Evaluation der 5. IV-Revision: Positive Zwischenbilanz

Bern, 07.12.2012 - Die 5. Revision hat die Invalidenversicherung (IV) auf den gewünschten Kurs gebracht. Das zeigt eine erste Evaluation der Gesetzesrevision nach vier Jahren Erfahrungen im Vollzug. Der Kulturwandel von einer Renten- zu einer Eingliederungsversicherung, der mit der 5. IV-Revision angestrebt wurde, ist tatsächlich vollzogen worden und lässt sich wissenschaftlich nachweisen.

Mit der 5. IV-Revision, die am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, hat das Parlament die Invalidenversicherung vollständig auf den Grundsatz "Eingliederung vor Rente" ausgerichtet. Die kantonalen IV-Stellen als Durchführungsorgane erhielten dafür neue Instrumente und zusätzliches Personal. Ihnen stehen heute Möglichkeiten für die Früherfassung und die Frühintervention zur Verfügung, ebenso Integrationsmassnahmen, um psychisch kranke Menschen auf die berufliche Eingliederung vorzubereiten. Diese Instrumente zielen darauf ab, Menschen mit gesundheitlichen Problemen rechtzeitig zu erfassen und zu begleiten, damit sie wenn immer und so weit als möglich erwerbstätig bleiben können – und somit keine oder wenigstens nur eine Teilrente benötigen.

Verstärkte Eingliederungsorientierung wirkt

Für die Sanierung der IV ist es wichtig, möglichst frühzeitig die Gewissheit zu haben, ob die 5. IV-Revision tatsächlich in die richtige Richtung wirkt und die angestrebten Ziele erreichen kann. Darum hat das Bundesamt für Sozialversicherungen schon vier Jahre nach Inkrafttreten der Revision eine wissenschaftliche Evaluation vornehmen lassen. Die Studie der Büro Vatter AG und der Berner Fachhochschule, die nun vorliegt, zieht eine erste positive Bilanz. Die neuen Instrumente, die von den IV-Stellen eingesetzt werden, zeigen messbare Wirkungen:

  • Die Früherfassung hat dazu beigetragen, dass mehr Personen mit Invaliditätsrisiko schon vor einem Stellenverlust und vor einer langen Arbeitsunfähigkeit mit der IV in Kontakt kommen. Der Anteil an Personen, die zum Zeitpunkt des ersten Kontakts mit der IV ihren Arbeitsplatz immer noch hatten, stieg von vorher 60 auf nun 68 Prozent. Das ist darum sehr wichtig, weil es einfacher ist, einen Arbeitsplatz zu behalten als einen neuen zu finden.
  • Die Frühintervention hat bewirkt, dass Massnahmen zur beruflichen Eingliederung wesentlich öfter und schneller ergriffen werden als vor der Revision. Der Anteil an Personen, die davon profitieren, hat von 24 auf 37 Prozent zugenommen. Zudem werden nun 36 Prozent aller Massnahmen bereits in den ersten drei Monaten nach dem Erstkontakt zugesprochen, vorher waren es erst 19 Prozent. Nicht zuletzt erhöht die Frühintervention die Wahrscheinlichkeit einer Eingliederung.
  • Die Integrationsmassnahmen haben bewirkt, dass mehr Personen mit Invaliditätsrisiko schrittweise an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden. Insbesondere bei Menschen mit psychischen Problemen wurde vorher allzu rasch die Ausrichtung einer Rente geprüft statt die Eingliederung versucht. So begünstigen auch die Integrationsmassnahmen die Eingliederung, die Wahrscheinlichkeit eines Rentenanspruchs sinkt.
  • Die IV-Stellen und ihre Mitarbeitenden tragen den Kulturwandel mit und haben sich auch organisatorisch darauf eingestellt. Sie verstehen die Eingliederungsarbeit heute wie gewünscht als fallbezogenes Case Management, bei dem das Probieren wichtiger ist als das Studieren, bei dem Gespräch und Schnelligkeit den Vorrang haben gegenüber Akten und normierten Verfahren.

Die verstärkte Ausrichtung der IV auf die Eingliederung wirkt. Darum ist zu erwarten, dass weniger betroffene Menschen auf eine IV-Rente angewiesen sind.

Wirkungspotenzial noch nicht ausgeschöpft

Aus der Evaluation geht zudem hervor, dass das Wirkungspotenzial der 5. IV Revision noch nicht ausgeschöpft ist. Das Gesetz lässt den IV-Stellen einen grossen Freiraum, rasch und unkompliziert Massnahmen einzusetzen, die auf die betreffenden Personen zugeschnitten sind. Einige IV-Stellen könnten diesen Freiraum noch konsequenter nutzen und insbesondere Personen mit tiefem Ausbildungsniveau noch stärker davon profitieren lassen.

Zu einem späteren Zeitpunkt werden weitere Forschungsprojekte zur IV-Eingliederung durchgeführt, insbesondere auch um die langfristigen Auswirkungen zu untersuchen.

Stossrichtung der IV-Sanierung bestätigt

Die positive Zwischenbilanz bestätigt, dass die 5. IV-Revision im Sanierungsplan für die IV eine wichtige Rolle spielt und den Umbau zu einer Eingliederungsversicherung massgeblich unterstützt. Im Zuge dieses ganzen Kulturwandels ist die Anzahl neuer Renten seit dem Jahr 2003 um fast 50 Prozent zurückgegangen, und auch die Anzahl laufender Renten nimmt seit 2006 kontinuierlich ab. Im Gegenzug meldeten die IV-Stellen im Jahr 2011 rund 11‘500 Fälle erfolgreicher beruflicher Eingliederung, also fast doppelt so viele wie im Jahr 2007 mit rund 5‘800 Fällen.

Mit dem ersten Teil der 6. IV-Revision (IV-Revision 6a), der am 1.1.2012 in Kraft gesetzt wurde, wird diese Stossrichtung weiter verstärkt. Während sich die 5. IV-Revision darauf konzentrierte, Menschen mit gesundheitlichen Problemen in der Arbeitswelt zu behalten, soll die Revision 6a dazu beitragen, auch Menschen, die bereits eine Rente erhalten, wieder ins Erwerbsleben zurückzuführen. Der zweite Teil der 6. IV-Revision (IV-Revision 6b), der gegenwärtig vom Parlament beraten wird, enthält ebenfalls Massnahmen, die in diese Richtung wirken würden.


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