Studie zu Wegfall der Bilateralen I: Bedeutende Einschnitte für Volkswirtschaft

Bern, 04.12.2015 - Der Bundesrat hat heute zwei wissenschaftliche Studien zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I und den erläuternden Bericht des Staatsekretariats für Wirtschaft (SECO) zur Kenntnis genommen. Die Studien zeigen: Bis 2035 würde das Bruttoinlandsprodukt zusammengerechnet 460 bis 630 Mrd. CHF tiefer ausfallen. Damit würde der Wegfall der Bilateralen I in weniger als 20 Jahren ungefähr ein heutiges «Jahreseinkommen» der Schweizer Volkswirtschaft kosten. Hinzu kämen weitere Einbussen aufgrund der verminderten Standortattraktivität und der Unsicherheit über die zukünftigen Beziehungen zur wichtigsten Handelspartnerin der Schweiz.

Die Annahme der Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» stellt das Prinzip der Personenfreizügigkeit grundsätzlich in Frage. Da die bilateralen Abkommen I durch die Guillotine-Klausel miteinander verbunden sind, würden im Falle einer Kündigung des Freizügigkeitsabkommens 6 Monate später die gesamten Bilateralen I wegfallen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) hat zwei unabhängige Forschungsinstitute, BAKBASEL und Ecoplan, damit beauftragt, die volkswirtschaftlichen Auswirkungen eines Wegfalls der Bilateralen I zu analysieren. 

Die Studien zeigen, dass der Wegfall der Bilateralen I ab 2018 bedeutende negative Auswirkungen für die Schweizer Volkswirtschaft hätte.

  • Gemäss Schätzung der Forschungsinstitute würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2035 um 4.9 Prozent (Ecoplan, ohne Forschungsabkommen), bzw. 7.1 Prozent (BAKBASEL) tiefer als im Szenario mit den Bilateralen I liegen.
  • Kumuliert über die Jahre bis 2035 entspricht dies einer Einbusse des Schweizer BIP von 460 bis 630 Milliarden Schweizer Franken oder ungefähr einem heutigen Jahreseinkommen der Schweizer Volkswirtschaft. Im Durchschnitt würde damit das BIP pro Jahr rund 32 Mrd. CHF tiefer liegen. Dies entspricht ungefähr der jährlichen Wirtschaftsleistung eines mittelgrossen Kantons wie St. Gallen oder des gesamten Schweizer Bausektors.
  • Das BIP pro Kopf würde 2035 um 1.5 Prozent (Ecoplan), bzw. 3.9 Prozent (BAKBASEL) tiefer als im Szenario mit den Bilateralen I liegen.

Die Kontingentierung der Zuwanderung würde das Arbeitsangebot verringern und die Kosten der Arbeitskräfterekrutierung erhöhen. Der Wegfall der weiteren Marktzugangsabkommen würde zu neuen Handelsbarrieren führen und den Marktzugang einschränken. Daraus würde eine Verschlechterung der Schweizer Wettbewerbsfähigkeit resultieren, was sich negativ auf den Aussenhandel auswirken und den inländischen Wettbewerb bremsen würde. Bei einem Wegfall des Forschungsabkommens muss mit einer verringerten Forschungseffizienz in der Schweiz gerechnet werden.

Ein Wegfall der Bilateralen I hätte einschneidende Veränderungen der Rahmenbedingungen zur Folge und führte insgesamt zu einer verminderten Standortattraktivität der Schweiz. Solche Effekte konnten von den Instituten aufgrund methodischer Herausforderungen nur teilweise erfasst werden. Hinzu kommen verschiedene Bestimmungen der Abkommen, deren Auswirkungen nicht in Zahlen ausgedrückt werden konnten, deren Wegfall sich aber ebenfalls negativ auswirken dürfte. Insofern ist davon auszugehen, dass die wirtschaftlichen Konsequenzen eines Wegfalls der Bilateralen I die ausgewiesenen Resultate der Schätzungen übersteigen. Bei einem Wegfall der Bilateralen I wären zudem das Fortbestehen weiterer Abkommen mit der EU sowie der Abschluss zukünftiger Marktzugangsabkommen ungewiss, was die Beziehungen zur bei weitem wichtigsten Handelspartnerin der Schweiz stark einschränken würde.

 

Methodisches Vorgehen

Um die Bedeutung der Bilateralen I zu bestimmen, vergleichen BAKBASEL und Ecoplan die simulierte Entwicklung der Schweizer Volkswirtschaft, einmal mit den Bilateralen I (Basisszenario) und einmal ohne die Bilateralen I (Szenario «Wegfall»).

Die jährliche Nettozuwanderung wird um 25% reduziert. Damit wird von der prognostizierten Zuwanderung der Teil weggerechnet, welcher gemäss Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich in den vergangenen Jahren dem FZA zugeschrieben werden kann. Eine wichtige Annahme besteht darin, dass nach der Kündigung des FZA, bzw. dem Wegfall der gesamten Bilateralen I, keine weiteren Reaktionen der Schweizer Politik und der EU berücksichtigt werden. Bei der Simulierung des Szenarios «Wegfall» geht es darum, die wegfallenden Bestimmungen der Abkommen in volkwirtschaftliche Effekte umzulegen und deren Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft zu messen. Die Forschungsinstitute arbeiten daher mit makroökonomischen Modellen, anhand deren diese Rückwirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft simuliert werden.


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Wirtschaftspolitik und Stellvertretender
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