WEKO empfiehlt Freizügigkeit für Notare und öffentliche Urkunden

Bern, 11.10.2013 - Die Wettbewerbskommission (WEKO) empfiehlt, dass auch Notare von der interkantonalen Freizügigkeit profitieren können. Dies bedingt, dass die Kantone gleichwertige Berufsqualifikationen von Notaren aus anderen Kantonen anerkennen. Die WEKO empfiehlt zudem die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, damit die Vertragsparteien eines Grundstückgeschäfts die öffentliche Urkunde nicht zwingend von einem Notar am Ort des Grundstücks erstellen lassen müssen, sondern auch einen Notar aus einem anderen Kanton wählen können.

Gemäss kantonalem Recht haben Schweizer Notare nicht die Möglichkeit, ihren Fähigkeitsausweis in anderen Kantonen anerkennen zu lassen. Ihre Tätigkeit ist auf ein Kantonsgebiet beschränkt. Hingegen können Notare aus der EU gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU und das Berufsqualifikationsgesetz (Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen, BGMD, in Kraft seit dem 1. September 2013) die Anerkennung ihrer Berufsqualifikation in der Schweiz beantragen. Dies führt zu einer Inländerdiskriminierung. Genau dies will das Binnenmarktgesetz unter anderem verhindern. Es räumt Schweizer Erwerbstätigen mindestens die gleichen Rechte ein, wie sie von der Schweiz mittels Staatsvertrag ausländischen Personen gewährt werden.  

Vor diesem Hintergrund eröffnete die WEKO im März 2013 eine binnenmarktrechtliche Untersuchung betreffend die Freizügigkeit für Notare. Die Kantone sowie betroffene Bundesstellen wurden im Rahmen einer Vernehmlassung zu einer Stellungnahme eingeladen. Mit der heutigen Empfehlung informiert die WEKO die Kantone und den Bundesrat über die Ergebnisse ihrer Untersuchung:

Die WEKO empfiehlt, dass die Kantone gleichwertige Ausbildungen von freiberuflichen Notaren aus anderen Kantonen anerkennen. Dies würde die berufliche Mobilität von freiberuflichen Notaren innerhalb der Schweiz wesentlich erleichtern. Einschränkende Massnahmen wie Wohnsitzpflichten, Gegenrechtsbestimmungen oder Staatsbürgerschaftserfordernisse sollten aufgehoben werden. Weiter sollten Kantone mit Amtsnotariat bei der Stellenbesetzung auch ausserkantonal ausgebildete Notare berücksichtigen.

Gleichzeitig empfiehlt die WEKO dem Bundesrat, im Rahmen der aktuellen Revision des Zivilgesetzbuches (SchlT ZGB zur öffentlichen Beurkundung) wie geplant eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die es den Notaren ermöglicht, öffentliche Urkunden im Bereich der Grundstückgeschäfte schweizweit bei den kantonalen Grundbuchämtern eintragen zu lassen. Zurzeit muss ein Vertrag betreffend ein Grundstückgeschäft zwingend durch einen Notar in demjenigen Kanton beurkundet werden, in dem das Grundstück liegt. Mit der interkantonalen Anerkennung von öffentlichen Urkunden betreffend Grundstückgeschäfte könnten die Kunden von einem grösseren Angebot profitieren und den Notar entsprechend ihren Bedürfnissen hinsichtlich Qualität, Leistung und Preis schweizweit auswählen.

Die von der WEKO empfohlene Einführung der interkantonalen Anerkennung von Berufsqualifikationen und von öffentlichen Urkunden betreffend Grundstückgeschäfte lässt die Kompetenz der Kantone unberührt, das Notariatssystem weiterhin nach ihren Bedürfnissen zu organisieren. Die Institutionen des Amtsnotariats und des freiberuflichen Notariats werden durch die Empfehlungen der WEKO nicht in Frage gestellt.

Die Bundesverfassung (Art. 95 Abs. 2 BV) und das Binnenmarktgesetz streben die Schaffung eines Binnenmarktes Schweiz an, auf welchem sich die Wirtschaftsteilnehmer möglichst frei von kantonalen Marktzugangsschranken entfalten können. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts konnten Schweizer Notare bis anhin nicht von diesen Binnenfreiheiten innerhalb der Schweiz profitieren.


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