Berufliche Vorsorge: Finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen im Jahr 2014

Bern, 12.05.2015 - Finanzierungslücke trotz Massnahmen der Vorsorgeeinrichtungen unverändert - Akzentuierte Tiefzinsphase verlangt weitere Anpassungen Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) hat im Rahmen der Vorstellung ihres dritten Tätigkeitsberichtes auch die aktuellen Zahlen zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen präsentiert. Nach drei guten Anlagejahren weisen die meisten Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz per Ende 2014 einen Deckungsgrad aus, der deutlich über 100% liegt. Die durchschnittliche Netto-Vermögensrendite betrug 6.8% (gegenüber 6.2% im Vorjahr). Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Grundproblematik der Tiefzinsphase weiter akzentuiert. Wegen dem tiefen Zinsniveau bleibt damit der Renditedruck unverändert hoch. Zudem fallen die den Altersleistungen zu Grunde liegenden Zinsgarantien im Durchschnitt um 0.5% höher aus als die für die Bewertung der Verpflichtungen verwendeten technischen Zinssätze.

Bern, 12. Mai 2015. Zur Sicherstellung einer möglichst aktuellen und aussagekräftigen Daten- und Faktenbasis zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen hat die OAK BV die erhobenen Kennzahlen der Vorsorgeeinrichtungen vereinheitlicht. Die Erhebung wird in enger Koordination mit den regionalen und kantonalen BVG-Aufsichtsbehörden durchgeführt. Bis Anfang April 2015 haben 93% (Vorjahr: 91%) der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen mit einer Bilanzsumme von 822 Milliarden Franken (Vorjahr: 730 Milliarden Franken) den Fragebogen der OAK BV ausgefüllt.

  

Aktuelle Lagebeurteilung

Die durchschnittliche Netto-Vermögensrendite betrug im Jahr 2014 6.8% (gegenüber 6.2% im Vorjahr). Per Ende 2014 lag der durchschnittliche Deckungsgrad bei den privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen und öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen ohne Staatsgarantie bei 113,5% (Vorjahr:110,8%). 90% (Vorjahr: 87%) dieser Einrichtungen wiesen einen Deckungsgrad von mindestens 100% aus.
Bei den öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie betrug der durchschnittliche Deckungsgrad 86,1% (Vorjahr 80,4%)

 

Aufhebung Euro-Mindestkurs durch die SNB

Der Entscheid der SNB vom 15. Januar 2015, den Euro-Mindestkurs aufzugeben und das Zielband für den Dreimonats-Libor weiter in den negativen Bereich auf –1.25% bis −0.25% zu verschieben, hat die bestehende Grundproblematik der Tiefzinsphase zwar weiter akzentuiert, aber nicht fundamental geändert.

Der überwiegende Teil der Vorsorgeeinrichtungen ist von den Wechselkursschwankungen nur in einem geringen Ausmass betroffen, da gemäss deren Anlagestrategie nur knapp 17% der Anlagen überhaupt Fremdwährungsrisiken ausgesetzt respektive nicht abgesichert waren. Zudem bestanden Fremdwährungsrisiken nicht nur gegenüber dem Euro, sondern auch gegenüber anderen Währungen, von denen sich insbesondere der US-Dollar, der für die Vorsorgeeinrichtungen die wichtigste Fremdwährung darstellt, innert Jahresfrist gegenüber dem Schweizer Franken  aufgewertet hat.

  

Tendenz zu risikoreicheren Anlagen

Risikoarme Anlagen wie Bundesobligationen werden in den nächsten Jahren aufgrund der tiefen oder zum Teil negativen Zinsen praktisch keinen Beitrag an den Anlageertrag mehr leisten können. Soll das Ertragsniveau gehalten werden, besteht ein Zwang, in risikoreichere Anlagen zu investieren. Die Vorsorgeeinrichtungen müssen prüfen, ob sie zusätzliche Anlagerisiken tragen wollen oder ob sie ihre Risikofähigkeit durch Veränderungen bei Leistung und Finanzierung verbessern können.

  

Finanzierungslücke bleibt unverändert bestehen

In den letzten 25 Jahren sind das Zinsniveau und somit die erwarteten Anlagerenditen von Vorsorgeeinrichtungen stetig gesunken. Aktuell fallen die langfristigen Zinsversprechen, welche den Altersleistungen zu Grunde liegen, im Durchschnitt 0.5% höher aus als die für die Bewertung der Verpflichtungen von der Vorsorgeeinrichtung verwendeten technischen Zinssätze. Zu hohe Renten können im Nachhinein nicht mehr gekürzt werden, sondern müssen von Arbeitgebern und aktiv Versicherten nachfinanziert werden.


