Jahresbericht fedpol 2010: Internationale Schwerstkriminalität bleibt die grösste Bedrohung

(Letzte Änderung 24.06.2011)

Bern, 23.06.2011 - Wie der Jahresbericht 2010 des Bundesamtes für Polizei (fedpol) zeigt, haben sich die Trends der letzten Jahre bestätigt: Die internationale Schwerstkriminalität hat sich zu einer globalen Bedrohung entwickelt. Neben der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und dem Menschenhandel und –schmuggel bleibt der Cybercrime-Bereich eine der grössten Herausforderungen für die Polizeibehörden der Schweiz. Insbesondere das Internet und die technologische Entwicklung beeinflussen die Kriminalitätslage zunehmend.

Immer öfter werden über das Internet grenzüberschreitende Straftaten geplant und vorbereitet. Die Täter agieren schneller und sind schwerer fassbar. Oft sind es kriminelle Netzwerke und Organisationen, die mit Hackern und Virenautoren über Staatsgrenzen hinweg zusammenarbeiten und Schadprogramme sowie die Infrastruktur zur Begehung von Straftaten im Internet zur Verfügung stellen. Die Täter passen sich dabei sehr schnell veränderten technischen Gegebenheiten an.

Die meisten Informationen, welche über das Internet verbreitet werden, sind verschlüsselt. Das macht es für die Polizei schwierig, die Drahtzieher aufzuspüren und organisierte Strukturen zu bekämpfen. Das Internet wird daneben immer öfter auch für Gewaltaufrufe missbraucht und zu Propagandazwecken eingesetzt. Entsprechend hoch bleibt damit das Gefährdungs- und Schadenspotenzial in diesem Bereich. Um sich vor Internetbedrohungen erfolgreich zu schützen und Internetkriminalität effizient zu bekämpfen, ist schweizweit wie auch international weiterhin ein abgestimmtes, gemeinsames Vorgehen nötig.

Die intensive Bekämpfung dieser Kriminalitätsform kann gleichzeitig nur dank dem Einsatz von zusätzlichen Spezialisten auf diesem Gebiet entgegengewirkt werden. Gefragt sind insbesondere Analysten, welche sich im IT-Bereich auskennen. Auch das Parlament hat diese Notwendigkeit erkannt und zwölf zusätzliche Stellen bei fedpol bewilligt.

Die Schweiz als Drehscheibe und Transitland

Die von fedpol gewonnenen Erkenntnisse bestätigen, dass mafiöse Organisationen in der Schweiz und im grenznahen Ausland weiter sehr aktiv sind. Die Schweiz wird dabei in erster Linie als logistische Drehscheibe und Transitland missbraucht. Gerade die Mafia-Organisation 'Ndrangheta aus Kalabrien hat in der Schweiz zunehmend an Bedeutung gewonnen. Ähnlich ist die Situation in den an die Schweiz grenzenden Regionen Piemont, Lombardei und Baden-Württemberg. Der wachsende Druck der italienischen Behörden auf die 'Ndrangheta und andere Mafia-Organisationen führt dazu, dass diese ihre kriminellen Aktivitäten wie die Geldwäscherei zunehmend in die Schweiz verlagern. Die Clans agieren in der Schweiz dabei jedoch vorab grenzüberschreitend.

Diskrete Vorgehensweise

Die italienischen Mafiaorganisationen suchen für ihre Aktivitäten im Bereich der Wirtschaftskriminalität gezielt die Zusammenarbeit mit Spezialisten aus dem Finanz- und Bankwesen, um ihre Präsenz in der Schweiz zu stärken. Die entsprechenden Delikte werden äusserst diskret begangen und sind daher für die Öffentlichkeit weit weniger sichtbar als andere Formen der Organisierten Kriminalität wie beispielsweise der Drogenhandel auf offener Strasse oder grosse Einbruchserien.

Im Rahmen nationaler Verfahren oder auf Ersuchen ausländischer Partner wurden 2010 in der Schweiz mehrere Personen festgenommen. Darunter waren auch Angehörige von Mafiaorganisationen. Sie wurden nach Italien ausgeliefert und zu langen Haftstrafen verurteilt.

Seit zwei Jahren arbeitet fedpol mit mehreren Kantonen und dem Grenzwachtkorps zusammen, um den Kokainhandel afrikanischer Netzwerke zu bekämpfen, damit die Schweiz als Standort für Kokainhändler unattraktiv wird. fedpol hat in diesem Rahmen 70 Verfahren analytisch, technisch und operativ unterstützt. Dabei wurde dreistellige Kilobeträge an Kokain sowie mehrere Hunderttausend Franken an mutmasslichen Drogengeldern sichergestellt.

fedpol bekämpft aktiv alle Formen Organisierter Kriminalität. So hat das Amt in diesem Bereich im Berichtsjahr mit der Bundesanwaltschaft dutzende Ermittlungen geführt und in enger Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern alles daran gesetzt, diese Kriminalitätsformen zu verfolgen.

Schaffung einer zentralen Zeugenschutzstelle

Neben den eigenen Ermittlungen in Bundeskompetenz koordiniert fedpol die Verfolgung der internationalen Schwerstkriminalität mit den nationalen und internationalen Partnern, wie zum Beispiel in den Bereichen Menschen- und Betäubungsmittelhandel. Der Menschenhandel aus Osteuropa hat sich im Berichtsjahr in der Schweiz weiter ausgebreitet. Dem Opfer- und Zeugenschutz kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Mit ausserprozessualen Zeugenschutzmassnahmen kann eine gefährdete Person ausserhalb eigentlicher Verfahrenshandlungen, also während und nach Abschluss eines Verfahrens, geschützt werden.

Der Bundesrat hat Ende 2010 die Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarates über die Bekämpfung des Menschenhandels und zum Bundesgesetz über den ausserprozessualen Zeugenschutz verabschiedet. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass fedpol eine zentrale Zeugenschutzstelle führt, die für eine einheitliche Durchführung der Zeugenschutzprogramme und die Beratung der Kantone zuständig sein wird.

Wann die Zeugenschutzstelle ihre Arbeit aufnehmen wird, hängt von der Inkraftsetzung des Zeugenschutzgesetzes ab. Die Beratungen im Parlament sind hierzu noch in Gang. Als Erstrat hat der Ständerat die Vorlage einstimmig angenommen.

Internationale Zusammenarbeit gegen globalisierte Kriminalität

Die vergangenen zehn Jahre seit der Gründung von fedpol im Jahr 2000 haben gezeigt, dass der globalen Schwerstkriminalität nur mit einer intensiven nationalen und internationalen Zusammenarbeit erfolgreich begegnet werden kann. Es hat sich mehrfach bestätigt, dass die bilateralen und multilateralen Abkommen strategisch wichtig und Basis für eine erfolgreiche Verfolgung der grenzüberschreitenden Kriminalität sind.

Die seit kurzem in Angriff genommene Anpassung des trinationalen Polizeivertrages zwischen Österreich, Liechtenstein und der Schweiz aus dem Jahr 2002 sowie das neue Polizeiabkommen mit Serbien, welches 2011 in Kraft getreten ist, zeigen, dass fedpol mit seinen Partnern in den umliegenden Ländern namentlich den Entwicklungen der Kriminalität Rechnung trägt.


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