Bundesrat setzt auf Selbstregulierung der Medien

Bern, 29.06.2011 - Die Medien stehen vor schwierigen Herausforderungen. Dies stellt der Bundesrat in einem Bericht zur Beantwortung eines Postulats fest, das Nationalrat Hans-Jürg Fehr eingereicht hat. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Medien eine bedeutende Rolle für den demokratischen Prozess und die öffentliche Meinungsbildung zu spielen haben. Er ist jedoch der Ansicht, dass es Sache der Branche ist, den laufenden Strukturwandel zu bewältigen und verzichtet vorderhand auf neue staatliche Unterstützungsmassnahmen. Der Bundesrat wird in vier Jahren eine weitere Standortbestimmung vornehmen.

Nationalrat Hans-Jürg Fehr hat am 12. Juni 2009 ein Postulat eingereicht, mit welchem er unter dem Titel "Pressevielfalt sichern" einen Bericht zur Lage der Presse in der Schweiz und zu deren Zukunftsaussichten fordert. Er befürchtet, dass die Presse ihre zentrale Rolle für die direkte Demokratie wegen Monopolisierungstendenzen immer weniger in der erforderlichen Vielfalt spielen könne. Zudem forderte die Staatspolitische Kommission des Nationalrats den Bundesrat auf, einen früheren Bericht des privaten Forschungsbüros Ecoplan zur indirekten Presseförderung aus dem Jahr 2001 zu aktualisieren, neue Möglichkeiten zur Presseförderung aufzuzeigen und Varianten für einen Übergang von der heutigen indirekten zur direkten Presseförderung zu prüfen. 

Eigenverantwortung und Selbstregulierung

Der Bericht skizziert den gegenwärtig in den Medien ablaufenden Strukturwandel und zeigt Tendenzen auf, die unter dem Gesichtswinkel der Medienvielfalt und der Medienqualität mittel- bis langfristig problematisch werden könnten. Der Bundesrat kommt aber zum Schluss, dass vorab die Medien selbst Wege suchen müssen, um die laufenden Entwicklungen und die damit einhergehenden Schwierigkeiten zu bewältigen. Stichworte sind etwa die Schaffung eines wirtschaftlich tragfähigen Fundaments für journalistische Online-Angebote, die Verbesserung der journalistischen Arbeitsbedingungen und die Qualitätssicherung auch im Online-Bereich.

Der Bundesrat wird in vier Jahren eine weitere Standortbestimmung vornehmen. Sollten aus seiner Sicht die Anstrengungen der Medien nicht ausreichen, um die aus staats- und demokratiepolitscher Sicht notwendigen Leistungen auch in Zukunft zu sichern, behält er sich vor, weitergehende Massnahmen ins Auge zu fassen. Denkbar sind der Ausbau der Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden, die Umgestaltung der Posttaxenverbilligung, Erleichterungen via Mehrwertsteuer oder eine Verfassungsbestimmung, um die nötige Bundeszuständigkeit für eine direkte Medienförderung zu schaffen.

Wissenschaftliche Untersuchungen 

Basis für den Bericht sind fünf medienwissenschaftliche Studien, die ihren Fokus nicht nur auf die Presse, sondern auf die Medien insgesamt richten. Eine weitere Studie hat die bisherige Presseförderung in der Schweiz untersucht. Die medienwissenschaftlichen Studien zeichnen die wirtschaftlichen Entwicklungen und die veränderte Mediennutzung in der Schweiz nach. Sie belegen die Medienkonzentrationsprozesse, den Rückgang der politischen Berichterstattung in den Regionalzeitungen sowie den Einbruch bei den Werbeeinahmen der abonnierten Zeitungen. Zudem wird eine rückläufige Qualität der Berichterstattung nicht nur bei der (Regional-)Presse, sondern mindestens ebenso sehr bei anderen Medientypen festgestellt, namentlich bei Online- und Gratismedien. 

Mögliche Fördermassnahmen

Zur Stärkung der Medien und ihrer demokratischen Leistungen sind grundsätzlich direkte und indirekte Fördermassnahmen denkbar. In der Schweiz existieren zurzeit ausschliesslich indirekte Fördermassnahmen: die verbilligte Postzustellung für bestimmte Zeitungen und die Mitgliedschaftspresse sowie ein reduzierter Mehrwertsteuersatz für Druckerzeugnisse. Die Überprüfung dieser Massnahmen zeigt, dass die Verleger und Verbände damit zwar wirtschaftlich entlastet werden, dass aber keine direkte Wirkung hinsichtlich des politischen Ziels der publizistischen Vielfalt in den Medien ersichtlich ist. Eine Prüfung von möglichen neuen Unterstützungsmassnahmen zeigt, dass der verfassungsrechtliche Spielraum des Bundes für neue Massnahmen und insbesondere für eine direkte Förderung der Medien sehr eng ist.

Folgende Studien wurden erstellt: 

  • "Die wirtschaftlichen Entwicklungen der Medien in der Schweiz 2000-2010 – Strukturen und Perspektiven" (Dr. E. Kradolfer / U. Custer / Dr. M. Künzler)

  • "Pluralismus und Vielfalt in Regionalzeitungen. Auswirkungen von Medienkonzentration und Medienkrise auf die Lokalberichterstattung in ausgewählten Regionen in der Schweiz" (SwissGIS: PD Dr. W.A. Meier u.a.)

  • "Medienkonzentration und Meinungsvielfalt" (FöG: E. Kamber / Prof. K. Imhof)

  • "Die Schweizer Medienbranche 2015 – Rechnerische und narrative Szenarien der Medienzukunft" (IPMZ Dr. B. Rimscha / Prof. G. Siegert)

  • "Auswirkungen des Internets auf die journalistische Praxis und berufskulturelle Normen (IAM – Dr. des. G. Keel / Prof. V. Wyss)

Zudem wurde eine weitere Studie erstellt, welche die bisherige Presseförderung analysiert hat:

  • Evaluation der Wirksamkeit der Presseförderung und alternativer Modelle der Presseförderung" (Ecoplan)


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Martin Dumermuth, Direktor BAKOM, 032 327 55 50 (Medienstelle)



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