Small can be beautiful – if you’re not alone

St. Gallen, 07.05.2015 - Rede von Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF 45th St. Gallen Symposium

„Small is beautiful".

Damit meine ich nicht etwa das St. Galler Symposium und schon gar nicht seine Ausstrahlung.

Ich meine vielmehr die Tatsache, dass ein Land wie die Schweiz, das gemessen an Bevölkerung und Fläche zweifellos nicht zu den Grossen gehört, dass ein solches Land dennoch Spitzenränge besetzt, wenn es um Wirtschaftskraft, Innovation und Konkurrenzfähigkeit geht.

Dear Ministers and Prime-Ministers
Ladies and Gentlemen

Es ist mir eine grosse Freude und Ehre, Ihnen zur Eröffnung des 45. St. Gallen Symposium die besten Grüsse der Schweizer Landesregierung zu überbringen. „Proudly small" - so übertiteln Sie Ihr diesjährige Symposium. Gerne nehme ich Ihre Aufforderung wahr, einige persönliche Gedanken zu diesem Thema mit ihnen zu teilen.

Als Vertreter eines kleinen Landes, kann ich sozusagen aus dem Vollen schöpfen und mich dabei auf die eigene, erfolgreiche Geschichte abstützen. Die Stärke der Schweiz hat verschiedene Gründe. Neben der direkten Demokratie ist es vor allem einer: unsere liberale Wirtschaftsgesetzgebung.

Unsere freiheitliche Wirtschaftsordnung ist der Boden, auf dem eine Vielzahl von äusserst innovativen Klein- und Mittelunternehmen in Kombination mit wenigen, aber international sehr kompetitiven Grosskonzernen zu einer äusserst potenten Volkswirtschaft zusammenwachsen.

Die freiheitliche Wirtschaftsgesetzgebung geht Hand in Hand mit einer fast 80-jährigen Kultur der Sozialpartnerschaft. Eine Vertrauens-Partnerschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die auf verlustreiche Arbeitskämpfe verzichtet und die viele Regulierungen unnötig macht, nach dem Motto „Vertrag statt Gesetz". Das trägt entscheidend zur Produktivität der Wirtschaft beiträgt.

Als weiteres, wesentliches Element unseres Erfolgs nenne ich unser einzigartiges duales Bildungssystem mit der Berufsbildung, das theoretische und praktische Berufsausbildung auf ideale Weise zusammenbringt.

Dieses duale System ist umso erfolgreicher, weil es eine ideale Ergänzung ist zu einem exzellenten Hochschulsystem. Zusammen mit Hochschulen von Weltklasse entsteht so ein ausserordentlich wettbewerbsfähiger Werk-, Denk- und Forschungsplatz Schweiz.

Ausdruck davon ist nicht nur das hohe BIP. Mir noch wichtige ist die äusserst tiefe Arbeitslosigkeit von rund 3 Prozent, besonders was die Jugend angeht. Wenn ich von hochklassigen Hochschulen spreche, denke ich nicht etwa nur an die Technischen Universitäten.

Ich denke ebenso an Universitäten wie diese hier in St. Gallen, die sich mit bloss 8000 Studierenden als die beste öffentliche Wirtschaftsuniversität Europas etabliert hat. Auch hier gilt also: small and beautiful.

Nun, meine Damen und Herren,

Es wäre wohl unklug, naiv oder gar arrogant, unkritisch das Hohelied der Kleinheit zu singen. Denn Kleinheit hat auch eine andere Seite. Wer klein ist, hat kleine Hebel. Wer klein ist, kann Skaleneffekte nicht nutzen. Wer klein ist, ist mitunter auch angreifbar. Das zeigt sich in unserm Land in diesen Tagen besonders, wo der starke Franken Teilen unserer Wirtschaft grosse Sorgen bereitet.

Der Wohlstand in kleinen Ländern, wie dem unseren hängt ganz direkt davon ab, wie erfolgreich die Exportwirtschaft arbeitet. Unsere hochqualifizierte Export-Industrie und unser Tourismus stehen unter gewaltigen Druck. Aber, ich bin zuversichtlich - die Schweiz wird ein attraktiver Standort bleiben. Voraussetzung ist allerdings, dass die Kleinheit weiterhin mit einer ausgezeichneten internationalen Vernetzung ergänzt werden kann.  

In einer globalisierten Welt, welche nationale Grenzen herausfordert, geht es nicht ohne Zusammenarbeit über eben diese Grenzen hinaus. Weder wirtschaftlich noch politisch. Um es auf eine Kurzformel zu bringen: Klein und fein - aber nicht allein.

Der Weg der Schweiz als kleines Land mit einer offenen Volkswirtschaft führt neben dem Engagement in internationalen Organisationen - ich nenne die WTO - vor allem über eine aktive bilaterale Marktöffnungspolitik.

Mit unserem wichtigsten Wirtschaftspartner, der EU, haben wir den gegenseitigen Marktzugang und die Zusammenarbeit mit den bilateralen Verträgen geregelt. Diese Verträge sind für uns unverzichtbar. Mit zahlreichen anderen Partnern haben wir Freihandelsabkommen abgeschlossen. Da haben wir auch keine Angst vor grossen „Tieren", wie der Abschluss des Abkommens mit China beweist.

Verträge schaffen Verbindlichkeit und Rechtssicherheit und damit die Basis für solide wirtschaftliche und politische Partnerschaften. Darauf sind Kleine besonders angewiesen. Das ist die Basis, auf der Wirtschaft Wohlstand schafft.

Lassen Sie mich zusammenfassen: unser kleines Land schöpft seine Stärke aus seiner direkten Demokratie, wir pflegen eine liberale Wirtschaftsgesetzgebung, Sozialpartnerschaft, eine hervorragende Bildung und stabile Partnerschaften.

Dann besteht auch keine Gefahr, die Unabhängigkeit zu verlieren, die Unabhängigkeit beispielsweise, sich mit denen zu verbünden und zu befreunden, die man als Verbündete oder Freunde haben will - aus freien Stücken, nicht weil man der Not gehorchen muss. Das bedeutet wirkliche Souveränität - das ist Freiheit. Und dafür täglich zu kämpfen, das ist es, was sich lohnt.

Indem Sie am internationalen Netzwerk der Schweiz mitbauen und den guten Ruf unseres Landes in die Welt hinaus tragen, leisten auch Sie mit dem St. Gallen Symposium einen wichtigen Beitrag dazu, dass wir auch künftig „proudly small" sein können.

Sie haben hier 200 junge Talente aus über 50 Ländern versammelt, Talente, die dank ihnen über Jahre mit unserm Land und seinen Werten verbunden bleiben. Ich freue mich sehr, die besten von Ihnen in einigen Minuten mit dem „St. Gallen Wings of Excellence Award" auszuzeichnen.

Ich wünsche Ihnen spannende Diskussionen und fruchtbare Gespräche und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Es gilt das gesprochene Wort


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