Öffentlicher Verkehr zwischen Wünschen und Realitäten

Bern, 25.10.2001 - BAV-Direktor Max Friedli vor der Konferenz der kantonalen Verkehrsdirektoren (KöV): Rund 10 Milliarden Franken stehen voraussichtlich zur Verfügung, um den schweizerischen Schienenverkehr nach Abschluss der 1. Etappe von Bahn 2000 langfristig weiterzuentwickeln und zu verstärken. Diesen Finanzierungsmöglichkeiten stehen aktuell Vorschläge der Kantone mit einem Finanzbedarf von rund 40 Milliarden Franken gegenüber. Etwa ein Siebtel davon kann mit Projekten im Rahmen der 2. Etappe von Bahn 2000 realisiert werden. Alle übrigen Begehren müssen aus weiteren bestehenden oder allenfalls neu zu schaffenden Quellen finanziert oder auch zurückgestellt werden. Wie Max Friedli, Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV), an der Jahresversammlung der kantonalen Verkehrsdirektorenkonferenz (KöV) ausführte, entwickelt das BAV zur Zeit einen Kriterienkatalog, nach welchem die verschiedenen Projekte den Finanzierungsquellen zugeordnet werden sollen.

Beim öffentlichen Verkehr ist einiges in Gange:

Zum einen wird an der Realisierung der 1. Etappe von Bahn 2000 gearbeitet, zum anderen ist die Planung für die kommenden zwei Jahrzehnte unter Federführung des BAV bereits in Angriff genommen worden. Für diesen Zeitraum soll das Bahnangebot weiter verfeinert und verbessert werden. Im Vordergrund stehen dabei die Verbindungen zwischen den Zentren und den Agglomerationsräumen. Im ländlichen Raum soll die Qualität des heutigen Angebots sichergestellt werden.

Grosse Bedürfnisse in den Regionen

In diesem Frühjahr haben die sieben Planungsregionen der Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV) dem BAV ihre Angebotsvorstellungen unterbreitet. Darauf aufbauend wurde das Angebotskonzept «KöV – eine Vision» entwickelt. Um dieses zu realisieren, wären nach Schätzungen der Transportunternehmungen Investitionen von über 40 Milliarden Franken erforderlich. Nebst dem vorliegenden Angebotskonzept sind unter Leitung des BAV drei weitere Konzepte in Erarbeitung. Diese vier Konzepte sollen noch in diesem Herbst bewertet und ab Ende dieses Jahres eines davon vertieft bearbeitet werden. Für die 2. Etappe von Bahn 2000 stehen aus dem FinöV-Fonds 5.9 Milliarden Franken zur Verfügung. Dies reicht für eine gesamtschweizerische Planung nicht aus. Es müssen deshalb auch weitere Finanzierungsquellen in Betracht gezogen werden. Rund 1.5 bis 2 Mia. Franken dürften aus der 1. Etappe von Bahn 2000 übrig bleiben und aufgrund eines Bundesratsentscheides im FinöV-Fonds verbleiben. Mit einem Kredit von 1.2 Mia. Franken soll die Ost- und die Westschweiz ans europäische Eisenbahnhochleistungsnetz angeschlossen werden. Schliesslich bestehen auch Mittel im ordentlichen Budget, die nicht für Unterhalt und Ersatzinvestitionen bereits gebunden sind. Insgesamt stehen für künftige Vorhaben damit rund 10 Milliarden Franken bereit.

Weitere Qualitätssteigerung mit 2. Etappe von Bahn 2000

Das BAV wird bis Ende Jahr darüber entscheiden, welche Projekte aus welchen Quellen finanziert werden sollen. Der Kredit von Bahn 2000 2. Etappe soll grundsätzlich verwendet werden, um eine Qualitätssteigerung im öffentlichen Personenverkehr zu erzielen und insbesondere auch den Mehrverkehr abzudecken, welcher über der erarbeiteten Trendprognose liegt.

Dazu gehören Module, die

  • das Stundenknotenprinzip ergänzen. Denkbar z.B. Beschleunigung Zürich-St. Gallen, Olten-Biel, Bern-Lausanne;
  • Kapazitätsengpässe auf der Nord/Südachse beheben. Denkbar z.B. Jura-Durchstich, Olten-Zürich, NEAT-Zufahrtsstrecken;
  • zum Auf- und Ausbau von S-Bahnsystemen beitragen.

Aufgrund der heutigen Planung könnte die weitere Zuordnung wie folgt aussehen:

  • Die Mittel des ordentlichen Budgets werden in Massnahmen investiert, die dazu dienen, die Verkehrsentwicklung gemäss Trendprognose zu bewältigen.
  • Das Rollmaterial sollte aus den Eigenmitteln der Transportunternehmungen finanziert werden. Der Bund würde allenfalls Investitionsbeiträge leisten, wenn dadurch Investitionen in die Infrastruktur vermieden werden können.
  • Der Kredit für den Anschluss ans europäische Hochleistungsnetz wäre schliesslich überwiegend dafür einzusetzen, die Reisezeit zu reduzieren bzw. die Fahrplanstabilität zu erhöhen.

Zahlreiche nicht finanzierte Module

Angesichts des bisher ausgewiesenen Mittelbedarfs und der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel verbleibt eine reiche Anzahl nicht finanzierter Module. Dazu gehören unter anderem solche, die bisher über die Verkehrstrennungsverordnung finanziert wurden, sowie Ortsverkehr- und Stadtbahnsysteme. Zudem ist zu befürchten, dass mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, auch im Rahmen der oben genannten Finanzierungsquellen, nicht alle genannten Module gleichermassen realisiert werden können. Für diese nicht finanzierten Module müssten nach Ansicht des BAV neue Finanzierungsformen gefunden werden, beispielsweise in der Form des bereits früher vorgeschlagenen Agglomerationsfünfers. Andernfalls muss die Zurückstellung einzelner Module auf eine spätere Phase in Betracht gezogen werden.


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Bundesamt für Verkehr
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