Ökobilanz von Kaffeekapseln unter der Lupe: Auf den Kaffee kommt es an
Dübendorf, St. Gallen und Thun, 10.05.2011 - Wie umweltfreundlich sind die verschiedenen Kapselsysteme und andere Zubereitungsarten für Kaffee? Empa-Forschende nahmen die Ökobilanzen der verschiedenen Systeme unter die Lupe. Resultat: Auf den Inhalt kommt es an. Die Wahl des Kaffees beeinflusst die Ökobilanz viel stärker als die Wahl zwischen Kapsel, Vollautomat und Filterkaffee.
Kapselsysteme für Kaffee sind praktisch und deshalb sehr beliebt. Punkto Umweltfreundlichkeit bestehen jedoch grosse Fragezeichen. Der Empa-Ökobilanz-Experte Roland Hischier hat vor kurzem verschiedene Kapselsysteme sowie Vollautomaten, Filter- und löslichen Kaffee untersucht und eine vereinfachte Ökobilanz erstellt. Dabei zeigt sich, dass der Inhalt entscheidend ist. «Eine bewusste Kaffeewahl ist auf jeden Fall das Beste für die Umwelt», so Hischier. Wer umweltfreundlichen Kaffeegenuss will, solle auf Kaffee mit Nachhaltigkeitslabel setzen.
Für die Ökobilanz wog Hischier die verschiedenen Kapseln und identifizierte die Hauptbestandteile. Anschliessend verwendete er Literaturwerte für den durchschnittlichen Material- und Energieverbrauch bei der Produktion dieser Materialien. Für Filter- und löslichen Kaffee griff er ebenfalls auf Literaturwerte zurück. Als Grundlage für die ökologische Bewertung des Kaffees selbst diente eine Studie aus Brasilien, die 56 Kaffeeplantagen analysiert hatte. Da nicht genau bekannt ist, welche «Art» Kaffee die jeweiligen Kapseln enthalten, berücksichtigte Hischier sowohl den Durchschnittswert der brasilianischen Studie für Kaffeeanbau wie auch die Extremwerte. Dadurch konnte er den Einfluss des Kaffees beziehungsweise dessen Anbauart auf die gesamte Ökobilanz der Kaffeezubereitung aufzeigen.
Landwirtschaft als Umweltsünderin Nr. 1
Entscheidend für die Ökobilanz ist die Umweltbelastung durch die Landwirtschaft beim Kaffeeanbau. Je nach Aufwand auf der Kaffeeplantage und damit unterschiedlichem Einsatz von Maschinen (Diesel für Traktor), Dünger und Pestiziden, variieren die Umweltdaten für den Kaffee deutlich. Im schlechtesten Fall macht die Kaffeekultivierung rund 70 Prozent der Umweltbelastung einer Tasse Kaffee aus, im besten Fall gerade noch ein Prozent.
Eine separate Betrachtung der verschiedenen (leeren) Kapseln brachte – aufgrund der unterschiedlichen Materialmengen der Kapseln und deren Verpackung – ebenfalls grosse Unterschiede. Bei einem durchschnittlichen Kaffee macht die Kapsel rund einen Viertel der Umweltbelastung aus. Relativ schwere Kunststoffkapseln und solche, die zusätzlich noch einzeln verpackt sind, schneiden schlechter ab. Werden Aluminiumkapseln rezykliert – und nur dann –, sind sie die besten.
Zum Schluss verglich Hischier Kapseln mit weiteren Zubereitungsarten für Kaffee. Beim Vollautomaten hängt das Resultat erheblich davon ab, wie viel Kaffee pro Tasse verwendet wird – kein Wunder bei dem grossen Einfluss des Kaffees auf die Gesamtbilanz. Bei «Vollbeladung» mit durchschnittlichem Kaffee liegt die Umweltbelastung eines Vollautomaten sogar höher als diejenige des «besten» Kapselsystems. Da die verschiedenen Kapselsysteme unterschiedlich viel Kaffee enthalten – zwischen sechs und neun Gramm, also immerhin eine 50-prozentige Varianz –, ergeben sich in der «Rangliste» im Vergleich zu den leeren Kapseln leichte Verschiebungen; Kapseln mit viel Kaffeepulver schneiden – wie erwartet – schlechter ab.
Unabhängig vom Kaffee gibt es aber auch zwei klare Gewinner: Unter der jeweiligen Annahme, dass beim Filterkaffee die ganze aufgebrühte Kanne getrunken und beim löslichen Kaffee nur so viel Wasser erhitzt wird wie auch benötigt, schneiden diese beiden Zubereitungsarten pro Tasse Kaffee mit Abstand am besten ab. Für Kaffeefans tröstlicher dürfte Hischiers Auskunft sein, dass die gute, alte Espressokanne oder Caffettiera, die er im Vergleich allerdings nicht mitberücksichtigt hat, ähnlich gut abschneidet – vorausgesetzt, es wird pro Tasse gleich viel Pulver wie beim Filterkaffee genommen und die Caffettiera ganz ausgetrunken.
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Roland Hischier, Technologie und Gesellschaft, Tel. +41 58 765 78 47, roland.hischier@empa.ch
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