Im E-Government auf die Menschen hören

Bern, 24.11.2015 - Begrüssungsreferat von Bundeskanzlerin Corina Casanova, 24. November 2015, Kulturcasino Bern

Meine sehr verehrten Damen und Herren

Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Einladung. Es ist das letzte Mal, dass ich mich in diesem Kreis und als Mitglied des Steuerungsausschuss an Sie wende. Nicht nur beende ich mein Mandat als Bundeskanzlerin. Wir treffen uns heute auch für eine Abschlussveranstaltung. Und dies im E-Government. Eigentlich undenkbar: E-Government geht doch immer weiter. Und so ist es ja auch: Dieser Abschluss bringt einen Neustart.

Der Abschluss von E-Government 2008-2015 ist die Gelegenheit, innezuhalten und die vergangenen Jahre Revue passieren zu lassen. Das werden Sie am heutigen Vormittag tun.

Für mich ist es die Gelegenheit, Ihnen zu danken. Als Mitglied des Steuerungsausschusses habe ich erlebt, welches Engagement Sie alle in den vergangenen Jahren an den Tag gelegt haben. Es war nicht immer einfach. Viel Überzeugungsarbeit war nötig – in alle Richtungen. Es galt, Widerständen entgegenzutreten. Diese kamen nicht nur von der Technik. Denn die ist uns ja meistens ohnehin einen Schritt voraus.

Wir haben gelernt: E-Government betrifft Menschen. E-Government verlangt neue Fähigkeiten. E-Government verändert unsere Arbeit und unsere Organisationen. E-Government verändert die Welt. Das entspricht absolut einer Notwendigkeit, aber damit tun wir uns oft schwer. Das ist eine der grossen Herausforderungen. Manchmal scheitern wir und zahlen Lehrgeld. Dennoch geht es vorwärts. Sie zeigen das mit Ihrer Arbeit. Sie zeigen, dass man die Schwierigkeiten meistern kann.

Mais nous pouvons nous féliciter d'avoir atteint des objectifs qui simplifient grandement Ia vie de chacun:

Remplir sa déclaration fiscale, par exemple, est presque devenu un jeu d'enfant.

Le portail des autorités suisses, ch.ch, répond 24 heures sur 24 aux questions des citoyens, en cinq langues.

Le géoportail fédéral, geo.admin.ch, est le successeur numérique des cartes nationales suisses réputées dans le monde entier. II a déjà reçu plusieurs prix.

L'économie et l'agriculture bénéficient aussi dans de nombreux domaines de procédures sans papier, qui peuvent être exécutées à n'importe quelle heure.

All dies trägt aber nur dann wirklich Früchte, wenn auch zwischen Behörden nicht mehr Akten verschoben werden, sondern Daten fliessen. Die Modernisierung der elektronischen Geschäftsverwaltung ist dafür eine Voraussetzung. Wenn dieses grosse Projekt einmal umgesetzt ist, hat E-Government einen wichtigen Meilenstein erreicht.

Gerade GEVER zeigt, dass wir mit E-Government noch nicht am Ziel sind. Sie haben in den vergangenen Monaten den Boden für die Fortsetzung bereitet. Anfang Jahr wird die neue Strategie und eine neue Rahmenvereinbarung in Kraft treten.

Für die kommenden vier Jahre haben Sie sich viel vorgenommen:

E-Government wird selbstverständlich sein.

Das steht als Vision in der neuen Strategie.

Selbstverständlich – das ist ein hoher Anspruch.

Was bedeutet das genau?

Wir finden in unserer direkten Demokratie vieles, was selbstverständlich ist. Das Abstimmen und Wählen per Brief zum Beispiel. Oder die Kommunikation in vier Landessprachen. Oder die Bundesverfassung.

Direkte Demokratie muss auch selbstverständlich sein. Denn wir wollen, dass alle Schweizerinnen und Schweizer ihre politischen Rechte verstehen und sie ausüben können. 

In der Informatik hat sich für das Selbstverständliche, das Selbsterklärende der Fachbegriff „Usability“ eingebürgert. Es heisst, dass ich etwas ohne langatmige Erklärung verstehe. Dass ich ein Gerät auspacken, einstecken und betreiben kann.

Selbstverständlich liegt nahe bei selbständig: Ich bin nicht auf fremde Hilfe angewiesen. 

Selbstverständlichkeit bedingt auch Vertrauen. Es funktioniert. Ich kann mich darauf verlassen, dass meine Stimme im Vote électronique richtig übermittelt und korrekt gezählt wird. Ich kann darauf zählen, dass meine Gesundheitsdaten nicht plötzlich im Internet auftauchen.

Sicherheit ist eine Voraussetzung für das Selbstverständliche. Die Systeme, die Sie bauen, müssen sicher sein. Informationen, die die Bürgerinnen und Bürger den Behörden anvertrauen, sollen nicht gehackt werden können. Sie müssen den Menschen aber auch zeigen, was sie selber für den sicheren Datenverkehr und den Informationsschutz tun können.

Die direkte Demokratie hat eine hohe „Usability“. Dies ist nicht über Nacht entstanden, sondern über Jahrzehnte entwickelt worden.

La digitalizzazione ci mette alla prova. Dobbiamo imparare, tutti noi, e per questo abbiamo bisogno di sostegno. Non di ammonimenti e di accuse, bensi di aiuto, spiegazioni e informazioni.

E dobbiamo avere pazienza. Perché, nonostante tutti i progressi nell'ambito del governo elettronico Ia «e» non deve essere una condizione per partecipare alla democrazia e per esercitare i diritti e i doveri.

Al momento ci sono ancora persone che non stanno al passo con Ia digitalizzazione, vuoi per convinzione politica, vuoi perché non hanno Ia perspicacia o i mezzi necessari.

Es wird immer Menschen in den verschiedensten Situationen und mit den unterschiedlichsten Vorstellungen geben. Ihre Lebenssituationen verändern sich. Sie übernehmen neue Aufgaben oder ziehen sich aus dem Berufsleben zurück. Ihre Bedürfnisse wandeln sich. Sie sind plötzlich mit ihren technischen Installationen auf sich allein gestellt und können nicht mehr auf einen Informatikdienst zählen. Aber: Sie wollen ihre Bedürfnisse und Interessen selber und selbständig wahrnehmen können. Und das sollen sie auch können.

Selbstverständlich heisst deshalb: Die Menschen haben auch in Zukunft die Freiheit und die Möglichkeit, ihr Leben, ihren Alltag oder auch ihre politischen Rechte und Pflichten selbständig und ohne Computer wahrzunehmen.

Direkte Demokratie ist selbstverständlich, weil ihre Verfahren von den Bürgerinnen und Bürgern entwickelt und von ihnen gutgeheissen wurden. 

Die Bürgerinnen und Bürger werden es Ihnen sagen, wieviel E-Government sie wollen und wann sie mehr E-Government wollen.

Hören Sie bei der Entwicklung von E-Government auf die Menschen, für die Sie E-Government entwickeln.

Dann werden Sie Ihre Vision verwirklichen. Ich wäre gern noch dabei gewesen bei der Realisierung der Vision. Jetzt überlasse ich es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundeskanzlei und Ihnen. Ich bin zuversichtlich, dass E-Government seinen Weg gehen wird, sofern die nötigen Ressourcen vorhanden sind.

Für den Weg dorthin wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg.


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