Keine Bergung versenkter Munition aus Voralpenseen

Bern, 03.02.2012 - Nach vertieften Abklärungen hat das Eidg. Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) in Absprache mit den betroffenen Kantonen entschieden, von einer Bergung jener Munition abzusehen, welche die Schweizer Armee bis in die 1960er-Jahre im Thuner-, Brienzer und Vierwaldstättersee versenkt hatte. Die Abklärungen haben keinen Hinweis darauf ergeben, dass die Seen durch die Munitionsablagerungen belastet werden. Der grösste Teil der Objekte befindet sich bereits heute über 25 cm bis zu zwei Meter unter dem Seegrund. Eine Bergung der Munition würde deshalb zu einer erheblichen Störung des Seegrunds und damit über lange Zeit zu einer Störung des Wasserökosystems führen. Während eine selbstständige Detonation praktisch ausgeschlossen werden kann, bestünde beim Heben und Entsorgen der Munition Explosionsgefahr. Diese Tatsache würde auf den Seen und in deren Uferbereichen über Jahre hinweg praktisch kaum umsetzbare Sicherheitsmassnahmen erfordern.

Umfangreiche historische Abklärungen im Zusammenhang mit dem Vollzug der Altlastenverordnung hatten 2004 aufgezeigt, dass die Schweizer Armee im Laufe des letzten Jahrhunderts insgesamt über 8000 Tonnen Munition und Munitionsrückstände im Thuner- und im Brienzersee sowie im Urnersee und im Gersauerbecken des Vierwaldstättersees versenkt hatte. Dabei handelt es sich zum grössten Teil um Rückstände der beiden Munitionsfabriken Thun und Altdorf. Die letzten Versenkungen fanden im Thunersee 1963, im Urnersee 1967 statt.

Die Menge des Materials, Forderungen, dieses zu bergen, und Beobachtungen auffälliger Organveränderungen bei Felchen im Thunersee, bewogen das VBS, die Gefährdung durch diese Abfälle vertieft abklären zu lassen. Unter Einbezug der kantonalen Umweltfachstellen befasste sich zwischen 2006 und 2010 ein vom VBS geleitetes Spezialistenteam mit den offenen Fragen rund um die versenkte Munition, allfällige Auswirkungen auf Mensch und Umwelt und Möglichkeiten einer Bergung. Parallel zu den Abklärungen des VBS veranlasste das Fischereiinspektorat des Kantons Bern Untersuchungen, um den Ursachen für die Organveränderungen bei den Felchen im Thunersee auf die Spur zu kommen.

Immer tiefer im Seegrund
Die Ortung der versenkten Munition mit Hilfe von Ultraschall- und Magnettechnologie zeigte, dass auf der Oberfläche des Seebodens keine Geschosse mehr liegen. Der grösste Teil befindet sich mindestens 25 Zentimeter und bis zu zwei Meter unter dem Seegrund. Jährlich werden die versenkten Objekte von weiteren 3 bis 8 Millimeter natürlichen Seeablagerungen überdeckt.

Einzelne Munitionsobjekte, die mit hohem Sicherheitsaufwand geborgen wurden, präsentierten sich noch in praktisch neuwertigem Zustand. Der in den Granaten enthaltende Sprengstoff ist weitgehend gut erhalten und kaum abgebaut. Im Thunersee ist rund ein Zehntel der versenkten Objekte die vom Explosionsunglück in Mitholz von 1947 stammen, beschädigt. Trotz Korrosionspuren sind dabei jedoch mindestens 90 Prozent der ursprünglichen Dicke des Geschossmantels erhalten.

Keine Belastung des Seewassers
Detaillierte Analysen der Seeablagerungen und des Seewassers haben keine Hinweise auf Schadstoffe ergeben, die auf die versenkte Munition zurückzuführen wären. Die Schwermetallgehalte liegen im Bereich der natürlichen Belastung. Zudem lassen die Untersuchungen zu den Organveränderungen der Fische im Thunersee keinen Zusammenhang mit den Munitionsdeponien erkennen.

Bergung wäre problematisch
Weltweit steht keine erprobte Technologie zur Verfügung, um über so grosse Flächen verteilte Munition aus derart grosser Tiefe zu bergen. Das Heben aus dem Seegrund würde den Seegrund stark aufwirbeln und damit das Ökosystem während Jahren in Mitleidenschaft ziehen. Auf dem See müssten während langer Zeit Störungen, insbesondere Lärm, in Kauf genommen werden. Schliesslich besteht bei einer Bergung auch Explosionsgefahr mit entsprechendem Risiko für Menschen, Wasserfauna und Ökosystem. Wahrscheinlich müsste das Seegebiet weiträumig abgesperrt und der Schiffsverkehr eingestellt werden. Für die Entsorgung der geborgenen Munition müsste direkt am jeweiligen Seeufer oder an geeigneter zentraler Lage eine entsprechend gesicherte Anlage erstellt werden, wobei eine zentrale Anlage mit risikoreichen Landtransporten verbunden wäre.

Langfristige Überwachung sichergestellt
Angesichts der aktuell geringen Gefährdung und der mit der Bergung verbundenen Schwierigkeiten hat das VBS in Absprache mit den betroffenen Kantonen entschieden, auf eine Bergung zu verzichten. Eine regelmässige Überwachung stellt sicher, dass rechtzeitig reagiert werden kann, falls sich die Situation entgegen den Erwartungen verändern sollte. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den Kantonen liegt die Federführung dafür bei den betroffenen Kantonen.


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Sprecherin VBS
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