BAFU-Studie zeigt: Viele Wertstoffe landen im Abfall statt in der Sammelstelle

Bern, 28.01.2014 - Der Kehricht in der Schweiz besteht zu einem Fünftel aus Stoffen, die verwertbar wären. Das zeigt die am 28. Januar 2014 präsentierte Studie «Erhebung der Kehrichtzusammensetzung 2012» des Bundesamtes für Umwelt BAFU. Die separate Sammlung und Wiederverwertung wertvoller Stoffe kann demnach weiter ausgebaut werden. Auf diese Weise würden Stoffkreisläufe geschlossen und gleichzeitig Schadstoffe entfernt. Der Bundesrat fördert den schonenderen Umgang der natürlichen Ressourcen mit seinen Bestrebungen für eine Grüne Wirtschaft.

Die Menge an Hauskehricht beträgt derzeit gut 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr. Das sind knapp 8 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Das zeigt die «Erhebung der Kehrichtzusammensetzung 2012». Der Kehricht macht knapp einen Drittel der gesamten Siedlungsabfälle aus (siehe Kasten 1).

Das BAFU ermittelt die Zusammensetzung des Kehrichts seit 1982 im Zehnjahresrhythmus. Für die aktuelle Erhebung wurde der Inhalt von 16,5 Tonnen Kehrichtsäcken von 33 Gemeinden sortiert und in 18 verschiedene Abfallkategorien eingeteilt. Dabei wurden erstmals auch die Nahrungsmittel separat aussortiert (siehe Kasten 2).

Bleibende Verwertungspotenziale

Gemäss dieser Erhebung landen viele rezyklierbare Stoffe im Kehricht. Schätzungsweise rund ein Fünftel oder 340'000 Tonnen des Kehrichts wären noch verwertbar gewesen. Zwei Drittel dieser ungenutzten Wertstoffe entfallen auf so genannte biogene Abfälle - also Abfälle, die sich kompostieren oder vergären lassen. Sie machten nicht nur den grössten Anteil am Kehricht aus, sondern sie haben seit 2001 auch deutlich zugenommen (siehe Faktenblatt). Dies, obschon in vielen Gemeinden Grüngutsammlungen bestehen.

Papier und Karton im Kehricht sind gegenüber der letzten Untersuchung anteilsmässig zurückgegangen: Papier von 16 auf 13.5 Prozent, Karton von 4 auf 3.8 Prozent. In absoluten Zahlen: Im Kehricht fanden sich rund 220'000 Tonnen Papier, rund ein Viertel davon - in erster Linie Zeitungen - wären verwertbar gewesen. Zudem gelangten 63'000 Tonnen Karton in den Abfall, ebenfalls rund ein Viertel davon verwertbar.

Auch beim Glas werden trotz eines flächendeckenden Sammelsystems und hohem Rücklauf jährlich mehr als 60'000 Tonnen im Kehricht entsorgt, wovon schätzungsweise 16'000 Tonnen noch verwertbar wären. Ebenso finden sich rund 8'000 Tonnen PET-Getränkeflaschen im Hauskehricht.

Aus diesen Zahlen geht hervor, dass die getrennte Sammlung wertvoller Stoffe ausgebaut werden kann. Ihre Verwertung würde dazu beitragen, Stoffkreisläufe zu schliessen, wodurch die natürlichen Ressourcen geschont würden. Dieses Ziel verfolgt auch der Bundesrat mit der Grünen Wirtschaft. Er hat dafür im März 2013 den Aktionsplan Grüne Wirtschaft verabschiedet, der auch Massnahmen im Bereich Abfall und Rohstoffe vorsieht (siehe Kasten 3).

Sackgebühren helfen, Abfallmengen und Wertstoffe im Abfall zu reduzieren

Die Erhebung offenbart ausserdem grosse Unterschiede bei den Kehrichtmengen pro Person und Jahr. So haben ländlich geprägte Gemeinden markant geringere Kehrichtmengen unterhalb des Durchschnitts, touristisch geprägte dafür markant höhere. Den grössten Einfluss auf Menge und Zusammensetzung des anfallenden Abfalls hat aber das Gebührensystem. Gemeinden, die für den Kehricht eine Gewichts- oder eine Sackgebühr erheben, entsorgen pro Einwohner und Jahr durchschnittlich gut 80 Kilogramm weniger Kehricht als Gemeinden ohne verursachergerechtes Gebührensystem.

In Gemeinden mit verursachergerechten Abfallgebühren landen insbesondere weniger Glas, Zeitungen und Karton im Kehricht. Dies deutet darauf hin, dass die Möglichkeit zur Separatsammlung in diesen Gemeinden deutlich besser genutzt wird. Mit Sackgebühren steht den Gemeinden somit ein griffiges Instrument zur Verfügung, mit dem sie auf die Abfallmenge sowie auf die Menge wertvoller Stoffe im Kehricht Einfluss nehmen können.

