Tag gegen Lärm 2017: Ruhe fördert

Bern, 25.04.2017 - In der Schweiz lebt jeder Fünfte an einem Wohnort, an welchem die gesetzlichen Grenzwerte für den Strassenverkehrslärm überschritten sind. Die Folgen für die Gesundheit von Erwachsenen sind in vielen Studien dokumentiert: Vermehrt kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzinfarkte und Schlaganfälle sowie Zunahme von Diabetes. Weniger bekannt sind jedoch die Folgen einer ständigen und hohen Lärmexposition für Kinder. Deshalb steht der diesjährige "Tag gegen Lärm" am 26. April 2017 unter dem Motto "Ruhe fördert" und fokussiert darauf, wie wichtig Ruhe für eine gesunde Entwicklung der Kinder ist.

In der Schweiz entwickeln etwa 18 % der Kinder zwischen dem 7. und 19. Lebensjahr Lernschwierigkeiten, weil sie übermässigem Verkehrslärm ausgesetzt sind. Lärm vermindert die Konzentrationsfähigkeit, verzögert die Lernprozesse und beeinträchtigt generell die kognitiven Leistungen der Kinder. In fluglärmbelasteten Regionen um den Flughafen Frankfurt wurde eine Verzögerung der Lesefähigkeit um einen Monat pro Anstieg der Lärmbelastung um 10 Dezibel beobachtet. Diese Verzögerung scheint gering. Es wird in Fachkreisen diskutiert, ob sich dieser Rückstand noch aufholen lässt. Falls nicht, hätte dies direkte Folgen für die schulische Karriere.

Auch die Sprachentwicklung der Kinder wird gestört, wenn sie dauernden Lärmbelastungen ausgesetzt sind. Diese Störung tritt unabhängig von der Lärmquelle auf, sei es Lärm vom Strassen-, Flug- oder Schienenverkehr oder die Dauerbeschallung mit Radio und TV, lautem Kinderspielzeug oder Handy-Gesprächen. Der stetige Lärm verhindert zudem, dass sich die Kinder direkt angesprochen fühlen. Sind sie nicht in der Lage, klare Worte aus dem Umgebungslärm herauszufiltern und nachzusprechen, fehlt ihnen eine wichtige Grundlage des Spracherwerbs.

Die Lärmexposition wirkt sich zudem negativ auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder aus. Lärm verursacht auch bei Kindern die Ausschüttung von Stresshormonen, die zu erhöhtem Blutdruck und Übergewicht im Kindesalter sowie zu vermehrten kardiovaskulären Erkrankungen im Erwachsenenalter führen können.

Im Gegensatz zu Erwachsenen reagieren Kinder anders auf diese Stressfaktoren. Sie klagen nicht, dass sie wegen gestörter Nachtruhe aufgewacht sind, weil sie dieses Aufwachen nicht bewusst wahrnehmen. Sie sind aber am Morgen nicht ausgeruht und ermüden am Tag schneller als nicht lärmexponierte Kinder. Dies führt dazu, dass ihre Konzentrations- und Lernfähigkeit zusätzlich abnimmt.

Die direkten Folgen einer sehr hohen Schallbelastung aufs Gehör sind gut dokumentiert. Bei älteren Kindern kann eine Lärmexposition über 100 Dezibel oder eine mehr als 10 Minuten andauernde Beschallung über 80 Dezibel zu einem irreversiblen Hörschaden führen. Kleinkinder sind speziell gefährdet, weil die Verbindung zwischen Ohr und Gehirn noch nicht ganz ausgereift ist. Deshalb kann bei ihnen bereits eine kürzere und weniger laute Exposition irreparable Hörschäden verursachen.

Kinder müssen aus mehreren Gründen speziell vor Lärm geschützt werden: Kinder sind sich nicht bewusst, dass Lärm schaden kann. Sie haben noch keine effiziente Strategie entwickelt, wie sie Lärm meiden können. Schliesslich sind Säuglinge und Kleinkinder nicht in der Lage, sich selbständig von einer Lärmquelle zu entfernen.

Wir Erwachsene müssen dafür sorgen, dass Kinder sich gesund entwickeln können. Eltern und Betreuer müssen auch Kinderohren schützen, indem sie die Lärmquellen im Haus reduzieren und für ausreichende Ruhezeiten sorgen. Bei Besuchen von Konzerten, Sportveranstaltungen und anderen lauten Ereignissen, müssen Kinder mit einem wirksamen Gehörschutz ausgerüstet sein. Im Alltag wollen wir solche aber nicht. Deshalb muss Lärm flächendeckend an der Quelle (z.B. Flüsterbeläge, Tempolimiten) und durch Schallschutzmassnahmen (z.B. Schallschutzwände) reduziert werden.


Adresse für Rückfragen

Dr. med. Ottilia Lütolf, Fachärztin FMH Innere Medizin und Angiologie, Pilatusstrasse 3a, 6003 Luzern, Tel. 041 210 50 85, Telefax 041 210 40 41, Natel 079 299 81 82



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Eidgenössische Kommission für Lärmbekämpfung
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