Revision des Luftfahrtgesetzes geht in die Vernehmlassung

Bern, 18.06.2008 - Das Luftfahrtgesetz soll in drei Etappen revidiert werden. Die Umsetzung des luftfahrtpolitischen Bericht des Bundesrates von 2004, neue Grundsätze für die Flughafengebühren und die Finanzierung der Flugsicherung sowie eine Aufsichtsabgabe für die kommerzielle Luftfahrt bilden die zentralen Elemente einer ersten Teilrevision, welche die Landesregierung bis im Herbst in die Vernehmlassung geschickt hat.

In seinem luftfahrtpolitischen Bericht hatte der Bundesrat 2004 einen im europäischen Vergleich hoch stehenden Sicherheitsstandard und eine optimale Anbindung des Landes an europäische sowie weltweite Zentren als wichtigste Ziele für die Schweizer Aviatik definiert. Um die sich daraus ergebenden Leitlinien für die künftige Luftfahrtpolitik umsetzen zu können, sind verschiedene rechtliche Anpassungen erforderlich. Die meisten Änderungen betreffen das Luftfahrtgesetz, das der Bundesrat mit drei koordinierten Teilrevisionen anpassen will.

Zur Stärkung der Sicherheit enthält die erste Teilrevision die Möglichkeit, bei den Normen für die Schweizer Luftfahrt nicht nur auf die international anerkannten Standards abzustellen, sondern auch den weiterentwickelten Stand der Technik anzuwenden. Die Revision enthält weiter neue Grundsätze für die Flughafengebühren, die Abgeltung der Kosten für die Schutzmassnahmen gegen kriminelle Übergriffe und die Finanzierung der Flugsicherung. Eine Aufsichtsabgabe soll es dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) ermöglichen, den Kostendeckungsgrad zu erhöhen und zusätzliches Personal für seine Überwachungsaufgaben zu finanzieren. Überdies legt die Revision die Grundlage für die Neuorganisation der Flugunfalluntersuchungen in der Schweiz. Die zentralen Neuerungen sehen im Einzelnen wie folgt aus:

Stand der Technik: Die Schweiz wendet in der Zivilluftfahrt seit langem die international harmonisierten technischen und betrieblichen Normen an. Die Vorgaben entsprechen den anerkannten Regeln der Technik und haben sich in der Praxis bewährt. Sie gewährleisten ein grundsätzlich ausreichendes Sicherheitsniveau. Ein höheres Mass an Sicherheit lässt sich mit dem aktuellen Stand der Technik (Beste Practice) erreichen, der auf gesicherten Erkenntnissen aus der Wissenschaft basiert, jedoch noch nicht Eingang in die internationalen Normen und Standards gefunden hat. Sofern es gesamthaft im Interesse der Sicherheit liegt und der rechtliche Rahmen Spielraum lässt, sollen in Zukunft für die Schweizer Luftfahrt Normen definiert und angewendet werden, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Solche Normen können einen Beitrag leisten an das angestrebte hohe Sicherheitsniveau der Schweizer Aviatik.

Da die Luftfahrt einem rasanten technischen Wandel unterliegt, ist es erforderlich, dass Behörden rasch auf neue Entwicklungen reagieren und das Regelwerk anpassen können. Um dies zu gewährleisten, soll das BAZL die Kompetenz erhalten, administrative und technische Vorschriften in Form von Amtsverordnungen zu erlassen. Bei der Definition solcher Vorgaben bezieht das Amt die betroffenen Kreise jeweils im Rahmen einer Konsultation mit ein.