Rund 20 Prozent der Bevölkerung lebt heute noch in Gemeinden ohne Sackgebühren. Würden auch diese Gemeinden verursachergerechte Abfallgebührensysteme einführen, liessen sich laut Hochrechnungen jedes Jahr 11'000 bis 20'000 Tonnen Papier und Karton und 4000 bis 12'000 Tonnen Glas verwerten, die heute mit dem Hauskehricht entsorgt werden und als Rohstoffe verloren gehen.


KASTEN 1:
Siedlungsabfälle

Rund 5.6 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle pro Jahr fallen in der Schweiz an. Das sind rund 690 Kilogramm pro Person. Davon werden 2.8 Millionen Tonnen separat gesammelt und verwertet. Die andere Hälfte wird in Kehrichtverbrennungsanlagen verbrannt, wobei die anfallende Wärme genutzt wird. Die verbrannten Siedlungsabfälle umfassen den Kehricht aus Haushalten (gut 1.6 Millionen Tonnen) sowie den Kehricht aus Industrie- und Gewerbebetrieben (rund 1.2 Mio. Tonnen). Nicht zu den Siedlungsabfällen gehören Produktionsabfälle aus Industrie und Gewerbe, Bauabfälle, Klärschlamm und Sonderabfälle.


KASTEN 2:
Nahrungsmittel im Kehricht

Bei der Erhebung der Kehrichtzusammensetzung 2012 wurde erstmals auch der Anteil der Nahrungsmittel im Kehricht erhoben - als Unterkategorie der biogenen Abfälle. Ergebnis: Fast ein Sechstel des in der Studie untersuchten Hauskehrichts bestand aus Nahrungsmitteln. Pro Person landeten im Erhebungsjahr mehr als 30 Kilogramm Nahrungsmittel im Kehricht. Hochgerechnet auf die ganze Schweiz sind es 251'000 Tonnen, davon 15'000 Tonnen Fleisch und Fisch sowie 236'000 Tonnen übrige Nahrungsmittel.

Der Anteil von Fleisch und Fisch im Kehricht betrug knapp 1 Prozent. Dabei handelte es sich vorwiegend um Frischfleisch und -fisch. Bei den übrigen Nahrungsmitteln bestand der Grossteil aus angebrauchten und ganzen Nahrungsmitteln wie Brot, Früchten und Gemüsen; rund 10 Prozent bestand aus gekochten Speiseresten; ungeöffnete Lebensmittel mit abgelaufenem Verbrauchsdatum machten etwa 20 Prozent aus.

Die Nahrungsmittel im Hauskehricht zeigen nur einen Teil der gesamten Nahrungsmittelverschwendung auf. Schätzungen gehen davon aus, dass in der Schweiz rund ein Drittel der Nahrungsmittel weggeworfen werden. Ungefähr die eine Hälfte dieser Lebensmittelabfälle fällt bei der Produktion, die andere beim Endkonsumenten an. Ein Teil dieser Abfälle wird im Haushaltskehricht entsorgt. Aber auch in der Gastronomie und Restauration landen Nahrungsmittel im Kehricht anstatt in der separaten Sammlung biogener Abfälle, wo sie noch vergärt und energetisch genutzt werden könnten.

Auf Bundesebene arbeitet eine Projektgruppe der Bundesämter für Landwirtschaft, Umwelt, Gesundheit, Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLW, BAFU, BAG und BLV) sowie der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) daran, das Grundlagenwissen zu Nahrungsmittelabfällen zu erweitern. Zudem erarbeitet die Projektgruppe zusammen mit Marktpartnern und der Zivilgesellschaft Sensibilisierungsmassnahmen, um den sorgfältigen Umgang mit Nahrungsmitteln zu fördern.


KASTEN 3:
Grüne Wirtschaft

Der vom Bundesrat im März 2013 verabschiedete «Aktionsplan Grüne Wirtschaft» umfasst 27 bestehende und neue Massnahmen in den vier Bereichen «Konsum und Produktion»; «Abfälle und Rohstoffe»; «Übergreifende Instrumente» sowie «Ziel, Messung, Information und Berichterstattung».

Die Gewinnung und der Abbau von Rohstoffen können die Umwelt erheblich belasten. Eine effizientere Nutzung der Rohstoffe sowie die Schliessung von Stoffkreisläufen wird in Zukunft ins Zentrum rücken müssen. Güter sollen künftig mit einem geringeren Rohstoffeinsatz und reduziertem Abfallaufkommen produziert werden. Im Aktionsplan Grüne Wirtschaft sind als Massnahmen im Bereich «Abfälle und Rohstoffe» die Effizienzsteigerung von Abfallanlagen und Produktionsbetrieben vorgesehen. Zudem soll eine Rücknahmepflicht des Detailhandels für Verpackung eingeführt werden. Im Bereich «Konsum und Produktion» sind Massnahmen zur Vermeidung von Nahrungsmittelabfällen festgehalten.


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