Konjunkturtendenzen und Prognosen der Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes – Sommer 2006*

Bern, 29.06.2006 - Schweizer Wirtschaft 2006 im Konjunkturhoch Angesichts der im bisherigen Jahresverlauf ausgesprochen lebhaften Konjunktur in der Schweiz und der guten kurzfristigen Aussichten erhöht die Expertengruppe des Bundes die Wachstumsprognose für das Jahr 2006 deutlich von 2,0 auf neu 2,7%. Für das kommende Jahr wird vor dem Hintergrund etwas weniger günstiger weltwirtschaftlicher und monetärer Rahmenbedingungen nach wie vor mit einer Verlangsamung des Aufschwungs auf 1,5% gerechnet.

Konjunkturlage
Die kräftige weltwirtschaftliche Expansion hat sich im ersten Halbjahr 2006 fortgesetzt, wobei sich im Euroraum, auch in Ländern mit bis anhin nicht breit abgestützter Konjunktur (namentlich Deutschland), vermehrt Anzeichen für eine Belebung der Binnenkonjunktur zeigten. Das internationale Wirtschaftswachstum könnte 2006 sogar nochmals leicht höher als im bereits starken Jahr 2005 ausfallen. Für das Jahr 2007 ist allerdings sowohl für die USA als auch für Europa und Asien eine leichte Konjunkturabkühlung wahrscheinlich. Zu dieser dürften die weniger günstigen Finanzmarktbedingungen beitragen, da sich der Anstieg der Geld- und Kapitalmarktzinsen fortsetzen wird und der starke Aufwärtstrend der Aktienmärkte zumindest unterbrochen scheint. Angesichts nachlassender positiver Impulse von den Finanzmärkten könnten zudem die negativen Konjunktureffekte der im Frühjahr 2006 erneut gestiegenen und annahmegemäss hoch bleibenden Ölpreise (bei rund 65 Dollar) stärker spürbar werden als in den letzten beiden Jahren.


In der Schweiz hat sich der Aufschwung im bisherigen Jahresverlauf weiter gefestigt; so nahm das reale BIP im 1. Quartal erneut kräftig zu (+0,9% gegenüber Vorquartal bzw. +3,5% gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal). Die Warenexporte verzeichneten seit Anfang 2006 eine ausserordentliche Dynamik und auch die Inlandnachfrage expandiert zügig. Die deutliche Wachstumsbeschleunigung bei den Ausrüstungsinvestitionen im 1. Quartal ist ein Indiz der zunehmenden Zuversicht bei den Unternehmen. Auch auf dem Arbeitsmarkt scheint die positive Trendwende vollzogen zu sein. Die seit dem 2. Quartal 2005 festzustellende leichte Zunahme der vollzeitäquivalenten Beschäftigung hat sich im 1. Quartal 2006 beschleunigt und die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit sinkt seit Spätherbst 2005 kontinuierlich (um durchschnittlich gut 2000 Personen pro Monat).


Konjunkturprognose
Auch für die zweite Jahreshälfte 2006 lassen die konjunkturellen Frühindikatoren für die Schweiz eine dynamische wirtschaftliche Entwicklung erwarten. Daher revidiert die Expertengruppe des Bundes ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2006 deutlich nach oben auf neu 2,7% (bislang 2,0%), womit das stärkste Wachstum seit dem Boomjahr 2000 (+3,6%) erreicht würde.


Für das kommende Jahr wird für die Schweizer Wirtschaft nach wie vor mit einer Verlangsamung gerechnet und die bisherige Wachstumsprognose von 1,5% für 2007 beibehalten. Dies bedeutet auf den ersten Blick zwar eine Abkühlung, was indes nicht als Abschwung, sondern als Normalisierung nach dem ausserordentlich guten Jahr 2006 zu interpretieren ist. So ist davon auszugehen, dass die erwartete Verlangsamung der Konjunktur in vielen derzeit stark expandierenden OECD-Regionen den Aussenhandel bremsen wird. Ebenfalls eine Rolle spielt, dass die während der letzten Jahre gute Baukonjunktur in der Schweiz, angesichts des mittlerweile erreichten hohen Investitionsniveaus, zu Ende gehen dürfte, zumal die Finanzierungskosten infolge anziehender Zinsen steigen. Mit nachlassender positiver Dynamik an den Finanzmärkten dürfte sich zudem die hohe Zunahme der Wertschöpfung im Finanzsektor verlangsamen.
Mit einer seit 2004 relativ guten Konjunkturlage und einem mittlerweile erreichten breiten Aufschwung sollte einer Fortsetzung der Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt nichts mehr in Wege stehen. Die Expertengruppe prognostiziert für 2006 eine Zunahme der vollzeitäquivalenten Beschäftigung um 0,8% und einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 3,3% im Jahresdurchschnitt 2006. Auch im nächsten Jahr dürfte die Verbesserung der Arbeitsmarktlage anhalten, wenn auch, angesichts der konjunkturellen Verlangsamung, in etwas geringerem Ausmass; die vollzeitäquivalente Beschäftigung dürfte 2007 um 0,5% zunehmen und die Arbeitslosenquote im Jahresmittel auf 2,8% sinken.


Konjunkturrisiken
Trotz der über Erwarten guten Konjunkturentwicklung der letzten Quartale ist der Ausblick nicht frei von Risiken. Ein erhebliches Unsicherheitspotenzial liegt nach wie vor bei den Finanzmärkten. So bleibt abzuwarten, ob nach der ausgeprägten Tiefzinsphase der letzten Jahre der Anpassungsprozess der Wirtschaftsakteure (international wie in der Schweiz) an wieder höhere Zinsen weiterhin reibungslos verläuft. Falls zudem die kurz- und langfristigen Zinsen nicht wie erwartet allmählich, sondern abrupt und deutlich anziehen würden (z.B. infolge steigender Inflationsängste in den USA), könnte dies die Konjunktur beeinträchtigen. Vor dem Hintergrund des ungebrochen hohen aussenwirtschaftlichen Defizits der USA bleibt darüber hinaus das Risiko eines starken Dollarverfalls zumindest latent bestehen. Auch ein neuerlicher Ölpreisschub als Folge möglicher Produktionsstörungen bei gewissen erdölexportierenden Ländern wäre plausibel. Auf der andern Seite könnte der Konjunkturaufschwung in der Schweiz, wie auch in einigen anderen Ländern, auch 2007 noch kräftig bleiben, sofern die durch die Belebung der Investitionen und des Arbeitsmarkts in Gang ge-kommene Eigendynamik die weniger günstigen weltweiten Bedingungen kompensieren.

Staatssekretariat für Wirtschaft
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* Die Expertengruppe des Bundes publiziert viermal pro Jahr (jedes Quartal) eine Prognose der konjunkturellen Entwicklung in der Schweiz. Die aktuelle Prognose vom 29. Juni 2006 wird in dieser Pressemitteilung kommentiert. Die «Konjunkturtendenzen» erscheinen in gedruckter Form als Beilage der Februar-, April-, Juli-, und Oktobernummern der Zeitschrift «Die Volkswirtschaft» http://www.dievolkswirtschaft.ch und sind auch als pdf-Datei abrufbar unter Link


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