Zwei Botschaften zum Massnahmenpaket Finanzsystem verabschiedet

Bern, 05.11.2008 - Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung die Botschaft zum Massnahmenpaket zur Stärkung des schweizerischen Finanzsystems verabschiedet. Sie enthält den Bundesbeschluss über einen Kredit für die Rekapitalisierung der UBS. Zudem hat der Bundesrat entschieden, dem Parlament rasch wirksame Massnahmen zur Verbesserung des Einlegerschutzes zu unterbreiten. Die dazu notwendigen Anpassungen des Bundesgesetzes über Banken und Sparkassen (Bankengesetz) sollen nach ihrer Verabschiedung sofort in Kraft treten. Beide Geschäfte werden von den Eidgenössischen Räten in der kommenden Wintersession beraten.

Der Bundesrat, die Schweizerische Nationalbank SNB und die Eidgenössische Bankenkommission EBK haben am 15. Oktober 2008 ein Massnahmenpaket beschlossen, um das Schweizer Finanzsystem zu stabilisieren und das Vertrauen in den Schweizer Finanzmarkt nachhaltig zu stärken. Die heftigen Turbulenzen der globalen Finanzmärkte hatten sich in der Schweiz hauptsächlich auf die beiden im US-Markt engagierten Grossbanken ausgewirkt. Dabei wurde die UBS deutlich stärker getroffen als die Credit Suisse. Die Verwundbarkeit der UBS manifestierte sich gegen Ende des 3. Quartals 2008 in einem stark erhöhten Abfluss von Kundengeldern, einer unbefriedigenden Ertragsentwicklung und einer trotz Gegenmassnahmen immer noch problematisch hohen Exponierung in illiquiden Aktiven.

Da nicht auszuschliessen war, dass die UBS bei sich weiter verschlechternden Märkten in eine verschärfte Vertrauenskrise geraten könnte, was eine massive Belastung des schweizerischen Finanzsystems hätte nach sich ziehen können, waren Massnahmen zur Stärkung des Gesamtsystems nötig. Der Ausfall einer Grossbank hätte zumindest kurzfristig die Liquiditätsversorgung und das Zahlungssystem der Schweiz destabilisieren können, was gravierende, lang andauernde volkswirtschaftliche Konsequenzen zur Folge gehabt hätte.

Massnahmenpaket UBS

Das schweizerische Massnahmenpaket setzt dort an, wo die Hauptprobleme liegen: Es stützt ein systemrelevantes Institut, indem es seine Bilanz von illiquiden Aktiven entlastet und gleichzeitig seine Eigenmittel stärkt. Dieser Teil des Pakets besteht aus zwei Hauptmassnahmen:

  • Die erste, in der Kompetenz der SNB liegende Massnahme besteht in der Übertragung illiquider Aktiven der UBS an eine Zweckgesellschaft im Umfang von maximal 60 Mia. US-Dollar. Damit wird der Bank zusätzliche Liquidität zugeführt. Gleichzeitig wird sie auf diese Weise von Risiken entlastet. Die Risiken können von der SNB besser getragen werden, da sie mit der Verwertung dieser Aktiven zuwarten kann, bis sich die Märkte wieder erholt haben. Diese Unterstützungsmassnahme ist an Bedingungen geknüpft. Dazu gehört u.a. die Ausstattung der Zweckgesellschaft mit einem Eigenkapital von höchstens 6 Mia. US-Dollar durch die UBS.
  • Mit der zweiten Massnahme wird die Eigenmittelbasis der UBS durch die Zeichnung einer Pflichtwandelanleihe in der Höhe von 6 Mia. Franken durch den Bund gestärkt. Diese Massnahme schliesst direkt an die Entlastung der UBS von illiquiden Aktiven an. Sie ermöglicht es der Bank, die Zweckgesellschaft mit dem nötigen Eigenkapital auszustatten ohne die eigene Kapitalbasis zu schmälern. Für den Bund hat die Pflichtwandelanleihe den Vorteil, dass das Engagement angemessen und sicher entschädigt wird (Coupons von 12.5 %) und dass der Bund - zumindest vorerst - nicht Miteigentümer der Bank wird. Der Bundesrat ist bestrebt, die Beteiligung des Bundes zeitlich zu befristen. Dazu ist eine klare Exit-Strategie nötig, die u.a. die Möglichkeit beinhaltet, dass sich der Bund bereits während der Laufzeit der Anleihe von seinem Engagement trennt.

Die rechtliche Grundlage für die Massnahme zur Stärkung der Eigenmittelbasis der UBS bildet eine Verordnung nach Artikel 184 Absatz 3 und 185 Absatz 3 der Bundesverfassung. Der Bundesrat hat damit der Dringlichkeit der Kapitalerhöhung angesichts der ungünstigen Entwicklungen an den Finanzmärkten Rechnung getragen. Die Bewilligung des erforderlichen Kredites zulasten des Nachtrags II zum Voranschlag 2008 erfolgte mit Zustimmung der Finanzdelegation. Er wird mit der vorliegenden Botschaft den Eidgenössischen Räten zur nachträglichen Genehmigung unterbreitet.