Flughafengebühren: Die Flughäfen haben heute das Recht, von Passagieren und Fluggesellschaften Gebühren für die Benutzung der Infrastruktur zu verlangen. Neu soll die Möglichkeit hinzukommen, dass die Flughäfen die Höhe der Gebühren am Verkehrsaufkommen ausrichten können - eine Landung in einer verkehrsreichen Zeit würde so mehr kosten als etwa ein Start zu einer Zeit mit weniger Flugbewegungen. Weiter soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, per Verordnung festzulegen, wie weit Einnahmen der Flugplätze, die nicht mit dem Flugverkehr zusammenhängen (Mieten von Restaurants und Läden, Parkplatzgebühren) bei der Berechnung der Flughafengebühren zu berücksichtigen sind. Je stärker diese nicht direkt aus der Aviatik stammenden Erträge berücksichtigt werden, je tiefer fallen im Prinzip die eigentlichen Flughafengebühren aus. Zudem ist vorgesehen, dass das BAZL die Gebühren der Flughäfen zu genehmigen hat. Heute übt das Amt lediglich eine Aufsicht über das Gebührenwesen der Flughäfen aus.

Sicherheitsgebühr: Als Folge von Anschlägen und Attentatsversuchen gegen die Zivilluftfahrt sind in den letzten Jahren die Schutzmassnahmen mehrfach verschärft worden. Dies hat dazu geführt, dass die Sicherheitskosten auf den Flughäfen deutlich angestiegen sind. Es stellt sich die Frage, wer für diese Aufwendungen aufkommen soll. Der Bundesrat hat in seinem luftfahrtpolitischen Bericht festgehalten, dass die öffentliche Hand die Kosten für hoheitliche Aufgaben übernehmen und die Luftfahrt jene Massnahmen finanzieren soll, welche direkt der Aviatik zugute kommen. Als hoheitliche Aufgaben definiert sind zum Beispiel die Sicherheitsbeauftragten auf Schweizer Flugzeugen, die Kontrolle der Flughafenumgebung oder Ein- und Ausreisekontrollen. In die Verantwortung der Luftfahrtkreise fallen unter anderem die Sicherheitskontrollen von Passagieren und Gepäck sowie die Zutrittskontrollen auf den Flughäfen. Da diese direkt im Zusammenhang mit dem Transport von Personen oder Gütern stehen, soll hier weiterhin das Verursacherprinzip gelten. Um die Aufwendungen für Schutzmassnahmen finanzieren zu können, sollen die Flughäfen in Zukunft von den Passagieren eine separate Sicherheitsgebühr erheben können. Auch diese Gebühr bedarf der Genehmigung durch das BAZL.

Flugsicherungsgebühren: Die Flugsicherung verrechnet für An- und Abflüge auf Schweizer Flughäfen sowie für Überflüge Gebühren. Die Gebühren sind heute für einen bestimmten Flugzeugtyp auf jedem Flugplatz in der Schweiz gleich hoch. Diese Regelung führt zu unerwünschten Quersubventionierungen. So finanziert zum Beispiel die Flugsicherung am Flughafen Zürich dank einem Deckungsgrad von über 100 Prozent den entsprechenden Service auf den Regionalflugplätzen, wo die Einnahmen die Kosten nicht abzudecken vermögen. Um diese Quersubventionierung zu reduzieren, sollen die Flugplätze in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Die erste Kategorie enthält die Landesflughäfen Zürich und Genf, die zweite die Regionalflugplätze mit Linienverkehr (Bern, Lugano, Altenrhein), eine dritte die konzessionierten Regionalflugplätze mit Flugsicherung (Grenchen, Les Eplatures) und eine vierte die zivil mitbenutzten Militärflugplätze (Buochs, Payerne und Emmen). Innerhalb einer Kategorie sollen die gleichen Berechnungsgrundlagen für die Flugsicherungsgebühren gelten und Quersubventionierungen zwischen den verschiedenen Kategorien sind künftig ausgeschlossen.

Durch die Bildung der Flugplatzkategorien entsteht auf den Regionalflugplätzen eine Deckungslücke bei den Flugsicherungsgebühren, da die Quersubventionierungen durch die Landesflughäfen wegfallen. Um diese auszugleichen, soll ein Teil der Einnahmen aus der Kerosinbesteuerung herangezogen werden. Dafür ist eine Änderung der Bundesverfassung vorgesehen, die es künftig ermöglichen würde, jene Gelder aus der Kerosinbesteuerung, die heute in den Strassenverkehr fliessen, für Massnahmen in den Bereichen Umweltschutz, technische Sicherheit und Schutzmassnahmen in der Luftfahrt einzusetzen. Dieses Vorgehen entspricht dem Konzept, welches das BAZL im Auftrag der nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen für die Finanzierung der Flugsicherung erstellt hatte. Die Anpassung der Bundesverfassung befindet sich derzeit in der parlamentarischen Beratung.

