Robuste Versicherungswirtschaft – trotz schwierigem Marktumfeld

Bern, 17.04.2008 - Trotz Subprime-Turbulenzen und Aktienbaisse steht die Versicherungswirtschaft der Schweiz insgesamt robust da. Gegenüber den Krisenjahren 2001 und 2002 ist sie deutlich besser kapitalisiert und weist einen markant tieferen Aktienanteil aus. In einem schwierigen Marktumfeld haben damit die Anlagerichtlinien des Bundesamtes für Privatversicherungen (BPV) sowie die Einführung des Swiss Solvency Tests (SST) die erwünschte Wirkung erzielt. Ungeachtet dieser erfreulichen Bilanz sind sowohl Versicherungsunternehmen wie Aufsicht weiter gefordert. Das BPV wird deshalb seine 2007 lancierte integrierte Versicherungsaufsicht konsequent weiterverfolgen.

Angesichts der herrschenden Finanzmarktturbulenzen hat das BPV die von ihm beaufsichtigten Versicherungsgesellschaften und -konzerne seit Mitte 2007 besonders eng überwacht. Der Fokus lag dabei aktivseitig auf den zur Bedeckung des Gebundenen Vermögens verwendeten Anlagekategorien und passivseitig auf Eigenkapital und Solvabilität I. Solvabilität II, respektive der Swiss Solvency Test (SST), ist noch nicht voll umgesetzt und erlaubt bislang erst trendmässige Aussagen zu Eigenkapital und Stressresistenz.

BPV-Umfragen zu Asset Backed Securities und Auswirkungen der Aktienbaisse
Das BPV hat im August und November 2007 Umfragen zu exponierten Anlagen durchgeführt. Diese ergaben, dass die in der Schweiz domizilierten Versicherungsgesellschaften nicht direkt Subprime Loans und Mortgages vergaben. Im Bereich der indirekten Engagements im Subprime-Geschäft haben einige wenige Versicherungsunternehmen unterschiedlich grosse Positionen aufgebaut, wobei der Durchschnitt der in der Schweiz beaufsichtigten Direktversicherer nicht über 1% des Gebundenen Vermögens auf diese Weise investiert hatte. Im Berichtsjahr war nur eine Rückversicherungsgruppe in grösserem Umfang von den Subprime-Turbulenzen betroffen. Die publizierten Verluste betrafen dabei Kreditderivate.

Eine Umfrage zu den Auswirkungen der Aktienbaisse im Januar 2008 sowie Nachkontrollen im März und April haben aufgezeigt, dass die Entwicklung der Finanzmärkte die Eigenkapitalien der Unternehmen zwar in unterschiedlichem Ausmass beeinflusst hat, die Anforderungen der Solvabilität I aber stets erfüllt werden konnten und die Gebundenen Vermögen voll bestellt waren. Im Besonderen sind im Rahmen der von privaten Lebensversicherern voll rückgedeckten Vorsorgegeldern die garantierten Mindestdeckungen von 100% vollumfänglich gewährleistet.

Die derzeit unsichere Marktsituation lässt allerdings keine Aussagen darüber zu, ob sich die Entwicklung weiter akzentuieren und bei einzelnen Versicherungsunternehmen zu weiterem Wertberichtigungsbedarf führen oder andere Auswirkungen zeitigen kann. Das BPV beobachtet die Situation deshalb laufend.

Anlagerichtlinien zeigen die erwünschte Wirkung
Die Schweizer Versicherer sind heute in der Regel deutlich besser kapitalisiert als noch in den Krisenjahren 2001 und 2002. Zahlreiche Unternehmen profitieren nun von den in den letzten Jahren getätigten Kapitalerhöhungen. Damit konnte die Eigenmittelbasis und – als Folge davon – die Fähigkeit zur Abfederung von Marktschwankungen in den Vermögenswerten verbessert werden. Im Weiteren sank der Anteil an Aktien im Gesamtportefeuille markant. Die umfassende Sicherstellung der Versichertenansprüche in einem schwierigen Marktumfeld belegt damit auch die Richtigkeit der Weichenstellungen im seit 2006 geltenden neuen aufsichtsrechtlichen Regime für Kapitalanlagen im Gebundenen Vermögen, also der aktivseitigen Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen.

