Das Verlagerungsgesetz und die flankierenden Massnahmen zur Umsetzung des Landverkehrsabkommens Schweiz - EU

Bern, 28.04.1999 - Der Bundesrat setzt sich zum Ziel, dass spätestens ein Jahr nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels nur noch 650'000 Lastwagen auf der Strasse die Alpen überqueren sollen. Verankert ist dieses Ziel im Verlagerungsgesetz, mit dem der Alpenschutzartikel schrittweise erfüllt werden soll. Mit einem überarbeiteten Paket von flankierenden Massnahmen will der Bundesrat die Wirkung des schweizerischen Verlagerungsinstrumentariums - LSVA, NEAT, Bahnreform und Landverkehrsabkommen Schweiz-EU - verstärken. Dafür sind im Zeitraum 2000 bis 2010 finanzielle Mittel von durchschnittlich rund 280 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen; das sind rund 150 Millionen mehr als heute.

Flankierende Massnahmen sind zur wirkungsvollen Umsetzung des neuen Landverkehrsabkommens zwingend. Das hat die Vernehmlassung über das Landverkehrsabkommen und die flankierenden Massnahmen klar gezeigt. Die Hauptstossrichtung dieser Massnahmen, die Steigerung der Produktivität der Bahnen, ist auf breite Zustimmung gestossen. Bei der Ausgestaltung der einzelnen Massnahmen sind die Schwerpunkte von den zahlreichen Vernehmlassern unterschiedlich gesetzt worden.

Der Bundesrat hat das flankierende Massnahmenpaket und das befristete Verlagerungsgesetz bereinigt und zuhanden der Eidgenössischen Räte verabschiedet. Gegenüber der Vernehmlassungsvorlage wurden insbesondere die nachfolgenden Punkte modifiziert.

Das befristete Verlagerungsgesetz

Nach der Annahme der neuen Bundesverfassung durch Volk und Stände am 18. April 1999 wird für rechtsetzende Erlasse die Form des allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses durch jene des befristeten Bundesgesetzes ersetzt. Deshalb wird der Bundesbeschluss zur Verlagerung von alpenquerendem Güterschwerverkehr auf die Schiene (Verlagerungsbeschluss) von einem befristeten allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss zu einem befristeten Bundesgesetz (Verlagerungsgesetz):

· Als Zielwert werden im Verlagerungsgesetz 650'000 alpenquerende Lastwagenfahrten pro Jahr verankert; dieses Ziel ist raschmöglichst, spätestens jedoch ein Jahr nach Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels zu erreichen.

· Zur Verstärkung und Beschleunigung der Verlagerung während der Übergangszeit von 2001 bis 2004 werden flankierende Massnahmen getroffen (vgl. dazu nächstes Kapitel).

· Die Umsetzung des Verlagerungsziels wird kontrolliert. Zu diesem Zweck legt der Bundesrat alle zwei Jahre einen Verlagerungsbericht vor, erstmals im Frühjahr 2002. Diese Verlagerungsberichte beurteilen die Wirksamkeit der bisher getroffenen Massnahmen und enthalten die anzustrebenden Zwischenziele für die nächste Zweijahresperiode mitsamt dem dazugehörigen Vorgehen.

· Für die erste Zweijahresperiode nach Inkrafttreten des Landverkehrsabkommens wird als Zwischenziel angestrebt, den alpenquerenden Strassengüterverkehr auf dem Niveau des Jahres 2000 zu stabilisieren.

· Das Verlagerungsgesetz gilt bis zum Inkrafttreten eines Ausführungsgesetzes zum Alpenschutzartikel, längstens jedoch bis Ende 2010. Die Botschaft zu diesem Ausführungsgesetz hat der Bundesrat spätestens 2006 vorzulegen. Die flankierenden Massnahmen Bahnseitige Rahmenbedingungen:

· Der Bundesrat erhöht die Betriebsbeiträge an den kombinierten Verkehr von heute 125 Millionen Franken über das ursprünglich vorgesehene Ausmass (maximal 200 Millionen Franken pro Jahr) hinaus. Aufgrund der bereits ab 2001 gewährten 40-t-Kontingente ist der Bundesrat bereit, das Maximum in einzelnen Jahren auf 300 Mio. Fr. zu erhöhen.

· Die Erleichterungen für den strassenseitigen Vor- und Nachlauf des unbegleiteten kombinierten Verkehrs (UKV) werden anders ausgestaltet. Im Vordergrund steht eine Pauschalbefreiung im Umfang der heutigen Radialzonendistanz und pro im Vor- bzw. Nachlauf transportierten Container. Das heisst, dass für eine Distanz von ca. 40 km eine LSVA-Rückerstattung von rund 25 Franken gewährt wird. Wer einen Vor- bzw. Nachlauf von weniger als 40 km hat, erhält somit mehr zurückerstattet, als er an LSVA bezahlt, und umgekehrt. Damit besteht für die Transporteure ein grosser Anreiz, den nächstgelegenen geeigneten Terminal anzusteuern. Die genaue Ausgestaltung dieser Regelung wird mit den direkt betroffenen Kreisen besprochen und in der LSVA-Verordnung festgelegt.

