Oberaufsichtskommission OAK BV mit voller Agenda

Bern, 19.06.2012 - Als unabhängige Behördenkommission sorgt die seit 1. Januar 2012 operative Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) für Rechtssicherheit und Qualitätssicherung im dezentralen System der kantonalen bzw. interkantonalen Direktaufsicht. Sie ist dem Ziel ver-pflichtet, die finanziellen Interessen der Versicherten im Bereich der Zweiten Säule verantwortungsbewusst und zukunftsgerichtet wahrzunehmen. Die OAK BV verortet ihre Aufsicht deshalb bewusst in einem langfristigen, volkswirtschaftlich ausgerichteten Kontext und hat bereits erste wegleitende Entscheide getroffen.

Bern, 19. Juni 2012. Zur Sicherung der Systemstabilität und damit der Vorsorgegelder der Versicherten hat die OAK BV erste grundlegende Entscheide getroffen, mit welchen strengere Anforderungen an Transparenz, Governance und Unabhängigkeit der involvierten Akteure der Zweiten Säule durchgesetzt werden sollen.


Unabhängigkeit des Verwaltungsrats von kantonalen Aufsichtsbehörden

Ziel der seit Anfang 2012 wirksamen Verselbständigung der kantonalen resp. interkantonalen Aufsichtsbehörden zu öffentlich-rechtlichen Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit war es zu vermeiden, dass die Exekutive weiterhin direkt Einfluss auf deren Geschäftsführung nehmen kann.
Gerade für die kommenden schwierigen Fragen im Zusammenhang mit der Sanierung von öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen ist es folgerichtig weder mit dem Bundesrecht noch mit Sinn und Zweck der Strukturreform vereinbar, wenn weiterhin Vertreter der Kantone, egal welcher Stufe, im Verwaltungsrat der Aufsichtsbehörde Einsitz nehmen.
Die OAK BV hat deshalb klare Vorgaben zur Durchsetzung dieses Unabhängigkeitsprinzips erstellt. Bei den meisten Aufsichtsbehörden konnte diese Frage bereits erfolgreich gelöst werden. Bei einigen wenigen Behörden besteht allerdings noch Handlungsbedarf.


Transparenz: Vorgaben bezüglich Verwaltungs- und Vermögensverwaltungskosten

Die Pensionskassen weisen in ihren Betriebsrechnungen den Aufwand für Verwaltung, Marketing und Werbung sowie Vermögensverwaltung aus – Angaben, die in der Folge auch in die Pensionskassenstatistik einfliessen. Nicht sichtbar sind aber jene teilweise beträchtlichen Kosten, die den Pensionskassen nicht direkt in Rechnung gestellt werden (zum Beispiel in kollektiven Anlagegefässen).

Neu müssen deshalb nicht ausweisbare Vermögensverwaltungskosten (etwa für komplexe, teilweise ausländische Produkte) im Anhang zur Jahresrechnung separat dargestellt werden. Die OAK wird bei der Umsetzung der Bestimmungen darauf achten, dass die Transparenzerhöhung nicht zu mehr Verwaltungsaufwand bei den Pensionskassen führt. Vielmehr werden die Produkteanbieter in die Pflicht genommen, indem ihre Produkte künftig als intransparent qualifiziert werden, falls die Kostendarstellung nicht den Vorgaben der OAK BV entspricht.


Governance: Minder- und Nullverzinsung bei Vorsorgeeinrichtungen ohne Unterdeckung

Die OAK BV hat in einem Grundsatzentscheid die Zulässigkeit der Null- oder Minderverzinsung im Anrechnungsprinzip bejaht. Die grundsätzliche Zulässigkeit bedeutet allerdings nicht, dass die Pensionskassen nach Belieben Null- oder Minderverzinsungen ohne bestehende Unterdeckung durchführen dürfen.

Eine Null- oder Minderverzinsung nach dem Anrechnungsprinzip muss vielmehr angezeigt und begründet sein, beispielsweise um eine drohende Unterdeckung rechtzeitig abzuwenden. Der Stiftungsrat muss dafür gleichzeitig in der Lage sein, adäquate, gegebenenfalls auch unpopuläre Massnahmen zu ergreifen, wenn es die finanzielle Situation der Pensionskasse erfordert.


Transparenz: (Aus-)Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen

Per 1. Januar 2012 sind die gesetzlichen Bestimmungen über die Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften in Kraft getreten. Das Gesetz sieht für die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen das System der Vollkapitalisierung (wie es für privatrechtliche Stiftungen seit jeher gilt) sowie der Teilkapitalisierung vor.

