Keine Bundesregelung für Zwangsernährung; Kantonale Praxis hat sich nach Ansicht des Bundesrates bewährt

Bern, 24.11.2010 - Der Bundesrat lehnt die Schaffung einer Bundesregelung für die Zwangsernährung in Haftanstalten ab, weil sich die kantonale Praxis bisher bewährt hat. In seiner Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss weist er zudem darauf hin, dass sich die Kantone gegen eine Bundesregelung ausgesprochen haben und allfällige Massnahmen auf kantonaler Ebene prüfen wollen.

Hungerstreiks oder die Androhung solcher Streiks kommen in Hafteinrichtungen regelmässig vor. Damit sollen die Haftbedingungen erleichtert oder die angeordnete Ausschaffung verhindert werden. In den meisten Fällen wird allerdings der Hungerstreik nach Gesprächen mit dem Gesundheits- und Vollzugspersonal gar nicht begonnen oder nach kurzer Zeit abgebrochen, hält der Bundesrat in seiner Antwort fest. Länger dauernde Hungerstreiks sind sehr selten; der Fall Rappaz stellt einen eher untypischen Einzelfall dar.

Der Bundesrat erinnert ferner daran, dass die konkreten Einzelheiten des Straf- und Massnahmenvollzugs weitgehend von den Kantonen geregelt werden, die teilweise bereits Regelungen für die Zwangsernährung im Freiheitsentzug erlassen haben. Schliesslich gibt der Bundesrat zu bedenken, dass eine generell abstrakte Regelung nicht alle Fragen lösen könnte, die sich im Zusammenhang mit einem Hungerstreik stellen. In jedem Einzelfall müssen die verschiedenen Interessen abgewogen werden: einerseits das öffentliche Interesse am Strafvollzug und die Verpflichtung des Staates zum Schutz des Lebens sowie andererseits das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit, das Recht auf Selbstbestimmung sowie das Verbot der Folter und jeder anderen Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung.


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