Medizinische Gutachten in der IV: Qualitätssicherung und faire Verfahren

Bern, 05.04.2012 - Auf den 1. März 2012 hat die Invalidenversicherung ein neues Vergabesystem für polydisziplinäre medizinische Gutachten eingeführt und gleichzeitig höhere und einheitliche Qualitätsanforderungen an die Gutachterstellen sowie Kontrollmassnahmen definiert. Zudem werden die Partizipationsrechte der Versicherten im Begutachtungsverfahren gestärkt. Damit erfüllt die IV die Forderungen des Bundesgerichts aus einem Urteil vom Juni 2011, welches im Nachgang zu einem Rechtsgutachten und der Parlamentarischen Initiative „Faire Begutachtung und rechtstaatliche Verfahren“ ergangen war.

Auf den 1. März 2012 setzte der Bundesrat den neuen Artikel 72bis der IV-Verordnung in Kraft, mit welchem sichergestellt wird, dass polydisziplinäre Gutachten für die IV nur noch von Gutachterstellen erarbeitet werden dürfen, welche die Qualitätsanforderungen erfüllen, die in einer Vereinbarung mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen BSV festgehalten sind. In der Vereinbarung sind auch die Kontrollmassnahmen und die entsprechenden Befugnisse des BSV definiert. Zudem wird bundesrechtlich verankert, dass die IV Aufträge für polydisziplinäre Gutachten nur noch nach dem Zufallsprinzip zuweisen darf, um die Unabhängigkeit der Gutachterstellen und die Neutralität der Gutachten zu gewährleisten.

Gemäss der neuen Verordnungsbestimmung, und um die vom Bundesgericht wie auch vom Parlament geforderten Qualitätsanforderungen an die Gutachterstellen zu gewährleisten, erarbeitete das BSV einen Katalog von Kriterien, welche die Gutachterstellen seit dem 1. März 2012 erfüllen müssen. Diese Kriterien umfassen einerseits formelle und fachliche Vorgaben (u.a. Facharzttitel, Konsensbesprechungen), anderseits werden aber auch Angaben im Hinblick auf mehr Transparenz und Unabhängigkeit der Institute verlangt (u.a. Rechtsform, Trägerschaft, Auftraggeber).

Im Weiteren erliess das BSV einen neuen, nach Aufwand und Anzahl notwendiger Fachdisziplinen differenzierten Tarif. Dieser beinhaltet neu auch eine separate Abgeltung von Zusatzleistungen wie z.B. Laboranalysen oder Röntgenbilder. Zudem wurde vereinbart, dass die Gutachten grundsätzlich innerhalb einer Frist von 110 Tagen zu erstellen sind.

Entsprechend dem Bundesgerichtsurteil vom 28. Juni 2011 wird den Versicherten vor der Begutachtung neu der von der IV-Stelle vorgesehene Fragenkatalog zugestellt, und sie haben das Recht, eigene Fragen an die Gutachter zu stellen. Zudem erlassen die IV-Stellen künftig eine anfechtbare Zwischenverfügung, wenn sich die versicherte Person mit der IV-Stelle nicht über die Begutachtung an sich oder die vorgeschlagenen Gutachter einigen kann.


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031 322 91 60, Ralf Kocher, Leiter Rechtsdienst IV



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