Junge Erwachsene nutzen das kulturelle Angebot rege

Bern, Neuchâtel, 23.06.2009 - Konzerte besuchen, Denkmäler besichtigen und ins Kino gehen sind die häufigsten kulturellen Aktivitäten in der Schweiz. Sie werden von rund zwei Dritteln der Bevölkerung ausgeübt. Tendenziell nutzen die jungen Leute das kulturelle Angebot am meisten, insbesondere im Bereich Kino oder Konzerte. Faktoren wie das Ausbildungsniveau oder das Haushaltseinkommen spielen beim Zugang zur Kultur eine wichtige Rolle. Häufig werden auch kulturelle Aktivitäten selber von engagierten Amateuren ausgeübt, insbesondere im Bereich der Musik. Dies geht aus den neusten vom Bundesamt für Statistik (BFS) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kultur (BAK) veröffentlichten Ergebnissen hervor.

Seit 1988 wurde vom BFS keine landesweite Studie zum Kulturverhalten mehr erstellt. Die 2008 bei der 15-Jährigen und älteren Wohnbevölkerung durchgeführte repräsentative Erhebung schliesst damit diese Lücke. Ein Vertiefungsmodul zur Musik liefert detaillierte Ergebnisse zu diesem äusserst beliebten Bereich: Rund 9 von 10 Personen hören Musik, davon fast die Hälfte jeden Tag. Der Wunsch, häufiger kulturelle Aktivitäten durchzuführen, sowie die diesbezüglichen Hindernisse wurden ebenfalls analysiert. Diese Studie stellt eine empirische Grundlage für die Kulturpolitik in der Schweiz dar.

Weitverbreitete, jedoch nur gelegentlich praktizierte kulturelle Aktivitäten

2008 besuchten zwei Drittel der Bevölkerung in der Schweiz Konzerte aller Musikausrichtungen, besichtigten Denkmäler und historische oder archäologische Stätten oder gingen ins Kino. Rund
40 bis 50 Prozent der Personen besuchten historische, technische, regionale u.a. Museen, Vorstellungen anderer Art (Revuen, Zirkus, Licht- und Tonschauen usw.) sowie Kunstmuseen, -ausstellungen und -galerien oder gingen ins Theater. Rund ein Drittel der Bevölkerung ging in die Bibliothek (Freizeit) und an Festivals und ein Fünftel suchte die Bibliothek berufs- oder ausbildungsbedingt auf oder besuchte Ballett-/Tanzaufführungen. Diese Angaben decken sich in etwa mit international gemessenen Werten. Die Bevölkerung ging den meisten Aktivitäten nur gelegentlich nach (1- bis 6- mal im Jahr). Eine Ausnahme bilden die Bibliotheken, die im Durchschnitt regelmässig (7-mal oder mehr) aufgesucht wurden, sowie die Kinos.

Ein weiterhin ungleicher Zugang zur Kultur

Die Teilnahme an kulturellen Aktivitäten ist nicht bei allen Personen gleich. Die meisten Aktivitäten werden von den Jungen häufiger ausgeübt: Besonders ausgeprägt ist die «Jugenddominanz» bei den Kinos oder Festivals. Das Ausbildungsniveau sowie das Haushaltseinkommen beeinflussen weiterhin stark das Kulturverhalten in allen Bereichen (bei den Kunstmuseen und Galerien ergab sich eine Quote von 16% für Personen mit einer Ausbildung auf Sekundarstufe I und eine Quote von 62% für Personen mit Tertiärausbildung). Auch Stadt-Land-Unterschiede sind zu beobachten: Die meisten kulturellen Aktivitäten werden in den städtischen Gebieten häufiger ausgeübt als auf dem Land. Darüber hinaus gibt es sprachregionale Unterschiede: Die historischen oder technischen Museen wurden in der Deutschschweiz am häufigsten besucht, in der Westschweiz waren es hingegen die Kunstmuseen und Galerien.