Strassenseitige Rahmenbedingungen:

· Gemäss Landverkehrsabkommen kann die Schweiz während der Übergangszeit 2001-2004 den schweizerischen Transporteuren gleich viele 40-t-Kontingente wie den EU-Fuhrunternehmern gewähren. Um Transportgewerbe und verladende Wirtschaft der Schweiz nicht zu diskriminieren, ist der Bundesrat zu dieser Gleichbehandlung bereit. Schweizer und EU-Transporteure erhalten somit für die Jahre 2001/2002 je 300'000 und für die Jahre 2003/2004 je 400'000 40-t-Kontingente.

· Um die Verkehrsverlagerung zu unterstützen, kann der Bundesrat die Vergabe der Kontingente an Schweizer Transporteure jedoch an Bedingungen knüpfen, insbesondere an die Benutzung der Bahn.

· Um Staus auf den Alpentransitachsen zu vermeiden und die Umweltbelastung möglichst gering zu halten, soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, Verkehrslenkungsmassnahmen zu verfügen. Es ist somit denkbar, im Interesse eines flüssigen Verkehrsablaufs beispielsweise auf der Gotthard-Achse während bestimmten Zeiten die Lastwagen umzulenken. Die Umsetzung dieser Bestimmung darf nicht diskriminierend sein und soll auf Verordnungsstufe geregelt werden.

Auswirkungen:

Wieviele Lastwagen verbleiben im alpenquerenden Verkehr? Das künftige Verkehrsaufkommen und die Auswirkungen des Landverkehrsabkommens sowie der flankierenden Massnahmen lassen sich nicht exakt vorhersagen. Möglich sind lediglich Prognosen, und solche sind immer mit Unsicherheiten behaftet. Für die Erreichung des schweizerischen Verlagerungsziels sind zudem auch die Massnahmen der EU zur Förderung des Schienengüterverkehrs und zur Einführung einer distanzabhängigen Schwerverkehrsabgabe von entscheidender Bedeutung.

Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen und Bedingungen geht der Bundesrat davon aus, dass im alpenquerenden Güterverkehr dank dem schweizerischen Verlagerungsinstrumentarium - LSVA, NEAT, Bahnreform, Landverkehrsabkommen und flankierende Massnahmen - das Verlagerungsziel von 650'000 Fahrten jährlich mittelfristig erreichbar ist:

· Die Bahn wird bereits ab der Übergangsphase 2001-2004 wesentlich mehr Güter transportieren können;

· In dieser Übergangsphase sollte die Anzahl alpenquerende Lastwagenfahrten auf 1,2-1,55 Millionen stabilisiert werden können;

· Ab 2005 bzw. ab Inbetriebnahme des Lötschberg-Basistunnels dürfte die Anzahl Lastwagenfahrten über die Alpen auf 0,7-1,05 Millionen sinken und damit den heutigen Wert (1998: 1,235 Millionen) unterschreiten;

· So rasch als möglich, spätestens jedoch ein Jahr nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels, sollte das Ziel von 650'000 alpenquerenden Lastwagenfahrten erreicht werden können.

Alle diese Zahlen sind - aus den genannten Gründen - Bandbreiten. Die genauen Werte werden wesentlich davon abhängen, ob auch die EU Massnahmen zur Förderung des Schienengüterverkehrs trifft und wie die Transporteure und die verladende Wirtschaft auf allfällige Kapazitätsengpässe auf den Strassen reagieren.

Zum Vergleich:

Behielte die Schweiz ihre heutigen Instrumente 28-t-Limite und pauschale Schwerverkehrsabgabe bei, so würde der alpenquerende Güterverkehr auf der Strasse weiter wachsen und bereits 2007 mindestens 1,6 bis 1,7 Millionen Lkw-Fahrten erreichen.

BEILAGE Die flankierenden Massnahmen im Überblick

Bahnseitige Rahmenbedingungen:

· Effizienzsteigerung im Schienengüterverkehr (Neugestaltung der Abgeltungen)

· Sicherung ausreichender Terminalkapazitäten im In- und Ausland

· LSVA-Teilbefreiung des Vor- und Nachlaufs des unbegleiteten kombinierten Verkehrs und Aufhebung der Radialzonenregelung

· Internationale Förderung des Schienengüterverkehrs und Beschleunigung der Grenzabwicklung

· Beschleunigte Realisierung des Lötschberg-Basistunnels

· Produktivitätssteigerungen bei der Bahninfrastruktur

· Produktivitätssteigerungen beim Bahnbetrieb

· Kombinierter Ladungsverkehr Schweiz (KLV-CH)

· Beschleunigte Verlagerung in der Übergangsphase (Erhöhung der jährlichen Betriebsbeiträge)

Strassenseitige Rahmenbedingungen:

· Intensivierung der Schwerverkehrskontrollen

· Arbeitsbedingungen im Strassengüterverkehr

· Gesamtschweizerische Lenkung des Schwerverkehrs bei Überlastung der Transitachsen durch die Alpen

· Mindestgeschwindigkeit auf Gebirgsstrecken (Steigungen)

· Gewährung von 40-t- und Leer-/Leichtfahrten-Kontingenten an Schweizer Transporteure


Herausgeber

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
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