Eltern wollen Internetnutzung ihrer Kinder besser regeln

Bern, 09.12.2013 - Eltern, die wenig mit dem Internet vertraut, fremdsprachig oder deren Kinder schon älter sind, kontrollieren die Internetnutzung ihrer Kinder kaum. Knapp ein Drittel hat noch nie mit ihrem Kind darüber gesprochen, was es machen kann, wenn es im Inter-net etwas erschüttert hat. Dies zeigt eine Untersuchung des nationalen Programms Jugend und Medien. Dass Handlungsbedarf besteht, bestätigen die Eltern gleich selbst: Mehr als ein Drittel findet nämlich, dass sie die Internetnutzung ihrer Kinder besser regeln müssten. Informationen zur sicheren Internetnutzung möchten die El-tern künftig vor allem von der Schule erhalten.

Surfen im Internet nimmt im Leben der Heranwachsenden einen zentralen Stellenwert ein. Den Eltern kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es um die Regulierung und Begleitung der Internetnutzung ihrer Kinder geht. Eine Untersuchung des nationalen Programms Jugend und Medien, welche vom Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung IPMZ der Universität Zürich durchgeführt wurde, zeigt nun, wo Eltern bei der Regulierung der Internet-nutzung eingreifen, wo sie wenig bis gar nichts tun und von wem sie sich Informationen wün-schen. Die Angaben basieren auf der EU Kids Online-Studie, welche 2012 erstmals auch für die Schweiz durchgeführt wurde.
Am häufigsten schränken Eltern die Weitergabe persönlicher Informationen wie Name, Ad-resse und Telefonnummer (93%) ihrer Kinder ein. Ein Grossteil redet mit dem Kind darüber, was es im Internet macht (91%) oder erklärt, warum einige Internetseiten gut oder schlecht sind (90%). Von den Eltern kaum reguliert werden folgende Massnahmen: 52 Prozent der Eltern überprüfen nie, welche Internetseiten ihr Kind besucht hat. 47 Prozent haben ihr Kind noch nie ermuntert, selber Dinge im Internet auszuprobieren. 31 Prozent der Eltern haben noch nie mit ihrem Kind darüber gesprochen, was es machen kann, wenn es im Internet be-unruhigt oder erschüttert wurde.
Ein Grossteil der Eltern (81%) findet, dass die Massnahmen, die sie hinsichtlich der Internet-nutzung ihres Kindes ergreifen, dessen Erfahrungen mit dem Internet verbessern. Dennoch sind 39% aller Eltern der Meinung, sie müssten die Internetnutzung ihrer Kinder mehr regeln. 54 Prozent von ihnen wünscht sich Informationen von der Schule.
In welchem Mass Eltern die Nutzung des Internets regulieren, hängt ab vom sozioökonomi-schen Status des Haushaltes, der Vertrautheit der Eltern mit dem Internet, dem Alter der Kinder und der Sprachzugehörigkeit der Eltern. Am wenigsten greifen Eltern ein mit älteren Kindern und Eltern, die mit dem Internet nicht besonders vertraut oder fremdsprachig sind.

Internetnutzung von älteren Kindern wird weniger reguliert
Eltern von älteren Kindern (15-16 Jahre) verzichten vor allem auf Einschränkungen und Überwachungen. So verwenden diese Eltern um 74 Prozent seltener als der Durchschnitt Software zum Blockieren oder Filtern von bestimmten Internetseiten und schränken das Vi-deo-Schauen via Internet um 70 Prozent weniger ein. Auch der Zugang zu Instant Messaging-Diensten, die Verfügbarkeit über ein eigenes Profil in einem sozialen Netzwerk oder das Herunterladen von Musik und Filmen wird von Eltern mit älteren Kindern deutlich seltener reguliert. «Die Abnahme der Einschränkungen geschieht zwar im Kontext der zunehmenden Selbständigkeit der Heranwachsenden, gleichzeitig steigt aber mit zunehmendem Alter die Gefahr, dass sie mit kritischen Inhalten in Kontakt kommen», erklärt Studienautor Martin Hermida vom IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich.
Für diese Elterngruppe stellt sich besonders die Frage, was die richtige Form der Unterstüt-zung sein soll: Ist es erstrebenswert, dass die Kinder besonders viele Onlinedienste zur freien Verfügung haben, oder ist es besser, bestimmte Dienste zu verbieten? Für Thomas Vollmer, Leiter des nationalen Programms Jugend und Medien ist klar: «Der beste Schutzfaktor ist die Begleitung durch die Eltern in Form von offenen und informierenden Gesprächen, ge-meinsam festgelegten Regeln und aktivem Zuhören. Je mehr Medienkompetenz Eltern ha-ben, desto kompetenter können sie begleiten.»