Wunsch nach vermehrter Teilnahme und vielfältige Hindernisse

Rund 60 Prozent der Bevölkerung möchten öfter an Konzerte oder andere Musikanlässe gehen,
40 Prozent öfter ins Kino und knapp ein Drittel öfter ins Museum. 42 Prozent der Bevölkerung würden aber gerne auch öfter ein Theater oder eine Tanzaufführung besuchen, d.h. einer kulturellen Aktivitäten nachgehen, die seltener praktiziert wird. Die am weitaus häufigsten genannten Hindernisse sind der Zeitmangel und ungünstige zeitliche Rahmenbedingungen. Es folgen die Kosten, das familiäre oder soziale Umfeld sowie ein begrenztes kulturelles Angebot. Auch persönliche Faktoren (Müdigkeit, Gesundheitsprobleme, usw.) sowie fehlende öffentliche Verkehrsmittel oder der Mangel an Informationen über das Angebot wurden genannt. Weniger häufig genannt wurden die eigene Einstellung und der persönliche Geschmack (mangelndes Interesse, usw.).

Unterhaltung steht nicht im Widerspruch zum aktiven Interesse

Aus der Sicht des Bundesamtes für Kultur (BAK) bestätigt die Erhebung, dass das kulturelle Angebot in der Schweiz bei der Bevölkerung beliebt ist. Die oft geäusserte Befürchtung, dass sich junge Leute wenig für Kultur interessieren, wird widerlegt. Im Unterscheid zu älteren Leuten geben junge Menschen vermehrt an, das kulturelle Angebot vor allem zum Vergnügen und weniger aus aktivem Interesse zu nutzen. Aber auch bei den älteren Leuten ist das Vergnügen wichtig. Für die Kulturpolitik heisst das, dass sie beide Aspekte der Nutzung von Kultur ernst nehmen muss.

Hunger nach Kultur

Erfreulicherweise möchten alle Bildungsgruppen ihre kulturellen Aktivitäten vertiefen. Die Hochschulabsolventinnen und –absolventen, die schon am meisten kulturelle Aktivitäten praktizieren, wollen diese sogar mehr als die anderen Bildungsstufen ausbauen. Für die Kulturpolitik heisst das, dass die Schulen wichtige Partner zur Förderung des kulturellen Interesses sind. Es ist wichtig, dass Schülerinnen und Schüler bereits am Anfang der obligatorischen Schulzeit für Kultur und kulturelle Aktivitäten sensibilisiert werden.

Erfreuliche Aussichten für die Schweizer Kulturpolitik

Das Kulturförderungsgesetz (KFG), das sich in der parlamentarischen Beratung befindet, will die Kulturstatistik, die heute lediglich die Bibliotheken, den Film / das Kino und das Kulturverhalten umfasst, ausbauen. Sie soll nicht nur das Verhalten der Bevölkerung analysieren, sondern insbesondere auch Auskunft geben über die Subventionen der öffentlichen Hand und die Beiträge von Privaten an die Kultur. Damit wird das BAK über ein Instrument verfügen, mit Hilfe dessen die Kulturpolitik in der Schweiz zwischen den einzelnen Akteuren (Bund, Kantone, Gemeinden und Private) besser abgestimmt werden kann. Die Statistik hilft der Politik zudem, Prioritäten zu setzen, die auf fundierten Daten beruhen.

Neuerscheinung:
Kulturverhalten in der Schweiz – Erhebung 2008. Erste Ergebnisse, Bestellnummer: 1061-0900.
Preis: gratis


Adresse für Rückfragen

Olivier Moeschler, BFS, Sektion Politik, Kultur, Medien, Tel.: +41 32 71 36967

Stéphanie Vanhooydonck, BFS, Sektion Politik, Kultur, Medien, Tel.: +41 32 713 69 60

Stéphanie Andrey, BAK, Sektion Kultur und Gesellschaft, Tel. +41 31 324 10 69

Pressestelle BFS, Tel.: +41 32 71 36013; Fax: +41 32 71 36346, E-Mail: info@bfs.admin.ch

Publikationsbestellungen, Tel.: +41 32 71 36060, Fax: +41 32 71 36061
E-Mail: order@bfs.admin.ch

Kommunikation BAK, Anne Weibel, Kommunikationschefin, Tel. : +41 31 322 79 85,
E-Mail : anne.weibel@bak.admin.ch



Herausgeber

Bundesamt für Kultur
http://www.bak.admin.ch

Bundesamt für Statistik
http://www.statistik.admin.ch

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-27586.html