Anpassungsbedarf

Der Trend zu tieferen technischen Zinssätzen hat sich 2014 erwartungsgemäss fortgesetzt. Die meisten Vorsorgeeinrichtungen haben den Handlungsbedarf erkannt und entsprechende Schritte eingeleitet. Trotzdem konnten weder die verwendeten technischen Zinssätze noch die BVG-Mindestzinssätze mit der deutlichen Senkung des Zinsniveaus mithalten.

Aufgrund des anhaltenden Tiefzinsumfelds und den gegenwärtig teilweise gar negativen Zinsen sind deshalb weitere Anpassungen absehbar, um die Vorsorgeeinrichtungen nachhaltig zu finanzieren. Dies betrifft insbesondere auch Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie, welche mehrheitlich hohe technische Zinsen und grosszügige Zinsversprechen verwenden. Es ist davon auszugehen, dass die betroffenen Gemeinwesen zu weiteren Anpassungen Hand bieten werden müssen.

  

Ausblick der OAK BV

Während der Finanzkrise hat sich gezeigt, dass Aufsichtsbehörden mit einem risikoorientierten Fokus schneller agieren und qualitativ bessere Massnahmen treffen konnten. Zusammen mit den regionalen Aufsichtsbehörden hat die OAK BV eine Arbeitsgruppe initiiert, welche die Verwendung von Risikokennzahlen nicht auf den Gesamtmarkt beschränken, sondern auf die einzelne Vorsorgeeinrichtung ausdehnen will. Ziel sind minimale Standards für eine praxistaugliche Risikoprüfung.

Die Arbeitsgruppe hat ihren Fokus dabei auf die risikoorientierte Führung gesetzt, welche in der Verantwortung des obersten Organs der Vorsorgeeinrichtung liegt. Die Aufsichtsbehörden prüfen in erster Linie, ob und inwieweit eine solche risikoorientierte Führung wahrgenommen wird.

Dazu schlägt die Arbeitsgruppe vor, dass die OAK BV bestimmte Risikokennzahlen für obligatorisch erklärt.

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV)
Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV ist eine unabhängige Behördenkommission. Sie wird vollständig
über Abgaben und Gebühren finanziert. Für die Direktaufsicht der Vorsorgeeinrichtungen sind die insgesamt
neun kantonalen / regionalen Aufsichtsbehörden am Sitz der jeweiligen Einrichtung zuständig. Deren Oberaufsicht durch
die OAK BV erfolgt ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung und unabhängig von Weisungen des Parlamentes und
des Bundesrates. Direkt von der OAK BV beaufsichtigt werden hingegen die Anlagestiftungen sowie der Sicherheitsfonds
und die Auffangeinrichtung
Mit Blick auf das Ziel, die finanziellen Interessen der Versicherten verantwortungsbewusst und zukunftsgerichtet wahrzunehmen,
operiert die OAK BV auf der Basis einer einheitlichen und risikoorientierten Aufsicht. Mit ihren in einen
volkswirtschaftlichen und langfristig ausgerichteten Kontext eingebetteten Massnahmen und Entscheiden will die neue
Behörde in erster Linie zu einer konsequenten Verbesserung der Systemsicherheit sowie von Rechtssicherheit und
Qualitätssicherung beitragen.
Zur Sicherung der Systemstabilität und damit der Vorsorgegelder der Versicherten ist eine Stärkung der risikoorientieren
Führung der Vorsorgeeinrichtungen aber auch der Aufsichtstätigkeit anzustreben. Das Gesetz stellt hier der OAK BV
das Instrument der Weisung zur Verfügung. So kann die OAK BV Weisungen für die Tätigkeit der Experten für berufliche
Vorsorge, der Revisionsstellen sowie für die Aufsicht erlassen.


Adresse für Rückfragen

Manfred Hüsler
Direktor Sekretariat OAK BV
Tel. Nr. 058 462 94 93
manfred.huesler@oak-bv.admin.ch



Herausgeber

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge
http://www.oak-bv.admin.ch

Bundesamt für Sozialversicherungen
http://www.bsv.admin.ch

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-57219.html