Berufliche Vorsorge: Finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen im Jahr 2011 - Neue Bewertungsgrundlage in Vorbereitung

Bern, 12.12.2012 - Der jährliche Bericht über die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen zeigt per Ende 2011, dass sich die Situation gegenüber dem Vorjahr verschlechtert hat: Der Anteil der Pensionskassen in Unterdeckung hat sich deutlich erhöht. Aufgrund der aktuell guten Anlageerträge ist indes damit zu rechnen, dass sich bis Ende 2012 die Unterdeckungen der Vorsorgeeinrichtungen wieder verringern werden. Zur Sicherung der Kontinuität präsentiert die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) nochmals die Ergebnisse dieser jährlichen Erhebung. Ab dem kommenden Jahr wird diese nun aber auf eine aktuellere und aussagekräftige Bewertungsgrundlage gestellt. Insbesondere soll mit der Erhebung des technischen Zinssatzes eine effektive Vergleichbarkeit der einzelnen Deckungsgrade erreicht werden.

Bern, 12. Dezember 2012. Bis anhin erstellte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) zuhanden des Bundesrates jährlich einen Bericht über die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen. Im Rahmen der Strukturreform hat der Bundesrat diese Aufgabe nun neu der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) übertragen.

Punkto Aktualität, Vergleichbarkeit und Aussagekraft genügt die vorliegende Erhebung dem Anspruch nach einer risikoorientierten Aufsicht anerkanntermassen nur bedingt. Deshalb wird die Erhebung für das Folgejahr (Abschlüsse per 31.12.2012) angepasst, um künftig dem Bedürfnis nach möglichst aktuellen und aussagekräftigen Informationen nachzukommen. Geplant ist, dass die Zahlen per Ende 2012 bereits im ersten Quartal 2013 erhoben werden. Vor allem aber soll mit der Erfassung des zur Berechnung der erwarteten Rendite nötigen technischen Zinssatzes sowie weiterer Kennzahlen eine Vergleichbarkeit der Deckungsgrade der einzelnen Vorsorgeeinrichtungen ermöglicht werden.


Deutlich mehr Vorsorgeeinrichtungen mit Unterdeckungen

Um die Kontinuität zu wahren, hat die OAK BV in Zusammenarbeit mit dem BSV die bisherige Umfrage bei den Aufsichtsbehörden für den Stichtag 31.12.2011 im gleichen Umfang wie bisher durchgeführt. Diese umfasst Vorsorgeeinrichtungen mit und ohne Staatsgarantie sowie Sammeleinrichtungen. Nicht mehr im Bericht enthalten sind dagegen die in der beruflichen Vorsorge tätigen Lebensversicherer. Ein separater Bericht dazu wurde im September 2012 von der Eidgenössischen Finanzmarkaufsicht FINMA publiziert („Offenlegung der Betriebsrechnung 2011“).

Per Ende 2011 wiesen 483 Vorsorgeeinrichtungen in ihren Jahresrechnungen eine Unterdeckung aus, wovon 52 mit einer Staatsgarantie ausgestattet sind. Hinzu kommen 30‘854 meist kleinere Vorsorgewerke von Sammeleinrichtungen, welche ebenfalls einen Deckungsgrad von weniger als 100 % aufweisen. Der Anteil von Vorsorgeeinrichtungen mit einer Unterdeckung hat sich damit von 10.9 % per Ende 2010 auf 17.0 % per Ende 2011 stark erhöht. Zugenommen hat auch die Zahl der Vorsorgeeinrichtungen mit einer erheblichen Unterdeckung, das heisst einem Deckungsgrad von weniger als 90 %.


Fehlbetrag von 41,5 Milliarden Schweizer Franken

Die absolute Höhe der Unterdeckung ist im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls stark gestiegen. Der kumulierte Fehlbetrag belief sich per Ende 2011 auf 41.5 Mrd. Franken (Vorjahr 34.9 Mrd. Franken) Mit 31.1 Mrd. Franken stammte der grösste Teil dieses Fehlbetrags unverändert von Vorsorgeeinrichtungen mit Staatsgarantie. Für weitere 0.3 Mrd. Franken an Deckungslücken waren Vorsorgewerke von Sammelstiftungen verantwortlich. Die Unterdeckungen bei den übrigen Vorsorgeeinrichtungen betrugen 8.9 Mrd. Franken.

Im Vergleich zu 2010 haben sich damit sowohl die Anzahl der Vorsorgeeinrichtungen mit Unterdeckung, als auch die absoluten Fehlbeträge sowie der betroffene Personenkreis erhöht. Zurückzuführen ist dies in erster Linie auf die Verluste an den Finanzmärkten. Die kapitalgewichtete Performance aller in der Analyse untersuchten Vorsorgeeinrichtungen betrug in der Untersuchungsperiode gesamthaft -1.3 %, während sich der gewichtete Deckungsgrad um 2.9 % verringerte. Insgesamt zeigt sich, dass die Spuren der Finanzkrise weiterhin deutlich sichtbar sind und die Deckungsgradsituation im Vergleich zu Ende 2007 nach wie vor unbefriedigend ausfällt.

Aufgrund der aktuell guten Anlageerträge ist indes damit zu rechnen, dass sich bis Ende 2012 die Unterdeckungen der Vorsorgeeinrichtungen wieder verringern werden. Wegen den weltweit unverändert extrem tiefen Zinsen dürfte es jedoch auch in den nächsten Jahren schwierig bleiben, die zur Stabilisierung resp. Verbesserung des Deckungsgrads notwendigen Kapitalrenditen zu erwirtschaften.



Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV)
Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) hat ihre Tätigkeit am 1. Januar 2012 aufgenommen. Sie ist im Rahmen der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge als unabhängige Behördenkommission geschaffen worden. Die vom Parlament am 19. März 2010 verabschiedete Strukturreform hat zu einer Entflechtung der Zuständigkeiten im Aufsichtssystem geführt: Für die Direktaufsicht sind seit dem 1. Januar 2012 ausschliesslich die kantonalen respektive interkantonalen Aufsichtsbehörden am Sitz der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung zuständig. Deren Oberaufsicht durch die OAK BV erfolgt neu ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung und unabhängig von Weisungen des Parlaments und des Bundesrates. Direkt von der OAK BV beaufsichtigt werden zusätzlich die Anlagestiftungen sowie der Sicherheitsfonds und die Auffangeinrichtung.Mit Blick auf das Ziel, die finanziellen Interessen der Versicherten verantwortungsbewusst und zukunftsgerichtet wahrzunehmen, operiert die OAK BV auf der Basis einer einheitlichen und risikoorientierten Aufsicht. Mit ihren in einen volkswirtschaftlichen und langfristig ausgerichteten Kontext eingebetteten Massnahmen und Entscheiden will die neue Behörde in erster Linie zu einer konsequenten Verbesserung der Systemsicherheit sowie von Rechtssicherheit und Qualitätssicherung betragen. Zur Sicherung der Systemstabilität und damit der Vorsorgegelder der Versicherten ist eine Stärkung der risikoorientieren Führung der Vorsorgeeinrichtungen aber auch der Aufsichtstätigkeit anzustreben. Das neue Recht stellt hier der OAK BV das Instrument der Weisung zur Verfügung. So kann die OAK BV Weisungen für die Tätigkeit der Experten für berufliche Vorsorge, der Revisionsstellen sowie für die Aufsicht erlassen.


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