Schaltsekunde ; Eine Minute mit 61 Sekunden

Bern-Wabern, 26.06.2012 - Das Jahr 2012 wird ergiebig, zumindest was die Zeit anbelangt. Nebst dem Schalttag erhält das Jahr noch eine Schaltsekunde: Am 30. Juni wird nach 23.59.59 Uhr der koordinierten Weltzeit eine zusätzliche Sekunde eingefügt. In unserer Zeitzone wird die Schaltsekunde am 1. Juli nach 01.59.59 Uhr eingefügt.

In einem Schaltjahr und mit einer Schaltsekunde wird zusätzliche Zeit in unseren Kalender eingefügt. Abgesehen davon haben die beiden Phänomene nichts miteinander zu tun. Schaltjahre sind ein periodisches Phänomen und das Verfahren für ihre Bestimmung wurde vor Jahrhunderten festgelegt. Schaltsekunden gibt es dagegen erst seit 1972 und es handelt sich dabei um Ereignisse, die in unregelmässigen Abständen auftreten. Sie sind durch die Unregelmässigkeit der Erdrotation bedingt.

Bis in die Sechzigerjahre war die Sekunde an die Rotation der Erde um ihre eigene Achse gebunden: Die Länge eines mittleren Sonnentages wurde per Definition auf 86'400 Sekunden festgelegt. Das hatte den Vorteil, dass die auf dieser Definition basierende Zeitskala immer im Einklang mit der Astronomischen Zeit stand. Weil die Rotationsgeschwindigkeit der Erde jedoch wegen Wind- und Meeresströmungen und Gezeitenkräften Schwankungen unterliegt, änderte sich im Lauf der Zeit auch die Dauer der Sekunde.

Für technische und wissenschaftliche Anwendungen, die auf ein beständiges Zeitmass angewiesen sind, wurde die Sekunde deshalb 1967 mithilfe eines atomaren Vorgangs neu definiert. Mittels Atomuhren, die pro Tag nur wenige Nanosekunden abweichen, können flüchtige Schwankungen der Rotationsgeschwindigkeit der Erde sehr genau beobachtet, jedoch nicht zum Voraus bestimmt werden.

Auf Dauer häufen sich diese Unterschiede an, Atomzeit und Astronomische Zeit driften auseinander. Das gab den Ausschlag, eine weitere, weltweite Referenzzeit einzuführen: die koordinierte Weltzeit (Universal Time Coordinated, UTC), die für alle Zeitzonen den Takt angibt. Die heute gültigen Regeln für die koordinierte Weltzeit wurden 1972 eingeführt.

Jeweils wenn die Differenz zwischen koordinierter Weltzeit und Astronomischer Zeit einen Wert von 0.9 Sekunden erreicht, wird diese Abweichung durch eine Schaltsekunde korrigiert. Schaltsekunden können an einem 31. Dezember oder einem 30. Juni eingefügt werden, die letzte kam am 31. Dezember 2008 hinzu.

Nicht alle sind über diese sporadischen Extrasekunden erfreut, weil eine nicht voraussagbare Zeitumstellung zu Synchronisationsproblemen führen kann. Deshalb wird die Abschaffung der Schaltsekunden seit längerem diskutiert. 2015 könnte das zuständige Gremium der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) deren Abschaffung beschliessen. Die Zeit wird zeigen, ob die am 30. Juni 2012 eingefügte, 35., Schaltsekunde die letzte gewesen sein wird.


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Jacques Morel, Leiter des Labors Photonik, Zeit und Frequenz, Bundesamt für Metrologie METAS, Lindenweg 50, 3003 Bern-Wabern, T +41 31 32 33 350


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