Terror-Propaganda im Internet: Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen Brüderpaar

Bern, 01.10.2012 - Ausgangslage des von der Bundesanwaltschaft (BA) untersuchten Falles ist die Gründung und Beteiligung an einer kriminellen terroristischen Organisation mit Zugehörigkeit zum Al-Qaïda-Netzwerk. Die BA bringt den Fall jetzt vor Gericht und erhebt Anklage gegen zwei aus dem Irak stammende kurdische Brüder. Der Vorwurf lautet Beteiligung an einer kriminellen Organisation mit terroristischer Zielsetzung unter der Führung von Najmuddin Faraj Ahmad alias Mullah Krekar, dem Gründer und ehemaligen Führer der terroristischen Organisation Ansar al Islam.

Gemäss Anklage wurde unter Beteiligung des älteren der beiden Brüder und unter der Führung von Mullah Krekar eine neue terroristische Organisation mit nach aussen geheim gehaltenem Aufbau und Führungsstruktur gegründet und geführt. Diese Organisation, welche als Supportorganisation innerhalb des Al-Qaïda-Netzwerkes auf Dauer angelegt war, betrieb verschiedene Internetplattformen zur propagandistischen Verbreitung von terroristischen Anschlägen und Botschaften des Al-Qaïda-Netzwerkes. Sie unterhielt auch offene und geschlossene Chaträume als virtuelle Sitzungsräume und Kontaktforen für potentielle und aktive Sympathisanten, Unterstützer und Mitglieder dieser neuen sowie anderer terroristischer Organisationen des Al-Qaïda-Netzwerkes. Weiter vertrieb die Organisation auch Zeitschriften und Büchern und sammelte so Geld für die Umsetzung ihrer Ziele. Die neugegründete Organisation verfügte über Mitglieder in mehreren europäischen Ländern. Nach Erkenntnissen der BA hatte sie die Zielsetzung, zur Verfolgung und zur Durchsetzung des Zwecks des Al-Qaïda-Netzwerkes beizutragen und damit mittels der Begehung von Gewaltverbrechen die weltweite Einführung des islamischen Kalifates auf der Basis der Schari'a zu erreichen.

Die neugegründete terroristische Organisation verfolgte eine mehrstufige Strategie, um neue Mitglieder und Unterstützer zu gewinnen und damit auch bestehende Organisationen des Al-Qaïda-Netzwerkes zu stärken. Die erste Stufe bestand darin, über die verschiedenen Internetplattformen mit salafistisch-jihadistischer Ausrichtung Interessenten anzulocken und zur aktiven Teilnahme in Form von Einträgen und Kommentaren zu bewegen. In einer zweiten Stufe wurden diese Personen von Mullah Krekar und den Kadern der neuen Organisation, zu denen auch der ältere Bruder zählte, auf ihre jihadistisch-salafistische Gesinnung hin überprüft. Den als vertrauenswürdig Eingestuften wurde alsdann Zugang zu den geschlossenen Chaträumen der Organisation gewährt. In diesen Chaträumen wurden engere Kontakte mit Kadern der Organisation ermöglicht. Der Zugang zur dritten Stufe - und damit die Kenntnis der Strategie der Organisation, der inneren Führungs- und Entscheidstruktur - war nur dem innersten Führungszirkel der Organisation vorbehalten.

Beteiligung der von der BA beschuldigten Personen

Dem älteren der beiden Brüder wird gemäss Anklage vorgeworfen, innerhalb der neugegründeten Organisation verschiedene Schlüsselfunktionen innegehabt zu haben. Im Einzelnen wird ihm vorgeworfen, in enger Absprache mit Mullah Krekar für die Organisation ein Webforum sowie verschiedene Webseiten und Chaträume eingerichtet, betrieben sowie teilweise finanziert zu haben. Weiter wird ihm hauptsächlich vorgeworfen, Botschaften zwischen Mullah Krekar und bewaffneten, der Al-Qaïda nahestehenden terroristischen Gruppierungen im Irak übermittelt zu haben. Er soll auch im direkten Kontakt mit deren Exponenten Videomitteilungen über von diesen Gruppierungen begangene terroristische Anschläge entgegengenommen und im Webforum der neuen Organisation publiziert und kommentiert haben.

Der jüngere der beiden Brüder soll sich laut Anklage im Wissen um die terroristische Zielsetzung der neuen, kriminellen Organisation auf deren Internetplattformen und in den Chaträumen, welche sein Bruder für diese Organisation betrieb, aktiv beteiligt haben. Er übernahm dort verschiedene Funktionen und verfasste eigene Textbeiträge mit entsprechendem Bildmaterial. Die Anklage wirft ihm damit vor, aus eigenem Entschluss zur Verfolgung und zur Durchsetzung des Zwecks des Al-Qaïda-Netzwerkes beigetragen zu haben.

Beiden Beschuldigten wird gemäss Anklage vorgeworfen, unter verschiedenen Benutzernamen eine Vielzahl von Beiträgen namentlich auf dem Webforum der neuen terroristischen Organisation verfasst und veröffentlicht zu haben. Inhaltlich ging es um die Verbreitung von terroristischen Anschlägen islamistisch-extremistischer Organisationen, so u.a. der Al-Qaïda selbst und der Ansar al Islam. Dazu gehörten auch Aufrufe und Botschaften von Vertretern der Al-Qaïda wie Usama bin Laden und Ayman al Zawahiri. Sie sollen ausserdem mehrfach Videos mit brutal vorgenommenen Hinrichtungen von wehrlosen Personen von ausländischen Webseiten heruntergeladen und auf ihren Computern gespeichert haben.

Die Ermittlungen der BA haben ergeben, dass beide Brüder einen Grossteil ihrer Zeit in den Dienst der neugegründeten kriminellen Organisation stellten und den Aufbau bzw. die Funktionsweise der unter der Führung von Mullah Krekar stehenden Organisation mit ihrem Handeln wesentlich beeinflussten. Den beiden Kurden war nach ihrer Einreise in die Schweiz Asyl gewährt und sie waren als Flüchtlinge anerkannt worden. Gegen den zwischenzeitlich durch das Bundesamt für Migration erfolgten Widerruf des Asyls und die Aberkennung des Flüchtlingsstatus sind gegenwärtig noch Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht hängig.

Die von der BA beschuldigten Personen müssen sich jetzt vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. Die BA erhebt Anklage wegen Verdachts auf Beteiligung an bzw. Unterstützung einer kriminellen Organisation (Art. 260ter des Schweizerischen Strafgesetzbuches; StGB), wegen Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Verbrechen oder zu Gewalttätigkeit (Art. 259 StGB) und Gewaltdarstellungen (Art. 135 Abs. 1 StGB) sowie wegen Urkundenfälschung und weiteren Delikten.

Für die beschuldigten Personen gilt bis zur gerichtlichen Beurteilung die Unschuldsvermutung. Mit Einreichung der Anklageschrift ist für die Information der Medien das Bundesstrafgericht in Bellinzona zuständig.


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Jacqueline Bühlmann, Stv. Mediensprecherin BA, +41 31 324 32 40, info@ba.admin.ch



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