Aufsichtsabgabe: In den vergangenen Jahren hatten die Politik und die Finanzkontrolle des Bundes wiederholt den Kostendeckungsgrad des BAZL als zu tief kritisiert. Gleichzeitig wies das Amt im vergangenen Jahr Bedarf für 44 zusätzliche Stellen aus, um seine Aufgaben in der Sicherheitsaufsicht und der Regulation über die Schweizer Luftfahrt auch in Zukunft gewährleisten zu können. Der Bundesrat anerkannte im Grundsatz den Personalbedarf, gab jedoch in einem ersten Schritt bloss 20 Stellen frei mit der Auflage, diese haushaltneutral zu finanzieren. Durch eine Anpassung der Gebührenverordnung, welche der Bundesrat im letzten Herbst genehmigte, kann das Amt seinen Kostendeckungsgrad im laufenden Jahr von 11 auf 15 Prozent steigern und die zusätzlichen Stellen finanzieren. Um die Aufwendungen für die anderen 24 Stellen abdecken zu können und gleichzeitig den Kostendeckungsgrad des BAZL auf knapp 30 Prozent zu verbessern, ist in einem zweiten Schritt eine neue Aufsichtsabgabe vorgesehen. Die kommerzielle Luftfahrt soll mit dieser Abgabe einen Beitrag an jene Kosten des BAZL für seine Aufsichtstätigkeit leisten, die nicht durch Gebühreneinnahmen gedeckt sind und folglich durch die Steuerzahler getragen werden müssen. Die Abgabe entrichten sollen Fluggesellschaften, Flughäfen, Produktions- und Unterhaltsbetriebe, Flugschulen und die Flugsicherung. Keine Abgabe zahlen müssen hingegen Piloten und Besitzer von Luftfahrzeugen. Die Aufsichtsabgabe verbessert die Einnahmensituation des BAZL um jährlich rund 18 Mio. Franken und soll vollumfänglich in die Sicherheitsaufsicht fliessen. Umgerechnet auf die 2007 transportierten Passagiere resultiert pro Person ein Betrag von 51 Rappen.   

Flugunfalluntersuchung: In seiner 2003 vorgestellten Studie über die Sicherheit des schweizerischen Zivilluftfahrtsystems hatte das holländische Luft- und Raumfahrtinstitut NLR unter anderem empfohlen, die Flugunfalluntersuchung neu zu organisieren. Diesem Vorschlag entsprechend ist geplant, das Büro für Flugunfalluntersuchungen (BFU) und die Unfalluntersuchungsstelle im Landverkehr (UUS) zu einer Kommission zusammenzulegen. Dadurch lassen sich Synergien in der Unfalluntersuchung nutzen. Weiter ist vorgesehen, die Eidg. Flugunfalluntersuchungskommission aufzuheben. Sie fungiert heute als Rekursinstanz für die vom BFU erarbeiteten Untersuchungsberichte. Einerseits sieht die Internationale Zivilluftfahrtorganisation in ihrem Regelwerk nicht vor, dass die Staaten solche Rekursstellen einrichten sollen, anderseits verzögert die Möglichkeit, Beschwerde einzureichen, den Abschluss und damit die präventive Wirkung von Untersuchungen.

Die erste Teilrevision des Luftfahrtgesetzes geht bis zum 3. Oktober 2008 in die Vernehmlassung. Das zweite Revisionspaket soll Bewilligungsverfahren für Infrastrukturanlagen zum Inhalt haben, das dritte die Frage der Trägerschaft der Landesflughäfen regeln. Geplant ist, die beiden weiteren Teilrevisionen 2009 respektive 2010 in Angriff zu nehmen.


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