Schaltsekunde: Das Neujahr dauert eine Sekunde länger

Bern-Wabern, 16.12.2008 - Alle vier Jahre wird unser Kalender um einen Tag erweitert: den 29. Februar. Neben diesem regelmässig eingeschobenen Tag werden hin und wieder einzelne Tage um eine Sekunde verlängert. Das wird am 1. Januar 2009 um 00:59:59 Uhr der Fall sein.

Schaltjahre mussten eingeführt werden, weil die Erde für einen kompletten Umlauf um die Sonne etwas mehr als 365 Drehungen um die eigene Achse benötigt. Ein normales Kalenderjahr umfasst jedoch 365 Tage. Somit ist die Erde nach einem Jahr auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne etwas im Rückstand gegenüber dem Vorjahr. In vier Jahren beträgt der Rückstand ungefähr einen Tag und wird mit einem Schalttag ausgeglichen.

Ganz anderen Ursprungs sind die Schaltsekunden. Bis 1960 war die Masseinheit der Zeit, die Sekunde, an die Rotation der Erde um ihre eigene Achse gebunden: Das hatte den Vorteil, dass die darauf basierende Zeitskala immer im Einklang mit der astronomischen Zeit stand. Weil jedoch die Rotationsgeschwindigkeit der Erde Schwankungen unterliegt, waren die Sekunden nicht jeden Tag gleich lang.

Die 13. Generalkonferenz für Mass und Gewicht definierte deshalb 1967 die Sekunde neu mittels einer Schwingung des Cäsiumatoms. Diese heute noch gültige Definition hat den Vorteil, dass die Sekunde nicht mehr den Schwankungen der Erdrotation ausgesetzt ist.

Astronomische Zeit und koordinierte Weltzeit in Einklang bringen
Bei einer Zeitskala, die auf der atomaren Sekunde basiert, ist die Stellung der Erde gegenüber der Sonne nach 86 400 Sekunden (einem Tag) nicht immer identisch. Der Grund dafür liegt darin, dass sich die Wassermassen der Meere durch Ebbe und Flut auf der Erdoberfläche reiben. Seit Jahrtausenden verlangsamt sich dadurch die Rotation der Erde.

Die kurzfristigen Schwankungen der Rotationsgeschwindigkeit der Erde können dank der Atomzeitskala sehr genau beobachtet, jedoch nicht zum Voraus bestimmt werden. So sind die astronomischen Tage heutzutage um durchschnittlich zwei Millisekunden länger als 86 400 atomare Sekunden.

Auf die Dauer häufen sich diese Unterschiede an. Das hat zur Folge, dass sich die Atomzeitskala (Temps Atomique International, TAI) immer weiter von der astronomischen Zeit wegbewegt, und ist der Grund dafür, dass eine zweite atomare Zeitskala eingeführt werden musste: Die koordinierte Weltzeit (Temps universel coordonné, UTC). UTC hat das gleiche Skalenmass wie TAI, ist aber nie mehr als 0.9 Sekunden von der astronomischen Zeit entfernt. Häuft sich die Differenz zwischen UTC und der astronomischen Zeit auf 0.9 Sekunden an, wird das mit einer Schaltsekunde korrigiert.

Die 34. Schaltsekunde
Schaltsekunden werden Ende Juni oder Ende Dezember eingeschoben. Die Schaltsekunde wird dann wie folgt eingefügt: 23:59:59, 23:59:60, 00:00:00, 00:00:01. Bei diesen Zeitmarken handelt es sich um die koordinierte Weltzeit (UTC). In der Schweiz geschieht dies um 00:59:59 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ).

Die heute gültigen Regeln für die koordinierte Weltzeit wurden 1972 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt mussten gleich zehn Schaltsekunden eingefügt werden, um die koordinierte Weltzeit mit der astronomischen Zeit in Gleichklang zu bringen. Seither wurden weitere 23 Sekunden eingefügt, die letzten am 30 Juni 1997, am 31. Dezember 1998 und am 31. Dezember 2005. Am 31. Dezember 2008 kommt die 34. Schaltsekunde hinzu.

Wann es wiederum nötig sein wird, eine Schaltsekunde einzufügen, bestimmt der International Earth Rotation and Reference Systems Service (IERS, www.iers.org), dessen Zentralbüro sich in Frankfurt am Main befindet.

Zeitsynchronisation über Internet
Das Bundesamt für Metrologie (METAS) in Bern-Wabern ist in der Schweiz für die Realisierung und Verbreitung der offiziellen Schweizer Zeit verantwortlich. Mit dem Network-Time-Protocol (NTP) können Computeruhren über Internet mit dem Zeitserver ntp.metas.ch synchronisiert werden. Eine der hoch genauen Atomuhren des METAS liefert den Zeitimpuls für NTP.

Ein erster Server kann kostenlos genutzt werden, weitere Server stehen für Kunden mit speziellen Anforderungen zur Verfügung. Über ntp.metas.ch können Computer- und Telecomsysteme, Prozesssteuerungen von Produktionsanlagen und weitere technische Einrichtungen auf wenige Millisekunden genau mit der offiziellen Schweizer Zeit synchronisiert werden.


Adresse für Rückfragen

André Stefanov, Leiter des Labors Zeit und Frequenz, Bundesamt für Metrologie METAS, Lindenweg 50, 3003 Bern-Wabern, Tel. +41 31 32 33 298, N +41 76 232 22 90, andre.stefanov@metas.ch


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