Schutz vor häuslicher Gewalt soll ausgebaut werden

(Letzte Änderung 09.10.2015)

Bern, 07.10.2015 - Der Bundesrat will Opfer von häuslicher Gewalt und Stalking besser schützen. Er hat dazu am Mittwoch verschiedene Änderungen im Zivil- und Strafrecht in die Vernehmlassung geschickt. Zudem hat der Bundesrat die Vernehmlassung über die Genehmigung der sogenannten Istanbul-Konvention des Europarates eröffnet. Diese soll sicherstellen, dass Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt europaweit auf einem vergleichbaren Standard bekämpft werden.

Aktuelle statistische Zahlen machen deutlich, dass häusliche Gewalt nach wie vor ein grosses gesellschaftliches Problem darstellt. Der Bundesrat erachtet es deshalb als notwendig, den Schutz gewaltbetroffener Personen zu verbessern.

Elektronische Fussfessel für Täter

Das geltende Recht sieht in Art. 28b des Zivilgesetzbuches (ZGB) unter anderem vor, dass das Gericht bei häuslicher Gewalt und Stalking ein Rayon- oder Kontaktverbot aussprechen kann. Neu soll das Gericht zur Durchsetzung eines solchen Rayon- oder Kontaktverbots anordnen können, dass die potentiell gewaltausübende Person eine elektronische Fussfessel oder ein elektronisches Armband tragen muss.

Zudem schlägt der Bundesrat vor, prozessuale Hürden im zivilrechtlichen Gewaltschutz abzubauen. So sollen in diesen Fällen keine Gerichtskosten mehr gesprochen und das bisher in bestimmten Fällen vorgesehene Schlichtungsverfahren abgeschafft werden. Um Schutzmassnahmen besser durchzusetzen und die Schnittstellenproblematik zu entschärfen, soll das Zivilgericht seinen Entscheid, soweit notwendig, der kantonalen Kriseninterventionsstelle (Polizei) sowie der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) mitteilen.

Im Sinne einer Begleitmassnahme will der Bundesrat mit den Kantonen zudem abklären, ob zusätzliche Schritte innerhalb der bestehenden Kompetenzordnung unternommen werden können, um den Schutz gewaltbetroffener Personen weiter zu optimieren.

Opfer entlasten

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 55a des Strafgesetzbuches müssen die Strafverfolgungsbehörden Strafverfahren wegen einfacher Körperverletzung, wiederholten Tätlichkeiten, Drohung oder Nötigung in Paarbeziehungen sistieren und nach Ablauf von sechs Monaten einstellen, wenn dies dem Willen des Opfers entspricht. Der Bundesrat will nun den Entscheid über den Fortgang des Verfahrens nicht mehr alleine in die Verantwortung des Opfers stellen. Vielmehr soll die Strafverfolgungsbehörde neben dem Willen des Opfers auch weitere Umstände berücksichtigen. War die Täterin oder der Täter bereits gewalttätig, so soll das Verfahren zwingend fortgesetzt werden. Schliesslich soll das Opfer vor der Einstellung des Verfahrens noch einmal angehört werden.

Istanbul-Konvention

Weiter hat der Bundesrat am Mittwoch die Vernehmlassung über die Genehmigung der sogenannten Istanbul-Konvention des Europarates eröffnet. Das Übereinkommen ist europaweit das erste bindende Instrument, das Frauen und Mädchen umfassend vor jeglicher Form von Gewalt, inklusive der häuslichen Gewalt, schützt. So müssen psychische, physische und sexuelle Gewalt, Stalking, Zwangsheirat, die Verstümmelung weiblicher Genitalien sowie Zwangsabtreibung und Zwangssterilisierung unter Strafe gestellt sein. Die Konvention enthält zudem Bestimmungen über die Prävention und den Opferschutz. Die Schweiz hat das Übereinkommen am 13. September 2013 unterzeichnet.

Das schweizerische Recht verfügt bereits heute über die notwendigen Strafbestimmungen. Die Umsetzung der Präventions- und Schutzbestimmungen für Opfer fällt zu einem grossen Teil in den Kompetenzbereich der Kantone. Diese verfügen in der Regel ebenfalls bereits über die von der Konvention geforderten Instrumente. In einzelnen Bereichen sind noch vertiefte Abklärungen zu treffen, namentlich bei der Frage, ob genügend Schutzunterkünfte für Opfer vorhanden sind und ob das bestehende Angebot an Telefonberatungen allenfalls auszubauen ist.


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