Eidgenössisches Jodlerfest Luzern

Luzern, 29.06.2008 - 

Festrede von Bundesrat Hans-Rudolf Merz vom 29. Juni 2008 in Luzern. 

Bundesrat Hans-Rudolf Merz überbrachte den Jodlerinnen und Jodlern, den Alphornbläserinnen und -bläsern sowie den Fahnenschwingern die Grüsse des Bundesrates zum Eidgenössischen Jodlerfest Luzern. Merz betonte insbesondere seine Freude an der wachsenden Begeisterung der nächsten Generation am Jodel und würdigte das intensive Bemühen des Jodlerverbandes um den Nachwuchs. Denn: Jodeln, Alphornblasen und Fahnenschwingen sind Zeichen des Schweizerischen Selbstverständnisses. Merz zeigte in seiner Festrede zudem auf, was Politiker von Jodlern, Alphornbläsern und Fahnenschwingern lernen könnten.

 

Lieber Herr Zentralpräsident
Liebe Frau OK-Präsidentin
Liebe Präsidentinnen
Liebe Präsidenten
Liebe Jodlerinnen und Jodler, liebe Alphornbläserinnen und -bläser, liebe Fahnenschwinger
Liebe Gäste

Wo Männer und Frauen in Festlaune zusammenströmen, da ist es nicht einfach, Reden zu halten. Man soll die Feste nämlich feiern. Man darf sie nicht stören und man soll sie nicht zerreden. Doch keine Angst, liebe Jodlergemeinde, ich werde nicht in die gute Laune hineintrampen. Ich bin gekommen, um Euch zu würdigen und Euch zu danken.

Vordergründig besteht Jodeln im Beherrschen von Zunge und Kehlkopf; beides kann man trainieren fast wie einen Sport.

Hintergründig ist Jodeln natürlich viel mehr als das. Jodeln ist das Ausdrücken von Gefühlen und von Empfindungen. Im Jodel fliessen Fröhlichkeit, ja Ausgelassenheit, manchmal aber auch Besinnlichkeit aus tiefer Seele heraus. Jodellieder und Zauern ergreifen deshalb gleichermassen die Herzen der Zuhörenden wie der Jodler. Wo ein Jodellied angehoben wird, da verändert sich spontan die Stimmung. Es wird je nachdem gemütlich, fröhlich, besinnlich, friedvoll, ja warmherzig. Wer jodelt, verlässt das nüchterne ABC und das kühle Einmaleins und öffnet mit dem Notenschlüssel quasi die Türe zur Gesangsstube. In dieser Stube haben schon unzählige Generationen von Schweizerinnen und Schweizern mit die schönsten Stunden ihres Lebens verbracht. Diese Stube ist ein gemütlicher Hort des Zusammenseins und der Geselligkeit. Der Aufenthalt ist keine Flucht vor der Wirklichkeit sondern ein gesundes Gegengewicht zu den Belastungen und zur Hektik des Alltags.

Jodeln macht fröhlich. Es gibt aber auch den trotzigen Juchzer. Wenn zum Beispiel den Appenzeller Bauern etwas Ungnädiges zustösst, dann antworten sie gelegentlich mit einem Juchzer. Es ist, als würden sie Belastendes oder ungute Gefühle aus ihrer Seele mit einem Jutz befreien.

Besonders eindrücklich sind aber Jodlermessen und Berggottesdienste mit Jodellieder-Begleitung. Sie gehen unter die Haut. Zuerst von Weitem und leise, beim Heranwandern immer klangvoller begegnete ich kürzlich einem Jodlerclub in herausgeputzter Sonntagstracht unweit der Sämtisersee-Kapelle beim Zauern - oder beim Rugguseren wie man in Innerrhoden sagt. Intensiver ist die Nähe zu Gott und der freien Natur kaum erlebbar. Die gleiche Feierlichkeit verbreiten das erhabene Alphornblasen, vor allem wenn es noch im Echo seinen Widerhall findet - und das kräftige Flattern des Fahnenschwingens.

Ich glaube, wir Politiker sollten des Öfteren den Jodlern nacheifern. Wir können von Euch nämlich lernen, auch bei schwierigen Liedern die Harmonie nicht zu verlieren. Anders gesagt: Wir sollten in der schweizerischen Politik wieder vermehrt den guten Ton pflegen. Und wir müssen vor allem auch auf die Stimme der Mitsingenden hören und auf unterschiedliche Stimmlagen. Unser Land ist stets dann am Besten gefahren, wenn Mehrstimmiges in Text und Refrain zusammen geklungen haben. Niemand weiss besser als Ihr, dass man dazu üben und proben muss. Je virtuoser der Vortrag, desto härter die Vorarbeit! Kurz: Die politische Kultur darf ihr Ohr getrost der Gesangskultur leihen! Aber auch die Fahnenschwinger geben der Politik einen Wink. Politiker sollten mutig und mit starker Hand Flagge zeigen, wenn es gilt, die Interessen unseres Landes zu vertreten.

Vor lauter Beschäftigung mit all unseren internen Problemen vergessen wir manchmal unsere Landsleute im Ausland. Sie legen für unser Land viel Ehre ein und ihre Schweizerkolonien sind angesehen. Umso grösser ist die Freude, dass wir einige von ihnen heute in Luzern begrüssen dürfen.

Was mich ganz besonders freut, ist die wachsende Begeisterung der nächsten Generation am Jodel. Wir haben in Luzern viel junges, gesundes Holz gesehen und erlebt. 15 Kinderchöre sind hier. So viele wie noch nie an einem Eidgenössischen. Ich gratuliere dem Jodlerverband, dass er sich so intensiv um den Nachwuchs bemüht. Denn: Jodeln, Alphornblasen und Fahnenschwingen gehören zu unserem Brauchtum. Mehr noch: Sie sind lebendige Zeichen unseres schweizerischen Selbstverständnisses.

Abschliessend entbiete ich Ihnen den Gruss und den Dank des Bundesrates.

Liebe Jodlerinnen und Jodler, Alphornbläserinnen und Alphornbläser sowie Fahnenschwinger, wir beneiden Euch um den gut organisierten Verband und wir beneiden Euch um die hohe Qualität der Darbietungen. Wir ermuntern Euch: Tragt weiterhin Sorge zum herrlichen Ausdruck unserer Volkskultur! Respekt und Dank des ganzen Landes sind Euch dafür gewiss!


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