Sistierung BODLUV 2020: Bundesrat nimmt Stellung zu Empfehlungen des parlamentarischen Inspektionsberichtes

Bern, 12.04.2017 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 12.04.2017 zu den Empfehlungen des parlamentarischen Inspektionsberichtes betreffend der Sistierung des Projektes Bodengestützte Luftverteidigung 2020 Stellung genommen. Für den Bundesrat ist der Sistierungsentscheid des Chefs VBS verständlich und nachvollziehbar. Entsprechend will er die sistierte Evaluation mit der genau gleichen Variante nicht wieder aufnehmen.

In ihrem Inspektionsbericht zur Sistierung des Projektes Bodengestützte Luftverteidigung 2020 (BODLUV 2020) ersuchen die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des National- und Ständerates den Bundesrat, zu ihren Ausführungen und Forderungen Stellung zu nehmen. In ihrer ersten Empfehlung fordern sie den Bundesrat auf, zusammen mit dem Chef VBS dafür zu sorgen, «dass die sistierte Evaluation in der Zwillingsvariante von Thales Schweiz rasch wieder aufgenommen und abgeschlossen wird», damit die bisherigen Auslagen noch einen Nutzen erbringen und möglichst bald fundierte Daten zu den evaluierten Systemen und allfälligen Beschaffungskosten vorliegen. Zudem wird der Bundesrat ersucht, in einem Bericht darzulegen, wie die Departementsvorsteherinnen und -vorsteher bei Verfahrensentscheiden vorgehen sollen, «um in Zukunft voreilige, kostspielige Entscheide zu vermeiden».

Der Bundesrat nimmt diese Empfehlung zur Kenntnis. Er wird bei seinen weiteren Entscheiden zur Modernisierung der Luftverteidigung die Aufforderung der GPK bedenken, hat aber nicht die Absicht, die sistierte Evaluation mit genau der gleichen Variante rasch wieder aufzunehmen. Der Bundesrat kann sich der Auffassung nicht anschliessen, dass im vorliegenden Geschäft voreilige Entscheide getroffen wurden. Der Sistierungsentscheid ist nachvollziehbar und dessen Zeitpunkt durchaus vertretbar. Konsequenterweise kann der Bundesrat auch keinen Bedarf nach einem Bericht erkennen, wie ihn die Geschäftsprüfungskommissionen empfehlen. Entscheidend für den Sistierungsentscheid war vor allem die Ungewissheit über die Kosten:

  • Im Masterplan 2013 waren zum Schutz von sechs Räumen und sechs Objekten für das Gesamtsystem, das heisst mit mittlerer und kurzer Reichweite, 500 Millionen Franken vorgesehen.
  • Im Sommer 2015 wiesen Offerten der Hersteller mit groben Kostenschätzungen 700 Millionen Franken für zwei Teilsysteme mittlerer Reichweite aus. Für ein weiteres Teilsystem musste mit zusätzlichen Kosten von ungefähr 100 Millionen Franken gerechnet werden. Ende 2015 wurde die Evaluation der Lenkwaffen mit einem Typenvorentscheid vorangetrieben. Beide evaluierten Lenkwaffen haben bezogen auf die von der Schweizer Armee formulierten Anforderungsprofile Leistungseinschränkungen. Am 19. Januar 2016 sprachen sich die Mitglieder der Projektaufsicht für eine Zwillingsvariante aus, eine Kombination zweier Systeme.
  • Im Ausblick über anstehende Beschaffungen in der Armeebotschaft 2016 vom 24. Februar 2016 wurden die Kosten allein für BODLUV 2020 mittlere Reichweite auf 1,1 Milliarden Franken veranschlagt. Für das gesamte Projekt BODLUV 2020, einschliesslich der kurzen Reichweite, lagen keine zuverlässigen Schätzungen vor.

Eine solche Kostenentwicklung ist für das VBS angesichts der beschränkten Mittel, die der Armee zur Verfügung stehen, des absehbaren hohen Erneuerungsbedarfs bei den Grosssystemen der Armee und der Lage und Perspektiven des Bundeshaushalts nicht akzeptabel. Der Abschluss einer Evaluation, die sich in diesem Finanzrahmen bewegt, hätte für VBS und Armee keinen Nutzen.

Wie vom Bundesrat am 24. Februar 2016 kommuniziert, wird eine vom VBS eingesetzte interne Expertengruppe einen Grundlagenbericht zur Evaluation und Beschaffung eines neuen Kampfflugzeuges ausarbeiten. Eine Begleitgruppe wird Empfehlungen zum gleichen Thema machen. Beide Gruppen haben den Auftrag, Kampfflugzeuge und bodengestützte Systeme zur Luftverteidigung in ihre Überlegungen einzubeziehen. Der Bericht wird für Mai 2017 erwartet. Der Chef VBS wird in der Folge entscheiden, in welcher Form ein Projekt BODLUV wieder aufgenommen werden soll.

Regierungsmitglied muss führen und entscheiden

In ihrer zweiten Empfehlung fordern die GPK den Chef VBS auf, bei künftigen Führungsentscheiden von einer gewissen politischen Tragweite den vorgesehenen Entscheidungsprozessen Rechnung zu tragen und die ihm unterstellten verantwortlichen Personen einzubeziehen. Zugleich soll er mit geeigneten Massnahmen auch für die Schaffung einer offenen und aktiven internen sowie externen Kommunikationskultur sorgen.

Dazu nimmt der Bundesrat wie folgt Stellung: Es ist Teil der vorgesehenen Entscheidungsprozesse, dass der Chef VBS als politisch Verantwortlicher in laufende Projekte eingreifen und solche auch sistieren kann. Wie jedes Mitglied des Bundesrates muss er sein Departement führen und als Regierungsmitglied Entscheide fällen. Es darf keinen technokratischen Automatismus geben, der sich der politischen Steuerung entzieht. Der Chef VBS war und ist sich der Tragweite seiner Entscheide bewusst. Er sucht den regelmässigen Austausch mit seinen direkt unterstellten Mitarbeitenden und steht ihnen jederzeit für Anliegen, Fragen und Anregungen zur Verfügung. Er pflegt und fordert eine offene und transparente Kommunikations- und Kritikkultur.

Die GPK des National- und Ständerates haben ihre Inspektion am 19. Mai 2016 eingeleitet, nachdem der Chef VBS am 22. März 2016 das Projektes BODLUV 2020 sistiert hatte. In ihrem am 26. Januar 2017 veröffentlichen Inspektionsbericht ersuchen die GPK den Bundesrat, bis am 27. April 2017 zu ihren Ausführungen und Forderungen Stellung zu nehmen.


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