Mit Blick auf die bestehende Unsicherheit, bis wann öffentlich-rechtliche Kassen ausfinanziert sein müssen, hat die OAK BV nun festgehalten, dass eine öffentlich-rechtliche Pensionskasse nicht bereits Ende 2013 voll ausfinanziert sein muss, wenn sie die Vollkapitalisierung wählt. Vielmehr muss sie, gleich wie eine private Kasse, eine Sanierung nach den Vorgaben des Bundesrats durchführen (das heisst innert fünf bis sieben Jahren), spätestens aber nach zehn Jahren saniert sein.


System der Beruflichen Vorsorge steht vor grossen Herausforderungen

Die OAK BV lässt sich in ihren Entscheidungen bewusst von einer langfristigen, volkswirtschaftlich ausgerichteten Perspektive leiten. Im Vordergrund steht in erster Linie die grundsätzliche systemische Sicherung der Beruflichen Vorsorge für künftige Generationen. Dies gilt umso mehr in Zeiten von unsicheren konjunkturellen Perspektiven.

So sind etwa die seit Jahren andauernde Tiefzinsphase und die damit zu hohen technischen Zinssätze, aber auch das Schliessen von Finanzierungslücken bei öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen von einer derart langfristigen Tragweite, dass die Lösung der damit verbundenen finanziellen, aber auch strukturellen Probleme nicht einfach an künftige Generationen delegiert werden kann.

Als Vollzugsbehörde operiert die OAK BV im Rahmen der bestehenden Gesetze. Sie ist deshalb dar-auf angewiesen, dass Anpassungen am System der Beruflichen Vorsorge, insbesondere an den gesetzlichen festgelegten technischen Parameter jeweils rechtzeitig vom Gesetzgeber an die Hand genommen werden. Der vom Bundesrat erstellte Bericht zur Zukunft der Zweiten Säule enthält hierzu entsprechende Handlungsoptionen.

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV)
Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) hat ihre Tätigkeit am 1. Januar 2012 aufgenommen. Sie ist im Rahmen der Strukturreform in der beruflichen Vorsorge als unabhängige Behördenkommission geschaffen worden. Die vom Parlament am 19. März 2010 verabschiedete Strukturreform hat zu einer Entflechtung der Zuständigkeiten im Aufsichtssystem geführt: Für die Direktaufsicht sind seit dem 1. Januar 2012 ausschliesslich die kantonalen respektive interkantonalen Aufsichtsbehörden am Sitz der jeweiligen Vorsorgeeinrichtung zuständig. Deren Oberaufsicht durch die OAK BV erfolgt neu ausserhalb der zentralen Bundesverwaltung und unabhängig von Weisungen des Parlaments und des Bundesrates. Direkt von der OAK BV beaufsichtigt werden zusätzlich die BVG-Anlagestiftungen sowie der Sicherheitsfonds und die Auffangeinrichtung. Mit Blick auf das Ziel, die finanziellen Interessen der Versicherten verantwortungsbewusst und zukunftsgerichtet wahrzunehmen, operiert die OAK BV auf der Basis einer einheitlichen und risikoorientierten Aufsicht. Mit ihren in einen volkswirtschaftlichen und langfristig ausgerichteten Kontext eingebetteten Massnahmen und Entscheiden will die neue Behörde in erster Linie zu einer konsequenten Verbesserung der Systemsicherheit sowie von Rechtssicherheit und Qualitätssicherung betragen. Zur Sicherung der Systemstabilität und damit der Vorsorgegelder der Versicherten ist eine Stärkung der risikoorientieren Führung der Vorsorgeeinrichtungen aber auch der Aufsichtstätigkeit anzustreben. Das neue Recht stellt hier der OAK BV das Instrument der Weisung zur Verfügung. So kann die OAK BV Weisungen für die Tätigkeit der Experten für berufliche Vorsorge, der Revisionsstellen sowie für die Aufsicht erlassen. Bereits vorgesehen ist, dass die OAK BV Mindeststandards für die Tätigkeit des Experten für berufliche Vorsorge vorgeben wird.


Adresse für Rückfragen

Pierre Triponez
Präsident OAK BV
Tel. Nr. 031 322 48 25

Manfred Hüsler
Direktion Sekretariat OAK BV
Tel. Nr. 031 322 94 93
manfred.huesler@oak-bv.admin.ch


Herausgeber

Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge
http://www.oak-bv.admin.ch

Bundesamt für Sozialversicherungen
http://www.bsv.admin.ch

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