Kollision zweier Reisezüge vom 29. Juli 2013 in Granges-Marnand: Abfahrt bei Halt zeigendem Gruppenausfahrsignal

Bern, 15.08.2013 - Die von der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle SUST bisher durchgeführte Untersuchung der Kollision des RegioZugs 12976 mit dem RegioExpress-Zug 4049 im Bahnhof Granges-Marnand vom 29. Juli 2013 hat ergeben: Die Kollision ereignete sich, weil der Zug 12976 bei Halt zeigendem Gruppenausfahrsignal abgefahren ist.

Der RegioZug 12976 verkehrte von Payerne in Richtung Moudon. Er führte einen fahrplanmässigen Halt mit Fahrgastwechsel auf Gleis 1 in Granges-Marnand aus. Das Gruppenausfahrsignal B zeigte Halt.

Der RegioExpress-Zug 4049 verkehrte von Moudon in Richtung Payerne. Die Fahrstrasse war auf Durchfahrt über das Gleis 2 eingestellt. Sowohl das Einfahr- als auch das Ausfahrsignal zeigten „Fahrt".

Der Zug 12976 fuhr los, als das Gruppenausfahrsignal B noch „Halt" zeigte. Der zu diesem Zeitpunkt entgegenkommende Zug 4049 hatte seine Geschwindigkeit auf 55 km/h verringert und das Einfahrsignal A schon passiert. Die Sicht der beiden Lokführer auf die Strecke bei der Unfallstelle war durch abgestellte Güterwagen auf der Innenseite der Kurve beeinträchtigt. Als die beiden Lokführer die unmittelbar bevorstehende Kollision erkannten, leiteten beide eine Schnellbremsung ein. Dadurch konnte jedoch die Kollision nicht mehr verhindert werden. Die Kollision ereignete sich um 18:44 Uhr.

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle SUST Abklärungen in folgenden Bereichen vorgenommen:

1      Sicherungsanlagen und Stellwerktechnik

Die Sicherungsanlagen befanden sich in einem ordnungsgemässen Zustand. Unterhaltsarbeiten an den Anlagen wurden zum Zeitpunkt der Kollision keine durchgeführt.

2      Zugfahrten

Die Einspurstrecke Moudon - Lucens - Granges-Marnand ist mit einem automatischen Streckenblock ausgerüstet. Im Bahnhof Granges-Marnand war der Fahrweg für den Zug 4049 mit Durchfahrt ohne Halt über das Gleis 2 eingestellt. Für den Zug 12976 aus Gleis 1 war kein Fahrweg auf die Strecke eingestellt. Die Ausfahrt für den Zug 12976 war nach der Durchfahrt von Zug 4049 vorgesehen.

3      Infrastruktur

Die Gleisanlage befand sich, abgesehen von den entgleisungsbedingten Schäden, in einem guten Zustand.

4      Unfallstelle

Der Kollisionspunkt befindet sich auf der Einfahrweiche 1 Seite Moudon. Das Gruppenausfahrsignal befindet sich 16 m weiter in Richtung Moudon. Bei der Kollision ereignete sich beim Zug 4049 durch Auswurf der Schraubenkupplung eine Zugstrennung, wobei ein Reisezugwagen und das Triebfahrzeug durch die Wucht des Zusammenpralls 57 m zurückgeschoben wurden.

5      Fahrplan

Die beiden Züge waren gemäss Fahrplan pünktlich unterwegs.

6      Fahrdatenschreiber

Die Auswertung der Fahrdatenschreiber der beiden Züge ergab folgende Ergebnisse:

  • Die Einleitung der Schnellbremsung des Zuges 12976 erfolgte bei 69 km/h. Die Kollision ereignete sich 84 m nach Einleiten der Schnellbremsung bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h.
  • Der Zug 4049 hat die auf dem betreffenden Streckenabschnitt gültige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten. Die Einleitung der Schnellbremsung erfolgte bei einer Geschwindigkeit von 55 km/h. Die Kollision ereignete sich 40 m nach Einleiten der Schnellbremsung bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h.

7      Schienenfahrzeuge

Bei der visuellen Kontrolle der Fahrzeuge auf dem Unfallort konnten, ausser den kollisionsbedingten Schäden, keine Unregelmässigkeiten festgestellt werden. Es gibt keine Hinweise, welche auf Störungen an den Fahrzeugen schliessen lassen.

8      Querabgleich der Daten und Spuren

Der Querabgleich aller verfügbaren Informationen (Stellwerksdaten, Fahrdaten, Spuren/Aufschneiden der Weiche 3) ergab Übereinstimmung:

  • Für Zug 12976 war kein Fahrweg eingestellt.
  • Der Zug 4049 fuhr korrekt am Fahrt zeigenden Einfahrsignal vorbei.

Weitere Untersuchung und Sicherheitsempfehlungen

Im weiteren Verlauf der Untersuchung werden alle relevanten betrieblichen, menschlichen und systemischen Aspekte dieses Unfalles analysiert. Dort wo Sicherheitsdefizite erkennbar werden, wird die Schweizerische Unfalluntersuchungsstelle Sicherheitsempfehlungen zur Verbesserung der Sicherheit aussprechen. Nach Abschluss der Untersuchung wird der Schlussbericht auf der Webseite der SUST veröffentlicht.


Adresse für Rückfragen

Walter Kobelt, Leiter des Bereichs Bahnen und Schiffe, +41 79 456 66 52, +41 31 323 74 88



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Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST, Bereich Bahnen und Schiffe
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