1914–1918: Die Schweiz im Propagandakrieg

Bern, 19.08.2014 - Im Ersten Weltkrieg war die Schweiz dem Zerbrechen nahe. Den Grund dafür zeigt die Ausstellung „Im Feuer der Propaganda“: eine grosse innere Zerrissenheit, verstärkt durch massive in- und ausländische Propaganda. Zu sehen ist die Ausstellung vom 21. August bis zum 9. November 2014 im Museum für Kommunikation und in der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern. Es ist die erste Ko-Produktion der beiden Institutionen.

Exakt vor hundert Jahren brach die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ über Europa ein: Der Erste Weltkrieg erschütterte den Kontinent während vier Jahren. Auch wenn die Schweiz nicht direkt am Krieg beteiligt war – das Land befand sich in einem äusserst kritischen Zustand. Von allen Seiten wurde es mit massiver Propaganda zugedeckt. Würde es die Zerreissprobe zwischen der mit Frankreich sympathisierenden Romandie und der deutschfreundlichen Deutschschweiz überstehen?

Die Ausstellung Im Feuer der Propaganda. Die Schweiz und der Erste Weltkrieg ist die erste Ko-Produktion des Museums für Kommunikation und der Schweizerischen Nationalbibliothek. Sie zeigt den Propagandakrieg und die grosse innere Zerrissenheit der Schweiz während dem Ersten Weltkrieg. Die rund zweihundert ausgestellten Dokumente stammen mit wenigen Ausnahmen aus den Sammlungen der beiden Häuser. Fast alle sind im Original zu sehen. Dabei handelt es sich um Zeitungen und Zeitschriften, Plakate und Postkarten, Fotografien und Grafik, Flugblätter und Depeschen, Manuskripte, Bücher und Filme. Die Ausstellung beginnt im Museum für Kommunikation mit einem Einstieg in die Thematik. In der Schweizerischen Nationalbibliothek wird sie weitergeführt und vertieft. 

Deutsch gegen Welsch 

Europa wurde zwischen 1914 und 1918 vom Ersten Weltkrieg erfasst und zerrissen. Obwohl die Schweiz vom eigentlichen Krieg verschont blieb, war auch sie im Kriegszustand. Die Armee wurde mobilisiert, die Grenzen besetzt, der Bundesrat erklärte die Neutralität. Dennoch zog sich ein Graben durch das Land. Während ein grosser Teil der Deutschschweiz stark mit Deutschland und Österreich-Ungarn sympathisierte, schlug das Herz der Westschweiz mehrheitlich für Frankreich und seine Verbündeten.

Der Propagandakrieg 

Die innere Zerrissenheit wurde auch von den ausländischen Kriegsmächten wahrgenommen und genutzt. Sie nutzten die Situation für einen in diesem Ausmass erstmals geführten Propagandakrieg auf dem Territorium der Schweiz. In der ungewissen Zeit des Kriegsbeginns waren die Zeitungen weitgehend von kontrollierten Informationen aus dem Ausland abhängig. Ab 1915 wurde die Situation noch kritischer, da sich die deutsche Propaganda die geheime Kontrolle über Deutschschweizer Zeitungen und die französische die über die Presse in der Romandie sicherte. Die kriegsführenden Mächte liessen nichts unversucht, um die öffentliche Meinung in der Schweiz zu beeinflussen: Sie gründeten gar eigene Zeitschriften und Presseagenturen. In den letzten Kriegsjahren setzten sie zudem die Kultur für ihre Zwecke ein, indem sie Theater und Kinos aufkauften und in den Städten grosse Ausstellungen organisierten.

Die Frage der schweizerischen Identität 

Der tiefe Graben forderte die Schweiz innenpolitisch stark heraus. Die komplexe Frage der nationalen Identität wurde heftig debattiert. Schriftsteller, Intellektuelle und Politiker setzten sich für den inneren Zusammenhalt ein. Carl Spitteler etwa hielt auf Einladung der Neuen Helvetischen Gesellschaft am 14. Dezember 1914 seine Rede Unser Schweizer Standpunkt. 1918, am Ende des Ersten Weltkriegs, hatte sich die politische Karte Zentraleuropas vollständig verändert. Die Grenzen der Schweiz aber blieben bestehen. Wenn auch politisch geeint, so blieb das Land nach dem Krieg in sozialer und kultureller Hinsicht tief gespalten. In diesem Klima sprossen die Wurzeln der Geistigen Landesverteidigung, die die Schweizer Politik über den Zweiten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre hinein prägte.

Spezialführungen und Podiumsdiskussion 

Die Ausstellung wird am Abend des 20. August eröffnet und dauert bis am 9. November 2014. Sie wird von einer Reihe kostenloser Spezialführungen begleitet. Kunsthistorikerinnen, Literaturarchivare und Architekturhistoriker führen aus dem Blickwinkel ihres Fachgebiets durch die Ausstellung. So geben etwa Walther Fuchs und Osamu Okuda am 23. September einen tieferen Einblick in die Deutsche Werkbundausstellung in Bern. Diese Ausstellung wurde im Jahr 1917 von Deutschen in einem Pavillon auf dem Boden der heutigen Nationalbibliothek und des Museums für Kommunikation erstellt.

Am 21. Oktober diskutieren die Werberin Regula Fecker, die Medienwissenschaftlerin Franziska Oehmer und der Kommunikationsberater Iwan Rickenbacher über das Thema War Propaganda gestern? Politische Kommunikation heute. Moderiert wird das Podium von Christine Hubacher von SRF.

Weitere Informationen zu der Ausstellung, zu den Führungen und zu Veranstaltungen sind auf den Webseiten www.nb.admin.ch/propaganda und www.mfk.ch zu finden.


Adresse für Rückfragen

Peter Erismann, Projektleiter und Ko-Kurator
Schweizerische Nationalbibliothek
Tel. 058 462 68 44
peter.erismann@nb.admin.ch

Alexandre Elsig, Historiker und Ko-Kurator
Tel. 078 769 11 11
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