Bundesrat fällt Grundsatzentscheide für ein modernes Erbrecht
Bern, 10.05.2017 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 10. Mai 2017 die Vernehmlassungsergebnisse zur Modernisierung des Erbrechts zur Kenntnis genommen und über das weitere Vorgehen entschieden. Er hält an der vorgeschlagenen Verkleinerung der Pflichtteile der Nachkommen und an der Einführung des Unterhaltsvermächtnisses fest und hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, ihm noch im Laufe dieses Jahres eine entsprechende Botschaft zu unterbreiten. Die technischen Punkte werden von der übrigen Vorlage getrennt und in einer zweiten Botschaft behandelt, die der Bundesrat 2019 verabschieden können sollte.
Mit der Revision des Erbrechts, die der Bundesrat am 4. März 2016 in die Vernehmlassung geschickt hatte, soll unter anderem der parlamentarische Auftrag erfüllt werden, das Erbrecht flexibler auszugestalten und es den stark geänderten Lebensrealitäten anzupassen. Das 1907 in Kraft getretene und seither nur punktuell revidierte Erbrecht widerspiegelt diese nicht mehr genügend. Partnerschaften und Familien kennen heute ganz andere Formen als damals. Allein seit 1970 haben sich beispielsweise die Anzahl der Haushalte ohne Kinder sowie die Zahl der Einelternhaushalte mehr als verdoppelt. Ein Viertel der Familienhaushalte mit Kindern unter 25 Jahren entspricht heute nicht mehr der traditionellen Familienform. Es handelt sich bei diesen Familienhaushalten vielmehr um Patchworkfamilien, Konsensualpaare mit Kindern oder Familien mit alleinerziehenden Müttern oder Vätern.
Im Zentrum des Vorentwurfs steht deshalb eine Verkleinerung der gesetzlichen Pflichtteile, damit der Erblasser freier über sein Vermögen verfügen kann. Er könnte so beispielsweise seine faktische Lebenspartnerin oder deren Kinder stärker begünstigen. Zudem würde dadurch die Nachfolgeregelung bei Familienunternehmen erleichtert. Ferner ist im Vorentwurf die Einführung eines sogenannten Unterhaltsvermächtnisses vorgesehen, mit dem unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen die faktische Lebenspartnerin, der faktische Lebenspartner oder die Stiefkinder begünstigt werden können.
Stossrichtung der Vorlage wird beibehalten
Diese Vorschläge sind in der Vernehmlassung im Grundsatz positiv aufgenommen worden und sollen deshalb weiterverfolgt werden. Die grosse Mehrheit unterstützt die höhere erblasserische Verfügungsfreiheit. Allerdings wird die Verkleinerung des Pflichtteils des überlebenden Ehegatten beziehungsweise des überlebenden eingetragenen Partners im Gegensatz zu derjenigen der Nachkommen unterschiedlich beurteilt. Sie wird deshalb bei den weiteren Arbeiten ebenso wie die Streichung des Pflichtteils der Eltern noch einmal kritisch überprüft. Überprüft wird zudem auch, ob es nicht möglich ist, die Unternehmensnachfolge weiter zu erleichtern. Die vorgeschlagene Verkleinerung der Pflichtteile der Nachkommen soll demgegenüber in den Entwurf aufgenommen werden.
Auch die vorgesehene Einführung des Unterhaltsvermächtnisses wird mehrheitlich begrüsst. Viele Vernehmlassungsteilnehmer erachten sie angesichts des gesellschaftlichen Wandels als notwendigen Fortschritt, andere sind allerdings insbesondere in Bezug auf dessen konkrete Ausgestaltung skeptisch. Da die Kritik aber weniger dessen grundsätzliche Einführung ins Schweizerische Erbrecht betrifft, soll auch das Unterhaltsvermächtnis in den Entwurf aufgenommen werden. Dessen konkrete Ausgestaltung wird im Lichte der Vernehmlassungsergebnisse jedoch ebenfalls noch einmal überprüft werden.
Technischer Teil wird von der Vorlage getrennt
Der zweite Teil des Vorentwurfs enthält eine Vielzahl technischer, in der Regel wenig politischer Vorschläge zu verschiedenen Einzelpunkten, mit denen vor allem Unklarheiten beseitigt werden sollen, um die Rechtsanwendung zu erleichtern. Diese Vorschläge sind im Allgemeinen ebenfalls gut aufgenommen worden. Zahlreiche Punkte waren jedoch Gegenstand einer detaillierten Kritik. Schliesslich sind in der Vernehmlassung auch viele Revisionsvorschläge eingegangen, die im Vorentwurf noch nicht enthalten waren. Um die Arbeiten an diesem zweiten, technischen Teil sorgfältig durchführen zu können, ist eine intensive Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Vorschlägen erforderlich. Damit die Arbeiten am ersten Teil dadurch nicht verzögert werden, hat sich der Bundesrat entschieden, die Vorlage zu teilen und diese technischen Einzelfragen in einer zweiten Botschaft gesondert zu behandeln.
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