Bundesrat will mit einer Verrechnungssteuerreform den Kapitalmarkt stärken

Bern, 02.07.2014 - Die Verrechnungssteuer soll differenzierter ausgestaltet werden und namentlich die Kapitalaufnahme im Inland, einschliesslich der Emission von Bail-In-Bonds der Grossbanken, erleichtern. Gleichzeitig soll die Steuer ihre Sicherungsfunktion besser erfüllen. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, unter Einbezug der Expertengruppe „Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie“ eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage auszuarbeiten.

Die Verrechnungssteuer trägt substantiell zu den Bundeseinnahmen bei und übt eine Sicherungsfunktion für die Einkommens- und Vermögenssteuern aus (vgl. Kasten). Die heutige Ausgestaltung der Steuer weist allerdings Nachteile auf. Schweizerische Konzerne vermeiden die Steuer, indem sie ihre Finanzierungen häufig über ausländische Gesellschaften abwickeln. Als Folge davon entsteht den Unternehmen Aufwand für den Unterhalt der ausländischen Strukturen, und der Sicherungszweck der Verrechnungssteuer verfehlt teilweise sein Ziel.

Ein Wechsel zum sogenannten Zahlstellenprinzip erlaubt es, diesen Problemen entgegen zu wirken. Er ermöglicht eine Steuererhebung abhängig von der Person des Investors (natürliche oder juristische Person, Wohnsitz in der Schweiz oder im Ausland) und des Ertrages (Dividenden, Zinsen). Die Steuer kann damit differenzierter erhoben werden als im heutigen System, in welchem sie in sämtlichen Konstellationen vom Schuldner der Leistung in vollem Umfang erhoben werden muss - so etwa auch bei Pensionskassen, bei welchen kein Sicherungsbedürfnis besteht. Vor diesem Hintergrund erachtet der Bundesrat eine Reform als erfolgsversprechend.

Im Unterschied zum Schuldnerprinzip kann eine Steuer nach Zahlstellenprinzip neben Erträgen von inländischen auch solche von ausländischen Schuldnern erfassen, sofern der steuerbare Ertrag über eine Schweizerische Zahlstelle dem Investor ausgerichtet wird. Damit wird eine Gleichschaltung zur Einkommens- und Vermögenssteuer erreicht.

Ein grundsätzlicher Nachteil des Systemwechsels besteht darin, dass für in der Schweiz wohnhaften Personen ein Anreiz geschaffen wird, ihre Vermögenswerte zu einer ausländischen Bank zu verschieben. Diesem Risiko kann begegnet werden, indem die Schweiz in diesen Fällen Meldungen des Auslands im Rahmen des internationalen automatischen Informationsaustauschs erhält.

Die Reform ermöglicht es, zwei weiteren Herausforderungen zu begegnen. Zum einen würde das neue Regelwerk vorteilhafte Rahmenbedingungen auch für Bail-In-Bonds der Grossbanken bieten. Zum anderen kann verhindert werden, dass sich im Zuge der Einführung des internationalen automatischen Informationsaustauschs ein Methodendualismus von Meldungen einerseits und der Erhebung von Sicherungssteuern andererseits ergibt. Auf Erträgen ausländischer Bankkunden, die künftig an das Ausland gemeldet werden, soll nicht zusätzlich zu einer allfälligen Residualsteuer auch noch eine Sicherungssteuer erhoben werden.

Bisherige Schritte

Als steuerliche Massnahme zur Stärkung des Kapitalmarktes im Inland hatte der Bundesrat am 19. Dezember 2012 den Auftrag erteilt, die Möglichkeit des Übergangs vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip bei der Verrechnungssteuer zu prüfen. Eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des EFD, der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) und der Wissenschaft verfasste darauf hin einen entsprechenden Bericht. Ferner hat auch die Expertengruppe „Weiterentwicklung der Finanzmarktstrategie" in einem Zwischenbericht Stellung genommen und den Wechsel vom Schuldner- zum Zahlstellenprinzip empfohlen.

Verrechnungssteuer und Zahlstellenprinzip

Die Verrechnungssteuer wird auf Zinsen, Dividenden, Lotteriegewinnen und bestimmten Versicherungsleistungen erhoben. Die Verrechnungssteuer sichert die Besteuerung inländischer Erträge, indem die Rückerstattung voraussetzt, dass die entsprechenden Erträge in der Steuererklärung deklariert werden. Danach wird die Verrechnungssteuer mit den Kantons- und Gemeindesteuern verrechnet oder in bar zurückerstattet. Das Steueraufkommen der Verrechnungssteuer belief sich im Jahr 2013 auf rund 5,9 Milliarden Franken. Ein grosser Teil der Einnahmen stammt von Zins- oder Dividendenzahlungen an ausländische Begünstigte. Diese können die Verrechnungssteuer in vielen Konstellationen nicht oder nur teilweise zurückfordern. Weitere Einnahmen entstehen dadurch, dass die Rückforderung der Verrechnungssteuer ausbleibt. Grund dafür kann Nachlässigkeit, das Vermeiden von administrativem Aufwand bei der Rückforderung oder auch Steuerhinterziehung sein.

Die Verrechnungssteuer wird heute beim Schuldner der steuerbaren Leistung nach dem Schuldnerprinzip erhoben. Schuldner kann beispielsweise eine Gesellschaft sein, die eine inländische Obligation ausgibt. Fallen darauf Zinsen an, so überweist die Gesellschaft den Nettoertrag von 65% dem Leistungsbegünstigten und den Steuerabzug von 35% der Eidg. Steuerverwaltung. Beim Zahlstellenprinzip hingegen überweist der Schuldner den gesamten Bruttoertrag der Zahlstelle. Die Zahlstelle entscheidet in Abhängigkeit von der Person des Investors darüber, ob im konkreten Fall eine Verrechnungssteuer zu erheben ist.


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Fabian Baumer, Vizedirektor, Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV
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