Gates Foundation unterstützt Schweizer Wasserforschung für Südafrika

Dübendorf, 14.10.2010 - Urin als Rohstoff der Zukunft? Die separate Sammlung von Urin erlaubt innovative Lösungen für Verbesserungen der Siedlungshygiene und das Recycling der Nährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium. Insbesondere an Orten, wo eine Schwemmkanalisation nach westeuropäischem Muster keine nachhaltige Lösung bietet, ist die Urinseparierung eine grosse Chance. Jetzt unterstützt die Stiftung von Bill und Melinda Gates mit drei Millionen Franken ein gemeinsames Projekt des Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag und der Wasserversorgung eThekwini in Südafrika, das diesen Ansatz praxisnah weiterentwickelt.

Das auf vier Jahre ausgelegte Vorhaben umfasst die Weiterentwicklung von technischen Lösungen zum Nährstoffrecycling aus Urin. Ausserdem untersuchen die Beteiligten zusammen mit Experten der Universität KwaZulu-Natal sowie der ETH Zürich logistische Lösungen für die Sammlung und den Transport von Urin von den Toiletten zu den Behandlungsanlagen. Schliesslich gehen die Schweizer Wasserforscher mit ihren Partnern in Südafrika der Frage nach, wie mit der Gewinnung und dem Verkauf eines Düngers aus Urin die Siedlungshygiene wirtschaftlich gefördert werden kann, so dass ein günstiges, effizientes und breit akzeptiertes Sanitärsystem etabliert werden kann.

Alternativen sind dringend nötig

Hinter dem Projekt steht die Erkenntnis, dass alternative Konzepte zur Kette von WC, Schwemmkanalisation und zentraler Abwasserreinigung nötig sind – allein schon darum, weil dafür vielerorts gar nicht genügend Wasser verfügbar ist. Dringend nötig ist dies vor allem, wenn die Zahl der Menschen ohne Zugang zu elementaren sanitären Einrichtungen und sicherem Trinkwasser zurückgehen soll, wie in den Millenniumszielen der Uno gefordert. Denn neben der Gesundheit der Bevölkerung gefährdet eine ungenügende Entsorgung von Fäkalschlämmen an vielen Orten auch die Trinkwasserversorgung und belastet die Gewässerökosysteme massiv. Und nicht zuletzt ist der Bedarf an Dünger weltweit so gross, dass das Interesse an lokalen Nährstoffquellen wächst.

Erfolgreiche Vorarbeit in Nepal

Die Eawag hat langjährige Erfahrung in der Erforschung der Urinseparierung, auch als NoMix-Technologie bezeichnet. 2007 wurde dazu das disziplinenübergreifende Projekt Novaquatis abgeschlossen: www.novaquatis.ch. Seither hat die Eawag unter anderem in einem Projekt in Siddhipur bei Kathmandu (Nepal) gezeigt, dass die Urinverarbeitung zum Phosphordünger Struvit regionale Nährstoffkreisläufe schliessen und das Bewusstsein für den Wert der Nährstoffe im Urin fördern kann. Die beteiligten Bauern profitieren mit, denn sie müssen weniger Kunstdünger aus Import zukaufen. Die Akzeptanz für die einfachen Trockentoiletten mit Urinseparierung wurde in Nepal zusätzlich begünstigt, weil die gut 100 Testfamilien von einem lokalen «Hygienekomitee» unterstützt wurden. www.eawag.ch/stun. «Die Erfahrung der Eawag mit der NoMix-Technologie und die Zusammenarbeit mit einer sehr fortschrittlichen Verwaltung haben sicher dazu beigetragen, dass unser Vorhaben nun mit insgesamt drei Millionen Franken gefördert wird», sagt Verfahrenstechniker Kai Udert, der das Projekt an der Eawag leitet.

Zusammenarbeit mit innovativer Wasserbehörde

Tatsächlich können sich die Schweizer Wasserforscher in der südafrikanischen Region eThekwini rund um Durban auf eine innovative Verwaltung stützen, die im Bereich der Siedlungshygiene schon wesentliche Pionierarbeit geleistet hat. Unter anderem propagieren die Wasserverantwortlichen seit 2002 eine Reihe verschiedener Trockentoiletten. Bereits sind rund 90'000 Toiletten mit separater Urinableitung in Betrieb ­– allerdings wird der Urin heute einfach versickert, was längerfristig neue Probleme schafft. Mit dem Nährstoffrecycling aus Urin soll nun ein möglichst simples Gesamtsystem etabliert werden, das die Kosten für die Siedlungshygiene senkt, die Verschmutzung der Wasserressourcen verhindert und einen Dünger für den lokalen Markt produziert. «Das ist ein komplett neues Denken, nicht bloss ein kleiner Schritt auf einem bereits bekannten Pfad», sagt Kai Udert.

 

  • Weitere Auskünfte: Dr. Kai Udert, Telefon +41 44 823 5360, kai.udert@eawag.ch
  • Bildmaterial zum Download auf www.eawag.ch > Medien


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Eawag: Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs
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