Offizielle Ansprache von Bundespräsident Johann N. Schneider-Ammann

Bern, 17.10.2016 - Anlässlich des Staatsbesuchs des portugiesischen Präsidenten Marcelo Rebelo de Sousa vom 17. Oktober 2016

Es gilt das gesprochene Wort

Herr Präsident der Portugiesischen Republik,

Herr Minister,

Exzellenzen, meine Damen und Herren,

Es ist eine Ehre, Herr Präsident, Sie heute hier willkommen zu heissen. Mit Ihrem Besuch würdigen Sie die engen Bande, die zwischen unseren Ländern seit langem bestehen. Diese enge Verbindung ist insbesondere auch dem Umstand zu verdanken sind, dass rund 270'000 Portugiesinnen und Portugiesen in der Schweiz leben - damit bilden portugiesische Staatsangehörige die drittgrösste Ausländergruppe in unserem Land.

  • In den 60er und frühen 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren es vor allem Intellektuelle und Oppositionelle, politische Flüchtlinge, die von der Schweiz aus halfen, den Aufbruch zu neuen Ufern in Portugal vorzubereiten. Mit der Nelkenrevolution waren für diese Menschen die Umstände gegeben, in ihre Heimat zurückzukehren und den Aufbau eines neuen, freien Portugals mitzugestalten.
  • Später emigrierten Portugiesinnen und Portugiesen in die Schweiz, um hier zu arbeiten; sie tragen zur Prosperität unseres Landes bei und zu seiner kulturellen Vielfalt. Von diesem Austausch zwischen unsern Ländern profitieren beide Seiten - sowohl wirtschaftlich wie kulturell.

Es freut mich, Herr Präsident dass wir die bedeutende portugiesische Kolonie in der Schweiz anlässlich Ihres Besuchs würdigen können.  

Ein weiteres Thema, das in unseren Gesprächen zweifellos eine grosse Rolle spielen wird, ist die Europapolitik. Portugal ist in der Europäischen Union ein mittelgrosses Land, doch sind einige Wegmarken mit ihm verbunden. Ich denke dabei an den Vertrag von Lissabon, der 2007 unter der Ratspräsidentschaft Portugals unterzeichnet wurde, sowie an die Lissabonner Strategie aus dem Jahr 2000. Damit und mit der Nachfolge-Strategie „Europa 2020" will die EU zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt werden, mit einem auf Innovation gestützten, nachhaltigen Wachstum und mehr und besseren Arbeitsplätzen.

Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU, hat aber alles Interesse daran, dass Europa als Ganzes friedlich, stabil und prosperierend ist. Wir suchen derzeit nach Wegen, die Zuwanderung besser steuern zu können und gleichzeitig die Beziehung zur EU zu konsolidieren und weiterzuentwickeln. Und wir leisten als unabhängiges Land unseren Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Europas. Denn was uns auf unserem Kontinent verbindet - die gemeinsamen kulturellen Wurzeln und in vielen Fragen die gemeinsamen Ziele für die Welt von morgen - ist viel stärker, als was uns unterscheidet.

Ausgezeichnet ist die Zusammenarbeit unserer Länder auf multilateraler Ebene, im Rahmen der UNO. Es versteht sich von selbst, dass wir den neuen UNO-Generalsekretär António Guterres engagiert bei seiner Arbeit für den Frieden und den Schutz der Menschenrechte unterstützen.

Herr Präsident,

Herr Minister,

Ich habe von den hochqualifizierten portugiesischen Emigranten gesprochen. Architekten, Ingenieurinnen, IT-Spezialisten, Forscherinnen in Medizin, Raumfahrt oder den Umweltwissenschaften sind gefragt. Portugiesische Universitäten werden von immer mehr ausländischen Studierenden besucht. Es kommt nicht von ungefähr, dass der Web Summit als eine der weltweit grössten und einflussreichsten Veranstaltungen für Startups, Technologie und Innovation dieses und die nächsten Jahre in Lissabon stattfindet.

Portugal ist zu Recht stolz auf seine Universitäten, seine Forscherinnen und Wissenschafter. Es ist gewiss kein Zufall, dass die Global Platform for Syrian Students, die einer Ihrer Vorgänger, Herr Präsident, ins Leben gerufen hat, gerade in Portugal entstand, um syrischen Studierenden zu Studienplätzen zu verhelfen. Die Ressource „Wissen" wird bei Ihnen hoch geschätzt - wer wüsste das besser als Sie selbst als ehemaliger Hochschulprofessor?!

Wie Portugal ist auch die Schweiz auf die Exzellenz des universitären Bildungswesens bedacht. Dennoch bevorzugen zwei Drittel unserer Jugendlichen die Berufsbildung, eine solide Ausbildung in einem Betrieb, ergänzt durch eine theoretische Ausbildung in einer Berufsfachschule. Diese duale Berufsbildung, die die Bedürfnisse der Realwirtschaft berücksichtigt, ermöglicht den Jugendlichen nicht nur einen erleichterten Eintritt in die Arbeitswelt, sondern vermittelt ihnen auch früh berufliche Kompetenzen. Ergänzt durch lebenslanges Lernen trägt dieses Modell zur grossen innovativen Kraft unserer Wirtschaft bei.

Es liegt der Schweiz daran, den Austausch zu fördern zwischen theoretischer und praktischer Bildung. Doch es reicht nicht, diesen Austausch bloss intern zu pflegen. Es braucht den grenzüberschreitenden Austausch um den Wettbewerb zu stimulieren, den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt sowie die Innovation.

Aus diesem Grund ist mir die Vollassoziierung der Schweiz am Forschungsrahmenprogramm „Horizon2020" sehr wichtig. Die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des ganzen Kontinents entscheidet darüber, ob wir in Europa mit Blick auf die „Industrie 4.0" die Forschungs- und Arbeitsplätze sichern und den Wohlstand bewahren können.

Herr Präsident, die Beziehungen unserer Länder sind ausgezeichnet. Ich freue mich, darüber zu sprechen, wie wir diese Beziehungen weiter vertiefen können. Da es so viele Menschen gibt, die sowohl die Schweiz wie Portugal Heimat nennen, könnten die Voraussetzungen nicht besser sein. Noch einmal ganz herzlich willkommen in der Schweiz!


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