Verstärkung des Einlegerschutzes

Als zweites Element des Massnahmenpaketes zur Stärkung des Finanzsystems ist eine Anpassung auch des schweizerischen Einlegerschutzes unumgänglich. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Revision besteht aus fünf Elementen:

  • Die geschützten Einlagen sollen von 30000 auf 100000 Franken angehoben werden. Damit würde der Einlagenschutz in der Schweiz deutlich über der kürzlich angehobenen Mindestgrenze in der EU liegen.
  • Die Banken werden neu verpflichtet, in Abhängigkeit der privilegierten Einlagen ihrer Kundinnen und Kunden ständig inländisch gedeckte Forderungen oder übrige in der Schweiz belegene Aktiven zu halten. Damit haben die Kunden die Gewissheit, dass ihre privilegierten Einlagen bei jeder Bank in der Schweiz sicher sind. Die Mehrheit der Banken erfüllt bereits heute diese Mindestanforderung oder wird sie in naher Zukunft erfüllen können. Die EBK kann in begründeten Fällen Ausnahmen gewähren.
  • Vorgesehen wird zudem eine grosszügigere sofortige Auszahlung von gesicherten Einlagen aus Mitteln der in Schwierigkeiten geratenen Bank. Die EBK wird die Höhe der sofortigen Auszahlung im Einzelfall festlegen. Der entsprechende Betrag soll jedoch ein Mehrfaches der heute möglichen 5000 Franken ausmachen.
  • Die Systemobergrenze des Einlegerschutzes soll von heute 4 Mia. Franken auf 6 Mia. Franken angehoben werden.
  • Schliesslich schlägt der Bundesrat vor, Einlagen bei Vorsorgestiftungen gesondert und zusätzlich zu den schon heute gesicherten Bankeinlagen zu privilegieren.

Die Sofortmassnahmen müssen ihrem Zweck entsprechend umgehend greifen. Die dazu nötigen Gesetzesänderungen sollen daher dringlich erklärt werden und sofort nach ihrer Verabschiedung in Kraft treten. Die dringlich erklärten Bestimmungen sollen bis zum 31. Dezember 2010 gelten. Bis dahin kann der Einlegerschutz mit grundlegenden Verbesserungen ins ordentliche Recht überführt werden.

Weitere Massnahmen

Das Massnahmenpaket zur Stärkung des Finanzsystems enthält vier weitere Elemente:

  • Die laufende Aktienrechtsreform soll durch zusätzliche Regulierungen der Entschädigungssysteme nachgebessert werden. Gleichzeitig wird die EBK Mindeststandards für die gesamte Finanzbranche erarbeiten. Die UBS wird zudem verpflichtet, ihre Entschädigungssysteme für Verwaltungsrat und Management nach Absprache mit der EBK und in Übereinstimmung mit den sich etablierenden internationalen Institutionen neu auszurichten. Die Bundesbeteiligung ist sodann an die Bedingung geknüpft, dass die UBS die Auflagen des Bundesrats im Bereich der Corporate Governance umsetzt. Über die Umsetzung wird im Rahmen des bundesrätlichen Geschäftsberichts und der Staatsrechnung Bericht erstattet.
  • Im Weiteren wird die EBK noch im November 2008 gegenüber den beiden Grossbanken strengere Eigenmittelvorschriften erlassen. Grosszügige Eigenmittelpolster stärken die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems, indem sie - gleichsam als Schock-Dämpfer - einen Schutz gegen Existenz bedrohende Verluste bilden.
  • Im Weiteren will der Bundesrat bis im Frühjahr 2009 eine grundlegende Überprüfung des Einlagensicherungssystems vornehmen. Das heutige System ist nur beschränkt ausbaubar, da seine Finanzierung nachschüssig erfolgt (das heisst erst im Fall der Insolvenz eines Instituts bereitgestellt wird). Das ist mit gewichtigen Nachteilen verbunden (nicht sofortige Verfügbarkeit der Mittel, Gefahr einer Kettenreaktion). Das heutige Einlegerschutzsystem ist zudem nicht in der Lage, die Einlagen bei den grösseren Banken vollumfänglich zu sichern. Die Systemobergrenze kann nicht beliebig erhöht werden, da sonst bei der Rettung einer angeschlagenen Bank die anderen Banken ebenfalls in Schwierigkeiten geraten würden. Das System muss daher für eine dauerhafte Verbesserung des Einlegerschutzes vertieft überprüft werden.

Schliesslich ist der Bundesrat weiterhin bereit, im Bedarfsfall neue mittelfristige Bankverbindlichkeiten von Schweizer Banken auf dem Kapitalmarkt zu garantieren.


Adresse für Rückfragen

Peter Siegenthaler, Direktor Eidg. Finanzverwaltung, 031 322 60 05



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