6. IV-Revision: nächster Schritt zur nachhaltigen Sanierung der Invalidenversicherung

Bern, 17.06.2009 - Der Bundesrat hat die Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket der 6. Revision der Invalidenversicherung eröffnet. Damit wird der dritte und letzte Schritt des Sanierungsplans für die IV eingeleitet. Mit dem ersten Massnahmenpaket kann das ab Ende der Zusatzfinanzierung zu erwartende Defizit halbiert werden. Das zweite Massnahmenpaket, das der Bundesrat dem Parlament bis Ende 2010 vorlegen muss, soll die andere Hälfte des Defizits eliminieren, so dass die IV nach Auslaufen der befristeten Zusatzfinanzierung finanziell auf eigenen Beinen steht. Die Vernehmlassung zum ersten Massnahmenpaket dauert bis Mitte Oktober 2009. Es soll 2012 in Kraft treten.

Die Vernehmlassungsvorlage umfasst drei Elemente, mit denen die Rechnung der Invalidenversicherung nachhaltig entlastet werden kann:

Eingliederung aus der Rente

Neu sollen grundsätzlich auch schon laufende Renten systematisch darauf überprüft werden, ob bei ihren Bezügerinnen und Bezügern ein Potenzial zur Wiedereingliederung vorhanden ist. In Fällen von somatoformen Schmerzstörungen, Fibromyalgien und ähnlichen Sachverhalten besteht seit Inkrafttreten der 5. IV-Revision grundsätzlich kein Anspruch auf eine Rente mehr. Mit einer Gesetzesgrundlage wird sicher gestellt, dass dieser Grundsatz auch bei der Revision von laufenden Renten angewandt werden kann. Diese sollen reduziert oder aufgehoben werden. Die Versicherten werden gezielt begleitet und betreut, und es besteht eine Härtefallregelung.

Auch bei den künftigen Bemühungen zur Wiedereingliederung aus der Rente im Rahmen der üblichen Rentenrevisionen werden die Versicherten begleitet und betreut, und es gelten Schutzregelungen. Zudem gilt, dass bei einer erneuten Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit innert zwei Jahren nach der (Teil-)Eingliederung die vorherige Rente mit vereinfachtem Verfahren wieder aufleben kann.

Es wird damit gerechnet, dass in den sechs Jahren von 2012 (Inkraftsetzung) bis 2018 der Bestand von heute 250'000 (gewichteten) Renten so um rund 5 Prozent, also 12'500, reduziert werden kann. In den Jahren danach wird noch mit rund 300 zusätzlichen Eingliederungen pro Jahr gerechnet.
Durchschnittliche jährliche Entlastung ab 2018: 230 Mio. Franken 

Kostenwahrheit im Finanzhaushalt der IV

Der Finanzierungsmechanismus der IV soll neu so ausgestaltet werden, dass im Gegensatz zu heute jeder Franken, den die IV einspart, auch ganz ihr zugute kommt. Heute ist der Beitrag des Bundes an die IV in Relation zu deren Ausgaben definiert: es sind immer 38 Prozent davon. Das bedeutet, dass der IV nur 62 Franken gutgeschrieben werden, wenn sie 100 Franken spart. Die restlichen 38 Franken entlasten die Bundeskasse. Neu soll der Bundesbeitrag so festgelegt werden, dass er nicht mehr automatisch den Ausgaben der IV folgt, sondern dem Gang der Wirtschaft. Dies hat auch den Vorteil, dass sich der Geschäftsverlauf der IV direkt und transparent auf ihre Rechnung auswirkt.
Durchschnittliche jährliche Entlastung ab 2018: 270 Mio. Franken 

Wettbewerb bei der Beschaffung von Hilfsmitteln

Die Vorlage schafft die gesetzliche Grundlage dafür, dass die IV selbst kostengünstig Hilfsmittel beschaffen kann. Sie soll neu z.B. die Möglichkeit erhalten, mit öffentlichen Ausschreibungen bei der Beschaffung von Hörgeräten für echten Wettbewerb zwischen den Anbietern zu sorgen. Das ermöglicht eine günstigere Versorgung bei gleich hoher Qualität, was sowohl den Versicherungen als auch den Behinderten zugute kommt.
Durchschnittliche jährliche Entlastung: 35 bis 50 Mio. Franken 

Das vierte Element der Vernehmlassungsvorlage verbessert die Lebensumstände von Behinderten und ist für die IV kostenneutral:

Assistenzbeitrag zur Förderung einer selbstbestimmten Lebensführung

Zur Förderung einer eigenverantwortlichen Lebensführung von Menschen mit Behinderung soll neu ein Assistenzbeitrag eingeführt werden. Menschen mit einer Behinderung können dadurch selber Personen anstellen, welche ihnen die für die Alltagsbewältigung benötigte Hilfe leisten. Der Assistenzbeitrag kann es Personen ermöglichen, wieder zu Hause statt im Heim zu wohnen, respektive verhindern, dass jemand in ein Heim eintreten muss. Er ist für die IV kostenneutral, weil er gleichzeitig Einsparungen bei der Hilflosenentschädigung ermöglicht. Der Bundesrat verlängert im Übrigen die Verordnung über den Pilotversuch Assistenzbudget, der als Grundlage für die Ausarbeitung des Assistenzbeitrags diente.  

Finanzielle Auswirkungen der 6. IV-Revision (1. Massnahmenpaket)

Unter Einbezug weiterer Revisionselemente betragen die durchschnittlichen jährlichen Einsparungen des ersten Massnahmenpakets der 6. IV-Revision ab 2018 rund 570 Mio. Franken. Ab diesem Zeitpunkt wirken sich die Revisionsmassnahmen voll aus, während in den Jahren zuvor die Anfangsinvestitionen insbesondere in die Eingliederung aus der Rente die Einsparungen schmälern. Im Anschluss an die Phase der IV-Zusatzfinanzierung (2011 bis 2017) verbleibt somit für den nachhaltigen Ausgleich der IV-Rechnung ein Sparbedarf von etwas über 500 Mio. Franken jährlich. Die entsprechenden Ausgabensenkungen bilden die schwergewichtige Zielsetzung des zweiten Massnahmenpakets.


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