Konsequente Weiterverfolgung der Integrierten Versicherungsaufsicht
Trotz der bis anhin bewiesenen Robustheit bleibt die Schweizer Assekuranz gefordert. Dies betrifft etwa das konjunkturelle Umfeld sowie den sich intensivierenden Wettbewerb, der insbesondere die Prämienniveaus zunehmend unter Druck setzen dürfte. Das BPV wird deshalb sein Anfang 2007 lanciertes Konzept einer Integrierten Versicherungsaufsicht konsequent weiterverfolgen. Dieses sieht vor, die Elemente von traditioneller Aufsicht (Solvabilität I, versicherungstechnische Rückstellungen, Gebundenes Vermögen etc.) sowie quantitativer (SST) und qualitativer Aufsicht (Anforderungen an Risk Management und Corporate Governance etc.) aufsichtsrechtlich weiter umzusetzen. Um den dazu nötigen Datenfluss zwischen Versicherungsunternehmung und Aufsicht so offen und flexibel wie möglich auszugestalten, hat das BPV dazu ein neues, komplett Web-basiertes Informatik-Tool entwickelt, welches ab nächstem Jahr zum Einsatz kommen soll.

Herausforderungen der Zukunft
Das Konzept der Integrierten Aufsicht verdeutlicht, dass die Sicherstellung der Solvenz der Versicherungsunternehmen insbesondere auch von der verantwortungsvollen Ausgestaltung von Checks and Balances in den unternehmerischen Entscheidungsprozessen abhängt. Die Regulierung nimmt dabei eine Leitplankenfunktion zur Solvenzsicherung ein. Weder darf das zentrale Aufsichtsgut, also der Schutz der Versichertenansprüche, durch allzu riskante Kapitalmarkttransaktionen kontaminiert werden, noch darf verhindert werden, dass sich unternehmerische Innovation und Weiterentwicklung frei entfalten können.

Diesen Ansatz wird die Versicherungsaufsicht auch in die FINMA einbringen. Die unterschiedlichen Auswirkungen der Finanzmarktturbulenzen in den einzelnen Sektoren machen deutlich, dass in der FINMA mit Augenmass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden muss.

Begriffserklärungen
Die Anforderungen an die Solvabilität I definieren formelhaft, wie viel freies und unbelastetes Eigenkapital ein Versicherungsunternehmen in Abhängigkeit von seinem Geschäftsvolumen halten muss.

Direktversicherer sind gehalten, ihre versicherungstechnischen Rückstellungen durch ein Gebundenes Vermögen zu bedecken; dabei sind Anlagevorschriften zu beachten, welche die Versicherungsunternehmen zu einer vorsichtigen Anlagepolitik verpflichten. Diese Vorschriften gelten nicht für das Freie Vermögen. Die Direktversicherer in der Schweiz verfügen über rund CHF 300 Mrd. Kapitalanlagen, welche zum Gebundenen Vermögen gehören und somit zur direkten Sicherstellung von potenziellen Ansprüchen der Versicherungsnehmer dienen.

Auf der Basis einer ökonomischen Betrachtungsweise werden im Schweizer Solvenztest (SST, Solvency II) sämtliche relevanten und quantifizierbaren Risiken erfasst. Das SST‑Modell führt zur Ermittlung der Kapitalanforderung, des so genannten Zielkapitals (Target Capital). Die zur Bedeckung des Zielkapitals vorhandenen Eigenmittel (risikotragendes Kapital) werden ebenfalls aufgrund einer marktnahen Bewertung ermittelt.


Adresse für Rückfragen

Kommunikationsdienst BPV, Tel. 031 322 79 11



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Bundesamt für Privatversicherungen
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