Bund, Kantone, Städte und Gemeinden legen Eckwerte der Notfallplanung Asyl fest

Bern, 14.04.2016 - Auch wenn die Zahl der Asylgesuche im März erneut abgenommen hat, müssen sich die Schweizer Behörden auf alle Eventualitäten vorbereiten. Denn die Entwicklung in den Konfliktregionen und entlang der Migrationsrouten bleibt trotz des umfassenden internationalen und schweizerischen Engagements schwierig einzuschätzen. Bund, Kantone, Städte und Gemeinden haben deshalb eine gemeinsame Notfallplanung für den Bereich Asyl erarbeitet und am Donnerstag die Eckwerte dazu verabschiedet. Der Bundesrat seinerseits wird sich an einer seiner nächsten Sitzungen ebenfalls mit dieser Notfallplanung befassen und die den Bund betreffenden Beschlüsse fassen.

Es ist nicht auszuschliessen, dass die Schweiz infolge veränderter Migrationsrouten im Laufe der nächsten Wochen oder Monaten mit einer hohen Anzahl Schutzsuchender konfrontiert ist. In der Überzeugung, dass eines solche Herausforderung nur im gegenseitigen Einvernehmen aller staatlichen Ebenen zu meistern ist, haben die involvierten staatlichen Gremien heute gemeinsam die Eckwerte einer Notfallplanung definiert. Diese enthalten eine klare Aufgabenzuordnung und bringen zum Ausdruck, dass Bund, Kantone, Städte und Gemeinden ihre Verbundaufgabe in enger Zusammenarbeit wahrnehmen und sich gegenseitig nach Möglichkeit unterstützen.

Die Beteiligten fassten die Beschlüsse anlässlich der Frühjahresversammlung der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) in Bern. An der Versammlung nahmen auch die Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) teil sowie Mitglieder der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK), Vertreterinnen und Vertreter des Städte- und des Gemeindeverbandes, des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und des Grenzwachtkorps (GWK).

Drei Szenarien als Planungsgrundlage

Weil sich die Entwicklung der Lage nicht voraussagen lässt, orientiert sich die Notfallplanung an drei Szenarien. Diese gehen von folgenden Annahmen aus: Szenario 1: Es gehen 10 000 Asylgesuche in 30 Tagen ein. Szenario 2: Es gehen während dreier Monate je 10 000 Asylgesuche ein. Szenario 3: Es kommt innert weniger Tage zu 30 000 irregulären Grenzübertritten.

Oberstes Ziel der der gemeinsamen Notfallplanung ist es, auch im Falle eines raschen und starken Anstiegs der Asylgesuche alle Asylsuchenden registrieren und überprüfen zu können, bevor sie in die Kantone verteilt werden. Zudem müssen alle Asylsuchenden untergebracht und betreut werden können. Die Eckwerte der Notfallplanung klären, wer welche Aufgaben übernimmt. Dabei waren sich die Beteiligten einig, dass die geltende Regelung der Kompetenzen und die übliche Aufgabenteilung zwischen den verschiedenen Partnern auf den drei staatlichen Ebenen grundsätzlich beibehalten werden können.

Klare Aufgabenteilung

Gemäss den Eckwerten der Notfallplanung bleibt der Bund für die Registrierung, Erstunterbringung sowie die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Er soll schwach begründete Asylgesuche und Dublin-Fälle weiterhin prioritär entscheiden. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) erhöht für die Erfüllung seiner Aufgaben die Unterbringungskapazität von heute rund 4600 auf 6000 Plätze, vorab mit militärischen Anlagen oder eigenen zivilen Objekten, in Szenario 3 auf bis zu 9000 Plätze. Das SEM und das VBS sorgen also grundsätzlich selber für die Erstunterbringung und verzichten zugunsten der Kantone grundsätzlich auf die Unterbringung von Asylsuchenden in Zivilschutzanlagen. Letztere können von den Kantonen in Betrieb genommen werden – notfalls gestützt auf die entsprechende Requisitionsverordnung. Die Kantone können dem Bund aber im Bedarfsfall Zivilschutzanlagen überlassen, so wie der Bund den Kantonen jene militärischen Anlagen zur Nutzung überlassen kann, die er selbst nicht braucht.  

Die Kantone stellen die Unterbringung und Betreuung der vom SEM zugewiesenen Asylsuchenden sicher. Weiter sorgen sie dafür, dass abgewiesene Asylsuchende ausreisen oder in ihren Herkunftsstaat zurückgeführt werden. Sie betreiben ihre eigene, kantonale Notfallplanung, setzen kantonale Führungsstäbe ein und unterstützen nach Möglichkeit mit ihren Polizeikorps das GWK bei aussergewöhnlich grossen Flüchtlingsbewegungen.

Das GWK verstärkt bei Bedarf die Kontrolle der Landesgrenzen in neuralgischen Abschnitten, sorgt für die Umsetzung der Rückübernahmeabkommen mit den Nachbarstaaten und unterstützt das SEM bei der Registrierung von Asylsuchenden. Das VBS seinerseits unterstützt das SEM bei der Suche und Bereitstellung geeigneter Asylunterkünfte. Ausserdem unterstützt das VBS nötigenfalls das GWK, das SEM und weitere Behörden mit bis zu 2000 Armeeangehörigen und Material, insbesondere in den Bereichen Logistik, Bau, Transport und Verkehr. Ein entsprechender subsidiärer Einsatz müsste bei Bedarf vom Bundesrat beschlossen werden.

Die Vorsteherin des EJPD, der Vorsteher des VBS könnten bei Bedarf in Absprache mit den Präsidenten der KKJPD und der SODK den Sonderstab Asyl (SONAS) einsetzen, der bereits 2011 für aussergewöhnliche Lagen geschaffen wurde. Der SONAS könnte beispielsweise eingesetzt werden, wenn innert 30 Tagen mehr als 6’000 Asylgesuche eingereicht werden oder wenn besondere Umstände einen raschen und starken Gesuchsanstieg als unmittelbar bevorstehend erscheinen lassen. Der SONAS würde alle Massnahmen in den Bereichen Unterbringung, Betreuung, Sicherheit und Kommunikation koordinieren.


Adresse für Rückfragen

(ab 17.30 Uhr):
KKJPD: Roger Schneeberger, +41 79 544 39 20
SODK: Gaby Szöllösy, +41 76 336 47 98
EJPD: Informationsdienst GS-EJPD, Guido Balmer, +41 58 462 18 18



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