Eigene Interneterfahrung wichtig
Laut Studie kontrollieren Eltern, die mit dem Internet nicht vertraut sind, die Internetnutzung ihrer Kinder am seltensten, sprechen am seltensten mit ihren Kindern über deren Online-Tätigkeit und nutzen das Internet deutlich seltener gemeinsam mit ihren Kindern. Diese Eltern überprüfen zu 73 Prozent seltener als der Durchschnitt das Profil des Kindes im sozialen Netzwerk oder einer Online Community und zu 63 Prozent seltener, welche Kontakte ihr Kind im sozialen Netzwerk oder beim Instant Messaging-Dienst hinzufügt. Zudem ermuntern sie ihre Kinder auch viel seltener, Dinge im Internet auszuprobieren.
Fremdsprachige Eltern helfen ihren Kindern am seltensten (26% weniger als der Durch-schnitt), wenn diese im Umgang mit dem Internet Mühe haben. Sie reden auch deutlich we-niger (20% weniger als der Durchschnitt) mit dem Kind darüber, was es im Internet gemacht hat.
«Die Überwachung der kindlichen Internettätigkeit ist sinnvoll, wenn die Eltern danach mit dem Kind bestimmte Sachverhalte auch diskutieren und aushandeln», sagt Thomas Vollmer. Die Überwachung als solches steigert die Medienkompetenz noch nicht, sondern erst die kritische Auseinandersetzung mit Themen, Meinungen und Anliegen. «Deshalb ist die Kom-munikation zwischen Eltern und Kindern  zu fördern, und den Eltern sind entsprechende Handlungsempfehlungen mitzugeben.». Deshalb informiert das nationale Programm Jugend und Medien über Chancen und mögliche Risiken und gibt Eltern Tipps, wie sie Kinder im Medienalltag begleiten können.

Zur Studie
Bei der Untersuchung handelt es sich um eine Sonderauswertung der Daten aus der EU Kids Online-Studie: Schweiz. Sie wurde im Auftrag des nationalen Programms Jugend und Medien durch das IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich durchgeführt.
Dank der Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds sowie des Bundesamtes für Sozialversicherungen ist die Schweiz zum ersten Mal Partner beim internationalen Projekt EU Kids Online III, das die Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen zwischen 9 und 16 Jahren untersucht. 33 europäische Länder beteiligen sich an diesem Projekt, was einen umfassenden vergleichenden Überblick der Onlinenutzung sowie auch deren Risiken im europäischen Raum erlaubt.
Für diese Untersuchung wurden 996 Elternteile von 9- bis 16-jährigen Kindern im befragt. Von diesen Interviews wurden 21% mit Vätern und 79% mit Müttern der Kinder durchgeführt. Die Eltern sind im Schnitt 44.2 Jahre alt. Weitere Informationen zum EU Kids Online Projekt Schweiz unter www.eukidsonline.ch.

Nationales Programm Jugend und Medien
Das Nationale Programm zur Förderung von Medienkompetenzen wurde vom Bundesrat für die Jahre 2011–2015 beschlossen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) zur Umsetzung übertragen. Gemeinsam mit den Medienbranchen verfolgt das Programm das Ziel, dass Kinder und Jugendliche kompetent mit digitalen Medien umgehen, deren Chancen nutzen und vor deren Gefahren geschützt sind. Gleichzeitig sollen die verschiedenen Akteure in diesem Bereich vernetzt werden. Tragende Programmpartner sind die Swisscom AG, welche sich seit vielen Jahren im Jugendmedienschutz engagiert, der Verband der Computerspielbranche SIEA (Swiss Interactive Entertainment Association), der die Umsetzung des europaweiten Altersklassifikationssystems PEGI in der Schweiz gewährleistet sowie die Jacobs Foundation, die langjährige Fördererfahrung im Bereich der Kinder- und Jugendentwicklung hat. Mit der Plattform jugendundmedien.ch bietet das Programm ein Internetportal mit aktuellen und verlässlichen Informationen zum Thema Jugendmedienschutz. Auch stellt es den Ratgeber „Medienkompetenz – Tipps zum sicheren Umgang mit digitalen Medien“ zur Verfügung (PDF) sowie einen Flyer in 16 Sprachen (PDF), der die 10 goldenen Regeln für eine sichere Mediennutzung enthält.
Weitere Informationen auf www.jugendundmedien.ch


Adresse für Rückfragen

Bundesamt für Sozialversicherungen
Thomas Vollmer, Leiter Ressort Jugendschutzprogramme, BSV
Tel. +41 (0)31 323 82 58, E-Mail: thomas.vollmer@bsv.admin.ch

IPMZ – Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich
Martin Hermida
Tel. +41 (0)44 635 20 53, E-Mail: m.hermida@ipmz.uzh.ch



Herausgeber

Bundesamt für Sozialversicherungen
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