Bundesrat empfiehlt Annahme der Volksinitiative zur Abschaffung der „Heiratsstrafe“

Bern, 23.10.2013 - Der Bundesrat empfiehlt in seiner heute verabschiedeten Botschaft die Volksinitiative „Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe“ zur Annahme. Ihre steuerpolitischen Forderungen decken sich mit der vom Bundesrat verfolgten Politik, die Ungleichbehandlung von Ehe- und Konkubinatspaaren zu beseitigen. Im Bereich der Sozialversicherungen hingegen sind Ehepaare nicht schlechter gestellt als unverheiratete Paare, weshalb aus Sicht des Bundesrates kein Handlungsbedarf besteht.

Der Bundesrat strebt eine Ehepaarbesteuerung an, die im Einklang mit der Bundesverfassung steht. Er will deshalb die steuerliche Benachteiligung von bestimmten Ehepaaren gegenüber gleich situierten Konkubinatspaaren bei der direkten Bundessteuer beseitigen. Der jüngste Reformvorschlag des Bundesrates erfuhr indessen  in einer im Jahr 2012 durchgeführten Vernehmlassung wenig Zuspruch. Deren Ergebnis zeigte auf, dass die unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Wertvorstellungen derzeit die Einigung auf ein Modell verunmöglichen.

Der Bundesrat entschied daraufhin, das Gesetzesvorhaben zu sistieren und die Initiative der CVP „Für eine Ehe und Familie - gegen die Heiratsstrafe" zur Annahme zu empfehlen. Bei einer Annahme der Initiative würde der Grundsatz der gemeinsamen Besteuerung der Ehepaare in der Verfassung verankert. Damit würde die Chance erhöht, einen politischen Kompromiss zu finden, wie die aktuelle Überbesteuerung gewisser Ehepaare beseitigt werden kann. Eine Individualbesteuerung dagegen käme ohne neuerliche Verfassungsänderung als künftiges Besteuerungsmodell nicht mehr in Frage.

Mögliche Modelle der Umsetzung

Aufgrund des Wortlauts der Initiative wären künftig verschiedene Modelle der gemeinsamen Besteuerung möglich, um die noch bestehende Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber den Konkubinatspaaren bei der direkten Bundessteuer zu beseitigen. Infrage kämen insbesondere Korrekturen am geltenden Tarif, die Einführung einer alternativen Steuerberechnung, ein Teil- oder Vollsplitting oder ein Familienquotientensystem. Je nach Ausgestaltung dieser Systeme beliefen sich die Mindereinnahmen beim Bund auf jährlich zwischen rund 1 bis 2,3 Milliarden Franken. Die Kantone hätten entsprechend ihrem Anteil an der direkten Bundessteuer 17 Prozent dieser Mindereinnahmen zu tragen.

Kein Handlungsbedarf im Sozialversicherungsrecht

Bei den Sozialversicherungen sind Ehepaare zwar gegenüber gleich situierten Konkubinatspaaren durch die Plafonierung der Renten auf 150 Prozent einer Maximalrente schlechter gestellt. Bei den übrigen Leistungen der AHV und IV werden Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren jedoch soweit besser gestellt, dass sich in einer Gesamtbetrachtung ein ausgewogenes Bild ergibt. Es findet in diesem Bereich keine Übervorteilung weder der Ehepaare noch der Konkubinatspaare statt. Aus der Sicht des Bundesrates ergibt sich deshalb in diesem Bereich kein Handlungsbedarf. Eine Annahme der Initiative würde somit einzig die Ehepaarbesteuerung betreffen.

Die Initiative der CVP wurde am 5. November 2012 eingereicht. Sie verlangt, dass die Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren bei den Steuern und Sozialversicherungen beseitigt wird.

Verheiratete und Unverheiratete im Steuerrecht und bei der AHV/IV

Verheiratete und unverheiratete Paare werden steuerlich unterschiedlich behandelt. Je nach Einkommenshöhe und -aufteilung bezahlt ein Ehepaar mehr oder weniger Steuern als ein gleich situiertes unverheiratetes Paar. Wenn ein Ehepaar gegenüber einem Konkubinatspaar steuerlich über 10 Prozent stärker belastet wird, so ist dies laut Bundesgericht verfassungswidrig. Gegen die Schlechterstellung bei der direkten Bundessteuer wurden Massnahmen ergriffen, die seit Januar 2008 in Kraft sind. Dadurch konnte die Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber Konkubinatspaaren in gleichen wirtschaftlichen Verhältnissen für rund 160'000 der betroffenen Zweiverdienerehepaare vollständig beseitigt werden, was rund zwei Dritteln aller Betroffenen entspricht. Bei der direkten Bundessteuer kommt bis heute ein Teil der verheirateten Zweiverdiener- und Rentnerpaare immer noch schlechter weg als gleich situierte Konkubinatspaare. Der Bundesrat hat deshalb Vorschläge ausgearbeitet, wie die steuerliche Benachteiligung ganz beseitigt werden kann. Ein entsprechender Gesetzesentwurf befand sich von Ende August 2012 bis Anfang Dezember 2012 in der Vernehmlassung und wurde am 29. Mai 2013 aufgrund der überwiegend negativen Antworten vom Bundesrat sistiert. Bei den kantonalen Steuern besteht in der Regel keine Mehrbelastung für verheiratete Ehepaare, sondern normalerweise eine Besserstellung.

Bei den Sozialversicherungen besteht in einer Gesamtbetrachtung keine Schlechterstellung der Ehepaare. Für die Berechnung der Alters- oder Invalidenrenten werden die Einkommen, welche Verheiratete während den Ehejahren erzielt haben, aufgeteilt und je zur Hälfte der Ehefrau und dem Ehemann gutgeschrieben. Bei Ehepaaren bezahlt zudem nur ein Ehepartner AHV-Beiträge, falls nur ein Ehepartner erwerbstätig ist und mindestens den doppelten Mindestbeitrag pro Jahr entrichtet (Stand 2013: 960 Franken). Weiter haben nur Verheiratete im Todesfall des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin Anspruch auf eine Witwer- bzw. Witwenrente. Stirbt eine verheiratete Person, erhält der Partner oder die Partnerin zudem einen Zuschlag von 20 Prozent auf die eigene Alters- oder Invalidenrente (bis höchstens zum Betrag der Maximalrente). Analoge Besserstellungen der verheirateten Personen lassen sich auch bei der beruflichen Vorsorge oder der Unfallversicherung feststellen. Alle diese Vorteile stehen Unverheirateten nicht zu.


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