Datendieb der Bank Julius Bär kommt vor Gericht

Bern, 28.06.2013 - Die Bundesanwaltschaft (BA) erhebt beim Bundesstrafgericht in Bellinzona Anklage gegen einen deutschen IT-Spezialisten mit Wohnsitz in der Schweiz. Er hat eingestanden, bei der Bank Julius Bär & Co. AG in Zürich Daten von Bankkunden kopiert und einen Teil davon über einen Mittelsmann in Berlin an die deutschen Steuerbehörden verkauft zu haben. Beantragt wird in der Anklageschrift die Durchführung eines abgekürzten Verfahrens.

Die beschuldigte Person recherchierte und sammelte in der Zeit von Anfang Oktober bis Anfang Dezember 2011, nach Anregung und in Absprache mit einem ihm persönlich bekannten deutschen Mittelsmann, Kundendaten aus verschiedenen bankinternen Systemen bei der Bank Julius Bär. Als Mitarbeiter im Personalverleih und in seiner Eigenschaft als IT-Spezialist kopierte er während seiner Arbeitszeit Datensätze von vermögenden deutschen und holländischen Kunden der Bank. Er sandte von seiner Geschäftsadresse aus insgesamt 15 E-Mails mit ZIP-Dateien an seinen privaten E-Mail-Account. Die komprimierten Anhänge enthielten Kundennamen, deren Wohnorte, Kontonummern, Eröffnungsdatum des Kunden sowie Beträge und Währungen.

Von diesen Daten extrahierte er jene Datensätze von deutschen Bankkunden, welche auf ihren Konten mehr als 100‘000 Euro, Schweizer Franken, Britische Pfund oder US-Dollar besassen. Im Dezember 2011 liess er seinem Mittäter, einem pensionierten deutschen Steuerfahnder, eine Probesendung von Daten nach Berlin zukommen. Nach dessen Rückmeldung, dass die übermittelten Datensätze werthaltig seien, traf die beschuldigte Person den deutschen Mittelsmann im Februar 2012 in Berlin. Er übergab ihm einen Datenträger mit rund 2‘700 Datensätzen deutscher Kunden der Julius Bär zur Weiterleitung an eine deutsche Steuerbehörde.

Gemäss seinen eigenen Angaben vereinbarte die beschuldigte Person mit seinem Mittäter für die Beschaffung und Aushändigung der Kundendaten 1,1 Millionen Euro. Im März 2012 erhielt die beschuldigte Person in Berlin 200‘000 Euro in bar ausbezahlt. Mit dem Restbetrag sollte der Mittäter anonym die Steuerschulden der beschuldigten Person bei den deutschen Steuerbehörden begleichen. Beim Beschuldigten konnten 140‘000 Euro sichergestellt werden; ob die vereinbarte Einzahlung an die deutschen Steuerbehörden durch den Mittäter erfolgte, konnte nicht ermittelt werden.

Im Mai/Juni 2012 liess die beschuldigte Person erneut auf Anregung seines deutschen Mittäters, diesem eine weitere Probesendung mit Daten holländischer Bankkunden der Julius Bär zukommen. Beabsichtigt war, diese Daten für 400‘000 Euro an die holländischen Steuerbehörden zu verkaufen. Der Verkauf scheiterte, weil die holländischen Steuerbehörden keine Steuerdaten aus anonymer Quelle kaufen wollten.

Prozessuales:

Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich eröffnete am 24. Juli 2012 aufgrund einer Strafanzeige der Julius Bär ein Vorverfahren gegen die beschuldigte Person und dessen Ehefrau. Die BA entsprach am 3. August 2012 dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft Zürich um Verfahrensübernahme. Gleichentags verfügte die BA die Eröffnung, Ausdehnung und Vereinigung der Strafsache in der Hand der Strafverfolgungsbehörden des Bundes wegen des Verdachts des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes (Art. 273 Schweizerischen Strafgesetzbuches; StGB), der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Art. 47 BankG) sowie der Geldwäscherei (Art. 305bis StGB). Die Strafverfolgung wurde zudem auf den deutschen Mittelsmann ausgedehnt.

Am 6. August 2012 unterbreitete die BA dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) die Strafsache zum Entscheid über die Ermächtigung zur Strafverfolgung betreffend Wirtschaftlichem Nachrichtendienst (Art. 273 StGB). Mit Verfügung vom 8. August 2012 erteilte das EJPD die Ermächtigung zur Strafverfolgung.

Die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gestellten Rechtshilfeersuchen an die zuständigen deutschen Strafverfolgungsbehörden blieben bislang unbeantwortet.

Die beschuldigte Person wurde am 24. Juli 2012 verhaftet. Seit dem 1. März 2013 befindet sie sich auf eigenes Begehren im vorzeitigen Strafvollzug.

Die BA entsprach dem Gesuch der beschuldigten Person um Durchführung eines abgekürzten Verfahrens am 17. Mai 2013. Die Voraussetzungen dafür liegen vor, die beschuldigte Person anerkennt den Sachverhalt, der für die rechtliche Würdigung wesentlich ist, zudem anerkennt sie die Zivilansprüche im Grundsatz.

Das Verfahren gegen die Ehefrau der beschuldigten Person wird eingestellt; das Verfahren gegen den deutschen Mittäter wird weitergeführt.


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