wo Spannungen bestehen, es zuweilen auch zu Entladungen kommt, zu Funkensprüngen oder zu Widerständen. Meines Erachtens müssen deshalb zwischendurch beide, sowohl Verwaltung als auch Aufsicht, über die Bücher, um zusammen an einem Tisch einzelne Fragen zu diskutieren: Wie kommunizieren wir? Untereinander und gegen aussen? Welche Erwartungen bestehen? Wie erreicht man das gemeinsame Ziel, dass nämlich die Verwaltung besser wird? Und wie erreichen wir es, dass dabei die Rollen klar getrennt bleiben? Reden hilft da mehr als Schreiben. Ich würde es begrüssen, wenn man sich unabhängig von aktuellen Prüfungen einmal Zeit nehmen würde, um diesen Fragen gemeinsam nachzugehen. Profitieren würden wahrscheinlich alle davon.


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