Massnahmen gegen Zwangsheiraten; Bundesrat eröffnet Vernehmlassung
Bern, 05.11.2008 - Der Bundesrat will mit einer Revision des Zivilgesetzbuches und des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht den Schutz vor Zwangsheiraten erhöhen. Neue strafrechtliche und ausländerrechtliche Bestimmungen erachtet er hingegen nicht als erforderlich. Er hat am Mittwoch entsprechende Vorschläge in die Vernehmlassung geschickt.
Bereits nach geltendem Recht muss die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Trauung verweigern, wenn die Ehe offensichtlich nicht aus freiem Willen eingegangen wird. Um ein Zeichen zu setzen, soll im Zivilgesetzbuch (ZGB) eine ausdrückliche Bestimmung aufgenommen werden, wonach sich die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte vergewissern muss, dass die Verlobten die Ehe nicht aus Zwang eingehen. Im Zweifelsfall sollen sie befugt sein, die Verlobten gemeinsam und getrennt anzuhören. Zum besseren Schutz der Opfer sollen zudem die unbefristeten Eheungültigkeitsgründe um zwei Tatbestände erweitert werden: In Zukunft soll die zuständige kantonale Behörde von Amtes wegen Klage einreichen, wenn die Ehe nicht aus freiem Willen der Ehegatten geschlossen wurde oder wenn zur Zeit der Eheschliessung einer der Ehegatten noch nicht das 18. Altersjahr zurückgelegt hatte.
Ehen mit Unmündigen nicht mehr tolerieren
Durch eine Änderung des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG) sollen die Bestimmungen betreffend Ehen mit Unmündigen verschärft werden. In Zukunft sollen Eheschliessungen vor dem 18. Altersjahr in der Schweiz auch bei Ausländern nicht mehr zugelassen werden, selbst wenn dies den Regeln ihres Heimatstaates entspricht. Zudem sollen die im Ausland geschlossenen Ehen mit Unmündigen grundsätzlich nicht mehr toleriert werden. Im Ausland geschlossene Stellvertreterehen sollen hingegen wie bisher weiterhin anerkannt werden, sofern die Vollmacht des Stellvertreters gültig ist und keiner der im ZGB aufgeführten Ungültigkeitsgründe vorliegt. Für das Partnerschaftsgesetz werden Regelungen vorgeschlagen, die den Änderungen des ZGB und IPRG entsprechen.
Keine spezifische Strafnorm notwendig
Keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht der Bundesrat im Strafrecht. Das Strafgesetzbuch enthält zwar keine Bestimmung, die Zwangsheiraten ausdrücklich unter Strafe stellt. Erzwungene Heiraten können aber durch den Tatbestand der Nötigung erfasst, von Amtes wegen verfolgt und mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Die Einführung einer neuen Strafnorm Zwangsheirat könnte zwar das Problembewusstsein in der Öffentlichkeit schärfen. Es ist jedoch angesichts der sprachlichen und kulturellen Barrieren zweifelhaft, ob dieses Signal Täter und Opfer überhaupt erreichen würde. Zudem würde eine spezifische Strafnorm die Probleme bei der Aufklärung des Sachverhalts, namentlich die mangelnde Aussagebereitschaft der Opfer, nicht lösen.
Kein Mindestalter für nachziehende Ehegatten
Auch zusätzliche ausländerrechtliche Massnahmen erübrigen sich nach Ansicht des Bundesrates. Das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene neue Ausländerrecht sieht als Neuerungen Sprach- und Integrationskurse sowie Informationen über Lebensbedingungen, Rechte und Pflichten vor. Deshalb verzichtet der Bundesrat vorerst darauf, insbesondere ein Mindestalter für nachziehende Ehegatten vorzuschlagen. Sollte sich in der Zukunft ergeben, dass die vorgesehenen gesetzlichen Massnahmen zur Bekämpfung von Zwangsehen nicht ausreichen, könnte die Einführung eines Mindestalters nachziehender ausländischer Ehegatten geprüft werden.
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